Hamburg. Wo die Chancen für Vermieter besonders gut sind und welche Wertsteigerungen in nächsten Jahren im Hamburger Umland zu erwarten sind.
Höhere Inflationsraten, steigende Staatsverschuldung und milliardenschwere Rettungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank zum Aufkauf von Staats- und Unternehmensanleihen beflügeln die Flucht in Sachwerte. Zinsen gibt es kaum noch, eine zehnjährige Bundesanleihe ist wegen ihrer negativen Rendite ein Verlustgeschäft. Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen in Deutschland ist seit Februar 2020 um 34 Prozent gestiegen, ermittelte das Immobilienportal Immoscout24.
Dabei geht es nicht nur um die eigenen vier Wände. Denn die Eigentumswohnung gewinnt als Kapitalanlage an Bedeutung. „Die vermietete Immobilie ist eine inflationsgeschützte Anlage und bietet in Märkten wie Hamburg auch noch Chancen auf Wertsteigerungen“, sagt Daniel Preis, Vorstand des Immobilienunternehmens Domicil Real Estate, das Anlageobjekte vermittelt.
Zu hohe Immobilienpreise in Hamburg
Doch Hamburg ist inzwischen ein sehr teures Pflaster geworden. In Zusammenarbeit mit dem Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat die Postbank die Entwicklung der Mieten und der Immobilienpreise in den 401 Landkreisen und kreisfreien Städten untersucht.
Ein wichtiger Gradmesser für das Verhältnis von regionalen Kauf- zu Mietpreisen ist der sogenannte Vervielfältiger oder Kaufpreisfaktor. Er bildet ab, wie viele Jahresnettokaltmieten für eine gleich große Eigentumswohnung im Bestand durchschnittlich zu zahlen wären.
Je niedriger der örtliche Vervielfältiger ausfällt, desto größer stellen sich die Vorteile für Käufer dar. Im Hamburger Umland bieten sich noch Chancen auf ein Immobilieninvestment zur Vermietung. Im Vergleich zu Hamburg sind dort die sogenannten Kaufpreisfaktoren deutlich günstiger.
In Hamburg steigen Mieten geringer als Kaufpreise
Hamburg schneidet unter diesen Vorgaben mit einem Wert von 38,4 nicht mehr gut ab. Denn Immobilienexperten sprechen derzeit bei einem Kaufpreisfaktor von unter 25 von einem noch moderaten Kaufpreisniveau gemessen an den örtlichen Nettokaltmieten. „Höhere Vervielfältiger können auf eine Überhitzung des regionalen Marktes hinweisen“, sagt Eva Grundwald, Leiterin des Immobiliengeschäfts der Postbank. Tatsächlich zeigt dieser Wohnatlas, dass innerhalb eines Jahres die Preise in Hamburg deutlich stärker stiegen als die Mieten, die im Durchschnitt bei 12,07 Euro (kalt) je Quadratmeter liegen.
Innerhalb eines Jahres haben sie sich um rund drei Prozent verteuert, während die Preise für Eigentumswohnungen aus dem Bestand um zehn Prozent kletterten. „Ein Privatanleger denkt nicht in Kaufpreisfaktoren. Er hält die Immobilie über Jahrzehnte, möchte sie für die Altersvorsorge nutzen und finanziert das Objekt langfristig“, so Preis, der natürlich möglichst viele Wohnungen verkaufen möchte.
Vermieter profitieren von Wertsteigerungen
Aber richtig ist, dass der Kaufpreisfaktor in erster Linie eine Größe für institutionelle Anleger ist und nur eine Momentaufnahme darstellt. So ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Miete über Jahrzehnte auf dem Niveau zum Zeitpunkt des Erwerbs verharrt. Sehr wahrscheinlich kann der Vermieter im Laufe der Zeit Mieterhöhungen durchsetzen. Und er profitiert von Wertsteigerungen.
Wie Vermieter Steuern sparen |
Schon mit dem Kauf kann man Steuern sparen. Notarkosten für die Grundschuldbestellung zählen genauso als Werbungskosten wie Zinsen für den Immobilienkredit. Auch Renovierungskosten können von der Steuer abgesetzt werden. Fahrten zur Immobilie wegen einer Wohnungsübergabe können mit 30 Cent je Kilometer für Hin- und Rückfahrt mit dem Auto abgerechnet werden. Jährlich können Vermieter zwei Prozent der Anschaffungskosten für das Gebäude abschreiben.Liegt das Baujahr vor 1925, sind es 2,5 Prozent. Da sich das Grundstück nicht abnutzt, wird der Grundstücksanteil herausgerechnet. Für neu gebaute Mietwohnungen gelten bis Ende 2021 Sonderregelungen für die Gebäudeabschreibung. Übersteigen die Werbungskosten die Mieteinnahmen, machen Vermieter steuerlich gesehen einen Verlust. Dieser lässt sich mit anderen Einkünften, etwa dem Gehalt, verrechnen und senkt so die Steuerlast. |
Für die nächsten zehn Jahre erwartet die Studie des HWWI eine jährliche reale Preissteigerung, also nach Inflation, von im Schnitt 0,91 Prozent für Hamburg. Das ist zwar nach Lüneburg mit einer realen Preissteigerung von einem Prozent pro Jahr der höchste Wert in der Metropolregion (s. Grafik).
Preise in Lüneburg unter Hamburger Niveau
Aber wegen dem sehr hohen Kaufpreisfaktor werden die Investitionschancen nur durchschnittlich eingeschätzt. Die höchsten Investitionschancen (Note 5) haben die Landkreise Herzogtum Lauenburg, Lüneburg und Stade, gefolgt vom Kreis Pinneberg (Note 4). Gleichzeitig liegen die Preise pro Quadratmeter Wohnfläche bis zu 55 Prozent unter dem Hamburger Niveau.
Nach der HWWI-Studie haben nur 16 von 401 Kreisen besonders günstige Bedingungen für Immobilieninvestments und drei davon kommen aus der Metropolregion Hamburg. Alle Kreise um die Hansestadt herum liegen beim Kaufpreisfaktor noch knapp unter 25 oder nur leicht darüber wie die Kreise Segeberg und Stormarn. Der Durchschnittspreis für Eigentumswohnungen aus dem Bestand liegt im Umland bei 2810 Euro je Quadratmeter Wohnfläche.
Mehr Wachstum im Hamburger Umland
Gemessen an den bisherigen Preissteigerungen sind die ausgewiesenen Wertsteigerungen sehr konservativ. In die Prognose fließen die Daten zur Bevölkerungs- und Altersstruktur, Haushaltsgröße, Einkommensentwicklung sowie zu Wohnausgaben und Wohnungsangebot ein. Am Ende der Preisentwicklung wird der durchschnittliche jährliche reale Preistrend ausgewiesen. Danach wird die Bevölkerung in den Kreisen um Hamburg herum bis 2030 stärker wachsen als in der Hansestadt selbst.
Trotzdem sollte der Kauf einer Eigentumswohnung zur Vermietung gut überlegt werden. „Wir raten nur zu Objekten, die – bezogen auf den Kaufpreis – eine Bruttoanfangsrendite von drei bis dreieinhalb Prozent erwirtschaften“, sagt Andreas Gnielka, Bereichsleiter Wohnimmobilien Bestand beim Hamburger Makler Grossmann & Berger. Unter Berücksichtigung der unvermeidlichen Kaufnebenkosten fällt die Beton-Rendite aber niedriger aus.
Besichtigung ist Pflicht
Auch wer die Wohnung nur vermieten und nicht selbst nutzen will: Eine Besichtigung ist Pflicht. Fotos und Lagepläne reichen für den Kauf nicht aus. Neben der Wohnung kommt es aufs Umfeld an. Geschäfte, Kindergärten, Schulen, Grünflächen und Freizeitangebote sollten in der Nähe liegen. Wichtig ist eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. „Gefragt ist ein normaler Zuschnitt mit Balkon oder Terrasse in einer Lage, die gut angebunden ist“, sagt Preis.
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Bei der Größe der Wohnung gibt es verschiedene Optionen. „Auch Einzimmerappartements in zentralen Lagen sind interessant für Vermieter, insbesondere in Metropolen wie Hamburg oder Berlin. „Die werden gern von Pendlern als Zweitwohnung genutzt, weil die Unternehmen die Übernachtung in Hotels restriktiver handhaben“, sagt Lars Schriewer, Vorstandsvorsitzender der Accentro Real Estate AG.
Einzimmerwohnung in Hamburg von Vorteil
Aber in einer Ein- oder Zweizimmerwohnung gibt es eine häufigere Fluktuation als in einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, die von einer Familie bewohnt wird. „Wenn der Mieter häufiger wechselt, kann ich die Miete leichter an die Entwicklung des Mietenspiegels anpassen“, sagt Gnielka. „Aber als Vermieter habe ich auch mehr Arbeit und muss eine höhere Abnutzung des Objekts einkalkulieren.“
Nur eine hohe Instandhaltungsrücklage der Wohnungseigentümergemeinschaft garantiert, dass bei erforderlichen Reparaturen nicht direkt jeder Eigentümer zur Kasse gebeten wird. Von den meisten Käufern werden die Probleme beim Gemeinschaftseigentum, für das alle zusammen haften, unterschätzt. Viele kümmern sich zwar bei der Besichtigung um ihr Sondereigentum, also die eigenen vier Wände, widmen aber Statik, Haustechnik, Tiefgarage, Entwässerung, Balkonen, Dach oder Abdichtung zu wenig Aufmerksamkeit.
Kreditrate sollte Miete entsprechen
Preis rät zudem: „Aus Vermietersicht sollte der Anteil der Eigennutzer in einem Mehrfamilienhaus 30 Prozent nicht übersteigen, denn sonst besteht die Gefahr, dass Wohnkomfortverbesserungen beschlossen werden, die sich für den Vermieter nicht auszahlen.“
Natürlich muss ein Anlageobjekt auch solide finanziert werden. Angesichts der niedrigen Finanzierungskosten übersteigen meist von Anfang an die Einnahmen die Ausgaben. „In der Regel ist es aus meiner Sicht sinnvoll, dass die monatliche Rate in etwa der zu erwartenden Miete entspricht“, sagt Oliver Born, Berater Private Banking bei der Commerzbank in Wandsbek.
Finanzielles Polster beim Immobilienkauf wichtig
Zusätzlich sollte ein finanzielles Polster vorhanden sein, dass bei möglichen Zusatzkosten oder Mietausfällen zum Einsatz kommen kann. Auch die Laufzeit des Kredits hänge von den Plänen des Erwerbers ab. „Soll das Objekt zur späteren Aufbesserung des Einkommens im Ruhestand dienen, sollte der Kredit spätestens mit Beginn des Ruhestands abbezahlt sein“, so Born.
Bei der Zinsbindung sind mindestens zehn Jahre sinnvoll. Denn erst nach zehn Jahren können mögliche Gewinne bei einem Verkauf steuerfrei kassiert werden.