Hamburg. Gewerkschaft will Wandel der Wirtschaft zur Klimaneutralität mitgestalten. In Hamburg ist eine Kundgebung am Fischmarkt geplant.

Sie ist Deutschlands mächtigste Industriegewerkschaft – und am Freitag will sie diese Macht in ganz Deutschland demonstrieren: Die IG Metall ruft bundesweit zum sogenannten FairWandel-Tag auf. Auf zahlreichen Kundgebungen will sie sich dafür einsetzen, dass beim politisch beschlossenen Wandel hin zu einer grünen, klimaneu­tralen Wirtschaft die Interessen der Beschäftigten nicht auf der Strecke bleiben.

Auch in Hamburg wird es eine Kundgebung am Freitag geben. Hauptrednerin dort wird die Zweite Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, sein. Bereits zwei Tage vor der Veranstaltung formuliert sie im Abendblatt-Gespräch die Kernforderungen ihrer Gewerkschaft mit Blick auf die Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität. „Wir wollen mit unserem Aktionstag am Freitag Druck auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin ausüben und deutlich machen, dass der Transformationsprozess der Industrie zur Klimaneutralität ohne Entlassungen und gemeinsam mit den Beschäftigten erfolgen muss.“

Demonstration für klimaneutrale Wirtschaft

Und Benner wird ganz konkret, wenn es ums Geld geht: „Wir brauchen in den kommenden zehn Jahren ein staatliches Investitionsprogramm in Höhe von insgesamt 500 Milliarden Euro für grüne Technologie und Infrastruktur, um als Land tatsächlich klimaneutral werden zu können.“ Gegen den Umbau der Wirtschaft ist die 53 Jahre alte studierte Soziologin keinesfalls. Im Gegenteil, sie hält ihn für notwendig, begreift ihn als Chance für die deutsche Industrie.

Allerdings schaut sie gerade bei der Finanzierung dieser „Mammutaufgabe“ mit Skepsis auf die aktuellen Koalitionsverhandlungen in Berlin. „Ich frage mich, wie der Transformationsprozess ohne neue Schulden und Steuern auf die Einkommen der Besserverdienenden finanziert werden soll. Wenn die FDP diese Steuern nicht will, muss sie sagen, wo das Geld herkommen soll.“ Dabei seien die nächsten vier Jahre beim Umbau hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft aus ihrer Sicht die entscheidenden.

„Die Digitalisierung bietet große Chancen“

Wenn es um die Finanzierung des Umbauprozesses geht, stellt sich die Gewerkschaftsfunktionärin klar hinter die im Wahlkampf von der SPD formulierten Forderungen zur Umverteilung, die aber offensichtlich mit der FDP nicht umzusetzen sind. „Aus unserer Sicht muss es eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und eine Vermögensteuer geben.“ Auch eine höhere Kreditaufnahme sei denkbar, sagt Benner, die selbst SPD-Mitglied ist. „Die schwarze Null sollte momentan nicht die Richtung vorgeben.“

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Beim Blick auf den industriellen Wandel ist für sie entscheidend, dass „die Beschäftigten in den von der Transformation betroffenen Branchen Zeit bekommen, um sich fortzubilden und zu qualifizieren für ihre neuen Aufgaben.“ Dabei begreift sie auch das anvisierte Aus des Verbrennungsmotors in der Automobilbranche trotz der starken Konkurrenz aus dem Ausland als Chance für die deutschen Unternehmen. „Ich sehe das Rennen in der Automobilbranche noch nicht zugunsten von Tesla entschieden. Die deutschen Hersteller haben viel Potenzial, das sie noch abrufen werden. Die Digitalisierung bietet hier große Chancen“

Demonstration: Kundgebung auf Fischmarkt

Sorgen bereiten Benner die deutlich gestiegenen Benzin-, Strom- und Gaspreise, die im Zuge des Ausbaus der erneuerbaren Energie womöglich noch weiter zulegen werden. „Die höheren CO2-Kosten bei den Energiepreisen müssen den Betroffenen vom Staat zurückgezahlt werden. Dabei denke ich vor allem an die kleineren und mittleren Einkommen. Jemand, der höhere Kosten hat, weil er seinen Pool heizt, der sollte ruhig zur Kasse gebeten werden.“

Am Freitag will Benner die Hamburger live von ihren Ideen überzeugen. Um 10.30 Uhr beginnt der Aktionstag mit einer Fahrrad-Demo am Besenbinderhof. Um 11.55 Uhr („fünf vor zwölf“) startet dann die Kundgebung auf dem Fischmarkt. Auch Bürgermeister Peter Tschentscher wird erwartet, der für die SPD mit am Koalitionsvertrag arbeitet.