Hamburg. Der Flugzeugbauer fährt nach der Corona-Krise die Produktion für die A320-Familie wieder hoch. War der Jobabbau zu ambitioniert?

Bei Airbus soll es in den nächsten Monaten aufwärts gehen. Die Produktion für den Verkaufsschlager, die A320-Familie, wird deutlich hochgefahren, obwohl man sich im Zuge der Corona-Krise von vielen Mitarbeitern getrennt hat. Dafür setzt der Luftfahrtkonzern nun wieder verstärkt auf das Überlassen von Arbeitskräften durch Fremdfirmen.

„Airbus beschäftigt auf Finkenwerder wieder Leiharbeiter – und zwar einige Hundert“, sagte Emanuel Glass, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall in Hamburg, dem Abendblatt. Leiharbeit würde verstärkt angemeldet, um die Produktion sicherzustellen, so der Gewerkschafter. Denn der Ratenhochlauf geschehe offenbar schneller als ursprünglich vom Management geplant.

Airbus: War der Stellenabbau in Hamburg verfrüht?

Airbus-Sprecher Daniel Werdung bestätigte auf Anfrage eine entsprechende Aufstockung des eingesetzten Personals: „Wir beschäftigen aktuell rund 900 Leiharbeitskräfte an unseren norddeutschen Commercial-Standorten.“ Dazu zählen Finkenwerder, Bremen, Stade und Buxtehude. Weil der Standort in Hamburg mit Abstand der größte ist, dürfte der Großteil der Leiharbeitskräfte im Werk an der Elbe tätig sein.

Die Leiharbeiter waren – erwartungsgemäß – die erste Gruppe, die von der Corona-Krise hart getroffen wurde. Airbus meldete im späten Frühjahr 2020 – drei Monate nach dem Beginn der Virusausbreitung auf der Welt – rund 1100 Leiharbeitskräfte in Norddeutschland ab, davon rund 600 auf Finkenwerder. Insgesamt habe man zur „Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Krise auf die Flexibilität“ zurückgegriffen, so Werdung.

Airbus trennte sich von 2200 Leiharbeitern

Heißt: Die Zeitarbeit wurde deutlich zurückgefahren, man habe sich von „2200 Leiharbeitskräften mit Schwerpunkt am Standort Hamburg“ getrennt. Auch die Kernbelegschaft traf es. Rund 2300 Beschäftigte – davon etwa 1000 an der Elbe – nahmen bis März dieses Jahres ein freiwilliges Abfindungsangebot und Altersteilzeit an und verließen das Unternehmen. Auf Entlassungen konnte der Flugzeugbauer verzichten.

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Der DAX-Konzern rechnete mit einer länger anhaltenden Drosselung seiner Produktion, weil während der Pandemie der Luftverkehr nahezu lahmgelegt war. Für die A320-Familie, von der mehr als die Hälfte der Jets auf Finkenwerder endmontiert werden, war im April 2020 die Fertigungsrate konzernweit von 60 auf 40 Maschinen pro Monat gekürzt worden.

Airbus: Geschäft erholte sich offenbar schneller als erwartet

Doch das Geschäft erholte sich offenbar schneller als erwartet. Ende Mai dieses Jahres kündigte das Unternehmen den Produktionshochlauf an. Im laufenden vierten Quartal sollen es wieder 45 Maschinen pro Monat sein. Und im zweiten Quartal 2023 werden 64 Exemplare pro Monat als feste Rate eingeplant – das wären so viele wie nie zuvor. Auch eine Rate von 75 ist im Gespräch.

Bekommt Airbus nun die Produktionsausweitung mit dem verbliebenen Personal nicht mehr hin? „Ich finde es positiv, dass wieder Arbeit da ist“, sagte Glass. „Aber Airbus muss sich die Frage gefallen lassen, ob der Jobabbau nicht zu hoch war.“ Diese Frage wollte der Konzern allerdings nicht konkret beantworten. „Im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Unwägbarkeiten wollen wir uns im Rahmen der geplanten Produktionssteigerungen diese Flexibilität wieder aneignen“, sagte Werdung über den Einsatz von Leiharbeitern. Aus dem Betriebsrat hieß es Ende August, dass man sich über neue Kollegen freue. „Wir wollen aber auch, dass Stammmitarbeiter eingestellt werden“, so der Tenor.