Hamburg. Industrieverband prognostiziert Preis von mehr als einem Euro pro Liter. Die Molkereien geben die steigenden Produktionskosten weiter.
Seit Monaten gibt es bei den Preisen im Lebensmittelhandel nur eine Richtung: nach oben. Und nun steht der nächste Preisschock kurz bevor. „Die Kunden müssen sich auf einen Milchpreis von mehr als einem Euro pro Liter einstellen“, bestätigt Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbands, auf Anfrage des Abendblatts. Wegen der massiven Kostensteigerungen bei der Produktion haben Molkereien und Lebensmittel-Einzelhändler in den vergangenen Wochen die Verträge neu verhandelt. Heuser rechnet jetzt damit, dass der Einstiegspreis am 1. Juli deutlich nach oben geht. Mit Auswirkungen auch für viele andere Molkereiprodukte wie Quark, Sahne oder Käse.
Schon jetzt ist die Milch in den Kühltheken der Supermärkte und Discounter teurer als vor einem Jahr. Statt 79 Cent für einen Liter konventionell erzeugter Vollmilch im Tetrapak liegt der Einstiegspreis etwa bei Aldi Nord inzwischen bei 92 Cent – das entspricht einer Steigerung von 16 Prozent. Für fettarme Milch muss man nun 84 Cent bezahlen – ein Plus von 13 Cent zum gleichen Vorjahreszeitraum.
Lebensmittelhandel: 33 Prozent höherer Erzeugerpreis für Milch
Auf Nachfrage wollte sich die Discounterkette nicht zu den Preisschritten äußern. Traditionell orientieren sich die anderen Lebensmittel-Einzelhändler in der untersten Preiskategorie an den Aldi-Preisen. Jahrelang waren die Preise durch einen Rhythmus halbjähriger Lieferverträge für Milch und andere Molkereiprodukte zum 1. Mai und zum 1. November festgelegt worden. Inzwischen hat sich das allerdings geändert – die Intervalle sind im Zuge des gesamten Preisanstiegs vielfach deutlich kürzer.
„Bereits jetzt merken Verbraucher den Preisanstieg am Regal, weil in den vergangenen Monaten schon erste Preisanpassungen erfolgt sind“, sagt Kerstin Keunecke, Marktanalystin Milchwirtschaft bei der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft (AMI). Auch sie rechnet mit weiteren Preissteigerungsrunden. Bislang habe die Verbraucher nur ein Teil der Preiserhöhungen erreicht. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts war der Erzeugerpreis für Milch im März 2022 um 33 Prozent höher als im März 2021.
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„In den vergangenen Monaten sind die Preise für Milchprodukte mit kurzfristigen Kontrakten, wie Milchpulver oder Blockbutter für die Industrie, bereits deutlich gestiegen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass auch im Lebensmitteleinzelhandel Milch und andere Molkereiprodukte teurer werden“, sagt die Branchenexpertin.
Das liegt unter anderem am Krieg in der Ukraine, der Auswirkungen auf die Kosten für Dünger und Tierfutter hat, sowie an den deutlich gestiegenen Energiepreisen. Zugleich sind die Liefermengen von deutscher Milch in diesem Jahr um zwei Prozent gesunken. Wie schnell sich die Preisspirale im Moment dreht, zeigt eine andere Entwicklung. So ist der Butterpreis, der zuvor schneller als etwa der Preis für Milch gestiegen war, gerade gesunken – im Einstiegssegment um 10 Cent von 2,29 auf 2,19 Euro.
„Butter ist ein Sonderfall, weil die Preise alle vier Wochen neu verhandelt werden“, erklärt Milchindustrie-Verbandsgeschäftsführer Heuser. Weil Sahne günstiger geworden war, hatte sich das direkt auf den Butterpreis ausgewirkt; in diesem Fall positiv für die Verbraucher.