Hamburg. Die Zahl der Immobilienangebote in Hamburg sinkt deutlich, Besichtigungen sind komplizierter – und Finanzierungen werden schwieriger.

Nicht nur auf den Einzelhandel oder die Gastronomie hat die Pandemie Einfluss, sondern nun auch auf den Immobilienmarkt. Denn immer weniger Eigentümer von Häusern und Wohnungen sind mit Blick auf die un­sichere Lage bereit, ihre Immobilien zu verkaufen und selbst umzuziehen – zum Beispiel in eine Mietwohnung. So schätzt Felix Gladigau, Geschäftsführer von Gladigau-Immobilien, dass im Moment rund zehn Prozent weniger Mietwohnungen auf den Markt kommen.

Den Trend bestätigt eine Exklusivstudie für das Abendblatt vom Hamburger Beratungsunternehmen F + B. Danach ist die Zahl der Mietwohnungsanzeigen in der Stadt in den Immobilienportalen im vergangenen Jahr um 14 Prozent zurückgegangen. Insgesamt gab es 2020 nur noch über 18.000 solcher Offerten. Noch stärker fiel der Einbruch bei den Eigentumswohnungen in Hamburg aus, deren Angebot sich in den Immobilienportalen um insgesamt 18 Prozent verringerte.

Hamburger Makler verzeichnen Rückgang der Besichtigungen

Lars Seidel, Geschäftsführer von Grossmann & Berger.
Lars Seidel, Geschäftsführer von Grossmann & Berger. © Unbekannt | Grossmann & Berger

Einige Hamburger Makler spüren das bereits, wie eine Umfrage des Abendblatts zeigt. Grossmann & Berger berichtet von zehn Prozent weniger Besichtigungen im Vermietungsbereich und 20 Prozent weniger Besichtigungen bei Verkaufsobjekten. Folglich konnten sie auch weniger Verkaufsangebote machen. „In Pandemiezeiten warten Eigentümer noch länger ab, bis sie ihre Entscheidungen treffen“, sagt Lars Seidel, Geschäftsführer von Grossmann & Berger. Dazu komme, dass die Zahl der Verkäufe in Hamburg seit Jahren sinke. Die Menschen bleiben auch im Alter lieber in ihren eigenen vier Wänden wohnen.

„Die Anzahl der Besichtigungen hat sich während der Corona-Pandemie leicht reduziert“, bestätigt Kai Enders, Vorstandsmitglied der Engel & Völkers AG. Auch bei McMakler gab es einen negativen Einfluss auf Besichtigungen durch die Corona-Pandemie. „Den konnten wir aber durch telefonische Beratung und auch Onlineangebote reduzieren“, sagt Felix Jahn, Gründer des Unternehmens. Online-Besichtigungen von Immobilien gewinnen zwar an Bedeutung, reichen aber selten für einen Verkaufs- oder Mietabschluss aus.

Auftragsbestand steigt bei Luxusmaklern

Dagegen haben Dahler & Company und Wentzel Dr. nach eigenen Angaben bisher kaum Probleme durch Corona. Der Luxusmakler Dahler verweist sogar auf um 30 Prozent angestiegene Besichtigungstermine. „Im Durchschnitt ist die Verkaufsauftragslage wie vor der Pandemie“, sagt Gina Schmidt-Trenz von Wentzel Dr.

„Durch persönliche Trennungen und aus finanziellen Gründen ist der Auftragsbestand in der Pandemie eher gestiegen.“ Warnholz-Immobilien blickt sogar auf das erfolgreichste Geschäftsjahr seiner Firmengeschichte zurück. „Wir haben Corona nicht gespürt, aber wie es dieses Jahr läuft, kann ich noch nicht absehen“, sagt Inhaber Kar-Heinz-Warnholz.

Makler mussten Geschäftsstellen wegen Lockdown schließen

Auch Makler mussten laut Verordnung ihre Geschäftsstellen Mitte Dezember schließen. So sind bei Grossmann & Berger alle 14 Filialen für den Publikumsverkehr dicht, bei Engel & Völkers sind es 20 Immobilienshops in Hamburg und im Umland. Das gilt ebenso für die Geschäfte von Dahler & Company und Wentzel Dr.

Dennoch gibt es bei den befragten Maklern keine Kurzarbeit. „Unter Einhaltung der vorgegebenen Hygienemaßnahmen können wir den regulären Geschäftsbetrieb weiterhin sicher fortsetzen und es besteht keine Notwendigkeit zur Kurzarbeit“, sagt Kai Enders von Engel & Völkers.

Besichtigungen mit Hygieneregeln weiter möglich

Besichtigungen von Immobilien sind weiterhin unter Beachtung der Hygieneregeln möglich. „Bei Terminen in Bestandsobjekten sind die Eigentümer dann oftmals nicht vor Ort, sodass sich nur ein Mitarbeiter von uns und der Kunde in der Immobilie befinden“, heißt es bei Dahler & Company. Bei kleinen Mietwohnungen bleibe der Makler vor der Tür und der Interessent besichtige allein, teilt Gladigau-Immobilien mit.

„Im zweiten Lockdown sind wir besser darauf eingestellt, weil die Vermietung wegen der Hygieneregeln doch komplizierter geworden ist“, sagt Geschäftsführer Felix Gladigau. Es koste mehr Zeit, die Interessenten durch die Wohnung zu führen, weil das immer nur einzeln möglich sei. „Es gibt Wohnungen in abgelegenen Stadtteilen und in Preiskategorien, die schwieriger zu vermieten sind, aber das war auch schon vor der Corona-Pandemie so.“

Finanzierung der Immobilien schwieriger geworden

Mit Blick auf gestiegene Immobilienpreise und den aktuellen Konjunktureinbruch haben die Makler ein weiteres Problem: Die Finanzierung einer Immobilie wird für Kunden schwieriger. „Ich hatte schon Interessenten, die den Kauf wegen Kurzarbeit zurückgestellt haben“, sagt Warnholz.

Die Geldinstitute schauen nun genauer hin, bevor sie Kredite einräumen. Die Finanzierungen seien wegen Kurzarbeit und unsicherer Selbstständigkeit schwieriger geworden als vor der Pandemie, sagt Jahn. „Die Kunden müssen auch mehr Eigenkapital mitbringen“, ergänzt Schmidt-Trenz.

In München und Tübingen sinken die Preise bereits

Laut F+B sind die Immobilienpreise für Eigentumswohnungen in Hamburg im vierten Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahr um 4,5 Prozent gestiegen. Für eine zehn Jahre alte Wohnung mit normaler Ausstattung müssen nun 5040 Euro je Quadratmeter Wohnfläche bezahlt werden. Damit liegt Hamburg im bundesweiten Vergleich auf Rang zehn.

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„Wir sind der Auffassung, dass die anhaltende Pandemie mit dem zweiten Lockdown seit Dezember hier einen nachhaltigen Nachfrageschub bei Immobilien erzeugt hat. Daran können auch erste Verbote des Einfamilienhausneubaus wie im Hamburger Stadtbezirk Nord offenbar nichts ändern“, sagt der Hamburger Immobilienmarktforscher Bernd Leutner. Allerdings zeigt die Statistik von F+B auch, dass es bereits Städte gibt, wo die Immobilienpreise sinken wie in München (minus 1,5 Prozent), Tübingen (minus 3,3 Prozent) oder Lindau am Bodensee (minus 6,3 Prozent).

Hamburgs Immobilienpreise könnten sinken

Wenn dieser Trend auch Hamburg erfasst, könnte sich die Stimmung am Immobilienmarkt schnell verschlechtern. Sinkende Preise, verunsicherte Banken und von Kurzarbeit geplagte Kaufinteressenten dürften dann auch das Geschäft der Makler massiv beeinträchtigen. Denn auch die Neuvertragsmieten sind nach Erkenntnissen von F+B in rund der Hälfte der 50 teuersten Städte Deutschlands im vierten Quartal 2020 im Vergleich mit den Vorquartalen gesunken. In Hamburg stagniert die Miete derweil bei 10,50 Euro pro Quadratmeter im Vergleich zum Vorjahresquartal.

Stagnierende Mieten können ein Ende des stetigen Immobilienpreisanstiegs ankündigen, denn Vermieter sind dann nicht bereit, höhere Preise für Eigentum zu bezahlen, wenn sie diese nicht auf die Mieter umlegen können. Ursachen dafür sind nach Einschätzung von F+B auch eine geringere Zuwanderung und eine höhere Sterbequote. Die Nachfrage sinkt dadurch. „Die Corona bedingten Sterbefälle seien hier bereits als verstärkender Faktor signifikant“, sagt Leutner.