Hamburg. Genauer gesagt, für solche mit mehr Tiefgang. Das heißt, mehr Waren und weniger Wartezeit. Erster 400-Meter-Riese nutzt die Freigabe.

Ein wenig verloren standen zwei Elbvertiefungsgegner mit ihren Protestfahnen am Elbufer. Ausrichten konnten sie nichts mehr. Montagfrüh wurde die Elbe nach Beendigung der Baggerarbeiten für Schiffe mit größeren Tiefgängen freigegeben. Was Hamburgs Hafenwirtschaft über Jahre herbeigesehnt hat, ist somit vollzogen.

Im September 2006, also vor annähernd 15 Jahren, war das Planfeststellungsverfahren gestartet worden. Vor 21 Monaten hatten die Bauarbeiten begonnen, nun ist es vollbracht. Eine kleine Inszenierung auf und an der Elbe markierte um kurz nach 9 Uhr die Beendigung des mehr als 700 Millionen Euro teuren Megaprojekts, das eigentlich noch nicht ganz abgeschlossen ist.

Tiefgangsverbesserungen zu etwa 50 Prozent

Einige Restarbeiten folgen noch. In einer ersten Stufe können aber nun Containerschiffe die durch die Elbvertiefung gewonnenen Tiefgangsverbesserungen zu etwa 50 Prozent ausnutzen. Je nach Größenklasse erhöhen sich die Tiefgänge um 30 bis 90 Zentimeter.

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Als Erstes nutzte die 400 Meter lange und 61 Meter breite „Jacques Saadé“ der französischen Reederei CMA CGM den freigegebenen Tiefgang. Langsam schob sich das Großcontainerschiff vor den am Ufer stehenden Schaulustigen vorbei. Das Hamburger Feuerlöschschiff „Branddirektor Westphal“ gab Geleit und schoss eine riesige Wasserfontäne in den Himmel, um den besonderen Moment zu würdigen.

Bessere Wettbewerbschancen für den Hamburger Hafen

Für den Hamburger Hafen könnten sich nun bessere Wettbewerbschancen ergeben. Es werden nun nicht unbedingt mehr besonders große Containerschiffe nach Hamburg kommen als vorher, aber sie werden zusätzliche Fracht mitbringen. 90 Zentimeter mehr Tiefgang, das bedeutet 1000 bis 1150 volle Container (TEU) mehr, die Frachter wie die „Jacques Saadé“ nach Hamburg fahren können. Das macht den Hamburger Hafen für Reeder attraktiver, weil sie vor ihrer Fahrt die Elbe hinauf weniger Stahlboxen in anderen Häfen abladen müssen.

„Das ist ein guter Tag für den Hamburger Hafen, der endlich wieder seine Marktpotenziale voll ausschöpfen kann. Und ein guter Tag für die deutsche Wirtschaft, weil damit ein leistungsfähiger Zugang zu den Weltmärkten nachhaltig gesichert ist. Und nicht zuletzt für die Reeder, die nun mit ihren Schiffen den Hamburger Hafen besser anlaufen können“, sagte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos).

Im Herbst soll die zweite Stufe der Freigabe erfolgen

Der Ältermann der Elblotsen, Ben Lodemann, brachte es auf den Punkt, indem er die großen Schiffe mit einem Auto verglich: „Wenn ich vorher mit meinem SUV in das Parkhaus eines Kaufhauses fahren wollte, musste ich auf die Spiegel aufpassen und kam nach dem Einparken kaum aus der Tür. Jetzt muss man nicht mehr auf die Seitenspiegel achten und kommt auch noch bequem aus der Tür.“

Im Herbst soll dann die zweite Stufe der Freigabe erfolgen. Dann wird den Schiffen ein Meter bis 1,50 Meter mehr Tiefgang zur Verfügung stehen. „Wie schon bei der letzten Elbvertiefung machen wir die Freigabe sukzessive“, sagte der Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Hans-Heinrich Witte. „Wir geben damit den Kapitänen, Reedern und Lotsen Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen. An oberster Stelle steht für uns die Sicherheit auf der Elbe.“

BUND, Nabu und WWF sprachen von einer Mogelpackung

Umweltschützer beurteilen die stufenweise Freigabe aber anders. BUND, Nabu und WWF sprachen von einer Mogelpackung. Es sei den Behörden nicht gelungen, die komplette Fahrrinnentiefe herzustellen. Grund ist nach Ansicht der Verbände eine durch die Elbvertiefung hervorgerufene Zunahme an Hafenschlick.

„Weil der Ausbau des Flussbetts den Sedimenttransport nachhaltig negativ verändert hat, gehen die Umweltverbände davon aus, dass es in Zukunft nicht möglich sein wird, die planfestgestellten Fahrwassertiefen im Hamburger Hafen dauerhaft aufrechtzuerhalten“, lautete die Kritik. Die Befürchtungen, dass durch die Vertiefung viel mehr Sediment die Elbe stromauf transportiert werde als in den Planunterlagen veranschlagt, würden sich nun bestätigen.