Hamnburg. Hamburger werden für Girokonten zur Kasse gebeten. Kostenlose Konten fallen zum Teil weg. Doch die Kunden haben noch Alternativen.

Hunderttausende Bankkunden in Hamburg und dem Umland müssen sich in diesem Jahr auf steigende Kontoführungsgebühren einstellen. Nach einer Umfrage des Abendblatts bei Geldinstituten in der Region belaufen sich die Erhöhungen für Privatkunden auf bis zu 32 Prozent. Bei Geschäftskunden verteuern sich die Gebühren sogar um 40 Prozent. Betroffen sind die Kunden von Hamburger Volksbank, PSD Bank Nord und der Sparkasse Harburg-Buxtehude. Von den überregionalen In­stituten plant die Postbank eine Erhöhung um 20 Prozent.

Diese Entwicklung liegt im Trend. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass die Bankgebühren seit 2015 deutlich stärker stiegen als die Lebenshaltungskosten.

Haspa plant keine Preiserhöhung für Kontoführung

Auch bei den Direktbanken, die bisher kostenlose Girokonten ohne Bedingungen angeboten haben, gibt es massive Veränderungen. Die Zahl der Geldinstitute mit bedingungslos kostenlosem Konto hat sich seit 2018 mehr als halbiert. Aktuell sind es noch 38. Beim Marktführer Haspa gibt es keine Preiserhöhungen für die Kontoführung, versicherte die Sparkasse auf Anfrage.

Viele Hamburger müssen in diesen Tagen deshalb mit Post von ihrer Bank rechnen. Die In­stitute kalkulieren dabei das stillschweigende Einverständnis der Kunden ein. Denn: Legen diese keinen Widerspruch gegen die neue Gebührenordnung ein, gilt die Preiserhöhung als akzeptiert.

Die Zinserträge der Banken und Sparkassen sinken

Der Grund für den Trend, der die gesamte Branche erfasst hat, sind die sinkenden Gewinne. Wegen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) gehen die Zinserträge der Banken und Sparkassen zurück. Zugleich steigen die Kosten um durchschnittlich vier Prozent pro Jahr. Mit den zusätzlichen Einnahmen aus den höheren Kontogebühren kann allerdings nur ein kleiner Teil der sinkenden Erträge im Zinsgeschäft kompensiert werden.

Oliver Mihm, Vorstandschef von Investors Marketing.
Oliver Mihm, Vorstandschef von Investors Marketing. © Unbekannt | Investors Marketing

„Früher konnten wir das Konto noch mit anderen Erträgen quersubventionieren, doch das wird immer schwieriger“, sagt ein Hamburger Banker, der nicht genannt werden möchte. „Zum anderen verschärft die Corona-Pandemie den Ertragsdruck der Banken und Sparkassen“, sagt Oliver Mihm, Vorstandsvorsitzender des Beratungsunternehmens Investors Marketing.

Kontoführungsgebühren steigen um bis zu 32 Prozent

Erhöhungen bei Girokontopreisen sind ein vermeintlich einfacher Hebel um Provisionserträge zu erhöhen. Bei der Hamburger Volksbank, der Sparkasse Harburg-Buxtehude und der Postbank steigen die Kontoführungsgebühren für Privatkunden nun um bis zu 32 Prozent, wie eine Umfrage des Abendblatts zeigt.

Auch die PSD Bank Nord schafft ihr kostenloses Girokonto ab. Bisher galt hier: Wer einen monatlichen Geldeingang von 1000 Euro hatte und seine Bankgeschäfte online erledigte, blieb von einer Kontoführungsgebühr verschont. Das wird jetzt anders, die Bank argumentiert mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

PSD schafft kostenloses Girokonto ab

„Benachteiligt waren jene, die nicht so viel verdienen. Das fanden wir auf Dauer ungerecht“, sagt Banksprecher Frank Neitzel. „Wir haben drei unterschiedliche Kontomodelle entwickelt, denn Kunden haben sehr unterschiedliche Vorstellungen, was ein Konto leisten soll.“ Nun werden zwischen 4,90 und 12,90 Euro im Monat berechnet.

Manche Kunden werden dabei gleich doppelt zur Kasse gebeten, zum Beispiel bei der Hamburger Volksbank. Sie erhebt neuerdings Negativzinsen auf Einlagen, die über 100.000 Euro hinausgehen, und jetzt kommen höhere Kontokosten hinzu. So steigt der Preis für das VR-KomplettKonto von 9,95 Euro im Monat auf 10,95 Euro, eine Preiserhöhung um zehn Prozent.

Genossenschaftsbank führt Preiserhöhung von 14 Prozent ein

Seit Sommer 2018 hat die Volksbank die Kontogebühren sogar um 38 Prozent erhöht. Ein in der Branche üblicher Wert. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes sind die Bankgebühren in Deutschland seit 2015 um rund 34 Prozent gestiegen, während die Verbraucherpreise nur um rund sechs Prozent anzogen.

Wer Mitglied der Hamburger Genossenschaftsbank ist, hat zwar mit 7,95 Euro einen deutlich günstigeren Kontopreis, die Preiserhöhung fällt aber mit 14 Prozent noch höher aus als bei den anderen Kunden. Besonders kräftig werden die Geschäftskunden der Volksbank zur Kasse gebeten. Die Grundgebühr des Business-Kontos steigt für Mitglieder um 40 Prozent auf 17,50 Euro. Bei anderen Gewerbetreibenden um 32 Prozent auf 20,50 Euro im Monat. Gleichzeitig hat das Genossenschaftsinstitut im Zuge der Corona-Pandemie zehn seiner bisher 25 Geschäftsstellen geschlossen.

Konto Giro Plus bei Postbank kostet bald 5,90 Euro

Einen kräftigen Preisaufschlag von 32 Prozent verlangt die Sparkasse Harburg-Buxtehude. Ab 1. Mai kostet das Privatgirokonto 9,90 Euro im Monat. Zur Begründung verweist Unternehmenssprecher Carsten Schmuckall auf einen hohen Service und höchste Sicherheitsstandards sowie Leistungserweiterungen wie das kontaktlose Bezahlen im Einzelhandel.

„Auch Schließungen unserer 20 Beratungscenter sind auf absehbare Zeit nicht geplant“, sagt Schmuckall. „Die Sparkasse ist ein Wirtschaftsunternehmen, das kostendeckend arbeiten muss. Aber bei uns profitieren keine Investoren, sondern die Gesellschaft, indem wir kulturelle und sportliche Projekte in der Region fördern.“ Bei der Postbank wird das Konto Giro Plus ab dem 1. April um 20 Prozent teurer und kostet dann 5,90 Euro im Monat.

Bankkunden finden sich nicht mehr mit Preiserhöhungen ab

Doch mit solchen Preiserhöhungen werden sich die Bankkunden künftig wohl nicht mehr klaglos abfinden. Das geht aus einer Studie von Investors Marketing hervor. Bei preissensiblen Kunden sei die Schmerzgrenze erreicht, so die Studie. Pauschale Preiserhöhungen führten oft zu negativen Kundenreaktionen und Abwanderungen.

„Nur wenn es Banken gelingt, ihren Kunden dauerhaft ein positives Gesamterlebnis zu bieten, ist auch die Bereitschaft vorhanden, dafür mehr zu zahlen“, sagt Vorstandschef Mihm.

Mindestgeldeingang von 700 Euro im Monat

Die PSD Bank Nord versucht das bei ihrem Top-Konto für 12,90 Euro im Monat mit einem Freibetrag von 250 Euro bei einer Überziehung. Bis zu diesem Betrag müssen keine Dispozinsen bezahlt werden. Rückvergütungen, die die Bank beim Einsatz der Kreditkarte erhält, will sie zum Teil an soziale Projekte in der Region spenden.

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Die Einführung von Kontogebühren bei der ING im vergangenen Jahr war der Dammbruch für die Reduzierung von kostenlosen Konten auch bei den sogenannten Direktbanken. Viele dieser In­stitute haben die Voraussetzungen für ein kostenloses Konto verschärft und setzen nun einen Mindestgeldeingang in Höhe von 700 Euro im Monat voraus. Andernfalls werden Gebühren fällig.

Viele Änderungen betreffen Neukunden

Die Comdirect Bank macht das schon so, die Consorsbank zieht nach. „Von den Änderungen sind aber nur Neukunden betroffen, die ab 27. März ein Konto eröffnen“, sagt ein Banksprecher. Für die Bestandskunden ändere sich nichts.

„Der Anteil kostenloser Konten wird von heute 18 Prozent auf nur noch zwölf Prozent im Jahr 2025 sinken“, sagt Managementberater Mihm voraus. Doch Ausnahmen gibt es noch. So verspricht die HypoVereinsbank für fünf Jahre Kostenfreiheit bei ihrem Pluskonto, das eigentlich 9,90 Euro im Monat kostet. Giro- und Kreditkarte sind inklusive. Danach kann der Preis weiterhin bei null Euro liegen, wenn man andere Finanzprodukte der HypoVereinsbank nutzt.

Sparda Bank in Hamburg bietet kostenloses Konto

Nach Angaben des Verbraucherportals Biallo gibt es deutschlandweit derzeit noch 38 Girokontenmodelle, die ohne Bedingungen kostenlos sind. „2018 gab es noch 85 solcher Konten“, sagt Horst Biallo. In Hamburg verlangt etwa die Sparda Bank keine Kontoführungs­gebühren. Lediglich die EC-Karte kostet 10 Euro im Jahr. Und auch DKB, Santander und Degussa Bank bieten weiter ein Girokonto ganz ohne Gebühr an.