Farnborough. Der US-Konkurrent erhält bei der Airshow in Farnborough einen Großauftrag – doch zum Jubeln ist es für Boeing noch zu früh.

Ende Juni fand in Berlin mit der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung die erste große Messe der Branche seit Beginn der Corona-Krise statt. Doch Aufträge für die großen Flugzeugbauer werden dort traditionell nicht erwartet – in Farnborough hingegen schon. Am Montag eröffnete die fünftägige Airshow südwestlich von London. Ob es für Airbus und Boeing eine Auftragsflut wie vor der Pandemie üblich geben wird, gilt zwar angesichts der heftigen Branchenprobleme in Folge der Corona-Krise als offen. Die ein oder andere Bestellung sollte aber schon herausspringen. Zum Auftakt hatte Boeing die Nase vorn.

Der Erzrivale erhielt den lang ersehnten Großauftrag. Die US-Fluggesellschaft Delta Air Lines unterzeichnete einen Auftrag über 100 Exemplare des Mittelstreckenjets Boeing 737 Max 10, teilten beide Seiten am Montag mit. Allerdings ist noch nicht sicher, ob diese Langversion der Boeing 737 Max überhaupt ihre Zulassung erhält. Denn zum Jahresende läuft die Frist für die Zertifizierung aus. Ohne eine Einigung mit dem Kongress könnte Boeing gezwungen sein, die 737 Max 10 einzustellen, sagte Konzernchef Dave Calhoun dem Branchenblatt „Aviation Week“.

Airbus gegen Boeing: der aktuelle "Punktestand"

Für den Airbus-Rivalen wäre das Ende des Jets ein herber Rückschlag – Fluggesellschaften haben bereits mehr als 600 Exemplare bestellt. Hintergrund des Konflikts mit dem US-Kongress sind neue Sicherheitsvorkehrungen und Regularien im Zuge zweier Abstürze von 737-Max-Fliegern, bei denen 2018 und 2019 insgesamt 346 Menschen starben. Boeing hatte mit Delta lange über die Bestellung verhandelt. Laut Preisliste kommen die 100 Maschinen auf einen Gesamtwert von rund 13,5 Milliarden US-Dollar (13,4 Milliarden Euro). Allerdings sind bei großen Flugzeugbestellungen hohe Rabatte üblich. Daneben sicherte sich Delta Kaufoptionen für weitere 30 Jets.

Vor allem für Boeing sind neue Bestellungen wichtig. Der US-Konzern ist im Massengeschäft mit Mittelstreckenjets deutlich hinter Airbus zurückgefallen. Mit der „Max 10“ tritt Boeing gegen Airbus’ Verkaufsschlager A321neo an – die Langversion des A320neo. Dieser macht bei den Europäern den Großteil der Neubestellungen im Segment der Schmalrumpf-Flugzeuge aus. Von der Maschine hat Airbus auch eine Langstreckenversion mit dem Namen A321XLR entwickelt. Sie soll Anfang 2024 in den Liniendienst gehen. Boeing fehlt ein entsprechendes Konkurrenzmodell.

Airbus rechnet mit Verdopplung der globalen Flugzeugflotte

Beide Hersteller erwarten für die kommenden Jahre wieder eine starke Nachfrage nach Passagier- und Frachtjets. So rechnet Airbus wegen des weltweit weiter zunehmenden Flugverkehrs mit einer Verdopplung der benötigten Maschinen in den nächsten 20 Jahren. Bis 2041 schätze man den Bedarf auf 39.490 Passagier- und Frachtflugzeuge. Im Jahr 2020 zählte die globale Flotte 22.880 Jets.

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Die Fluggesellschaften benötigen der Airbus-Prognose zufolge mehr Maschinen, zudem müssen sie alte Flugzeuge austauschen. Ab 2023 bis 2025 werde das Vorkrisenniveau wieder erreicht, schätzt der europäische Flugzeugbauer. Am ersten Messetag ging der DAX-Konzern in puncto Aufträgen aber zunächst leer aus.