Hamburg. Tausende Hafenarbeiter folgten dem Warnstreik-Aufruf von Ver.di – mit weitreichenden Folgen. Drohen neue Lieferengpässe?

Zwangspause für den Hamburger Hafen am Donnerstag: Mehr als 1000 Hafenarbeiter haben mit einem mehrstündigen Warnstreik am Donnerstag im Hamburger Hafen die Abfertigung von Containerschiffen lahmgelegt. Allein an den drei Terminals des Logistikunternehmens HHLA beteiligten sich fast 1000 Beschäftigte an den Arbeitsniederlegungen, wie André Kretschmar von der Gewerkschaft Ver.di sagte.

Beim Konkurrenten Eurogate zählte die Gewerkschaft rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. „Alles steht“, hieß es dort mit Blick auf die Abfertigung von Containerschiffen. Wie die Polizei auf Twitter mitteilt, haben  sich am Abend mehrerer hundert Streikteilnehmer im Bereich der Finkenwerder Straße versammelt. Deswegen ist die Auffahrt der A7-Anschlussstelle Waltershof gesperrt.

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Hafen Hamburg: Streik vor dritter Verhandlungsrunde

Die Gewerkschaft Ver.di hatte die rund 6000 Beschäftigten im Hamburger Hafen zu den Warnstreiks aufgerufen. Mit Beginn der Spätschicht um 15 Uhr sollten die Hafenarbeiter ihre Arbeit niederlegen. Betroffen seien alle großen Terminalbetriebe, kündigte die Gewerkschaft an.

Der erste Warnstreik seit Jahrzehnten soll Druck machen vor der dritten Verhandlungsrunde mit dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). Sie findet am Freitag in Hamburg statt. Verdi verlangt für die rund 12.000 Beschäftigten in den 58 tarifgebundenen Seehafenbetrieben in Hamburg, Niedersachsen und Bremen einen nicht näher bezifferten „tatsächlichen Inflationsausgleich“ sowie eine Erhöhung der Stundenlöhne um 1,20 Euro. Die Arbeitgeber bieten eine Erhöhung der Löhne und Gehälter in zwei Schritten um 3,2 und 2,8 Prozent an. Die Verhandler der Gewerkschaft bezeichnen das als „völlig unzureichend“. Sie fordern eine Anhebung des Stundenlohns um 1,20 Euro und einen tatsächlichen Inflationsausgleich. Je nach Verdienst ergibt das zusammen ein Lohnplus von 12 bis 14 Prozent.

Hafen Hamburg: Arbeitgeber nennen Warnstreik "absolut verantwortungslos"

„Das ist gerechtfertigt“, sagte die Verhandlungsführerin der Ver.di-Tarifkommission Maya Schwiegershausen-Güth. „Als Teil der kritischen Infrastruktur haben die Beschäftigten in den letzten Jahren durchgehend gearbeitet, sind an Belastungsgrenzen gegangen und haben als Schlüsselarbeiter der Lieferketten mit ihrer Hände Arbeit den Laden am Laufen gehalten.“

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Die Arbeitgeberseite, der Zentralverband der Seehafenbetriebe (ZDS), übte wie erwartet heftige Kritik. Er bezeichnete die Streiks als unverhältnismäßig. „Wir befinden uns mitten in einer absoluten Ausnahmesituation. Von der einen Seite kommt eine große Welle verspäteter Schiffe auf uns zu, auf der anderen Seite gibt es große Engpässe im Güterverkehr der Bahn. Jetzt zu Warnstreiks aufzurufen ist absolut verantwortungslos“, sagte die Verhandlungsführerin der Arbeitgeber, Ulrike Riedel.

Die Maßnahmen würden den aktuellen Tarifverhandlungen in keiner Weise gerecht, so Riedel. „Der ZDS hat Ver.di ein konkretes Angebot mit einer Lohnsteigerung über 24 Monate im Gesamtvolumen von 7 Prozent für die Beschäftigten in Containerbetrieben und 6,1 Prozent für die sonstigen Bereiche unterbreitet. Als Berechnungsgrundlage dient eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans Böckler-Stiftung“, sagte Riedel.

Unternehmensverband warnt vor neuen Lieferengpässen

Der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) warnt unterdessen vor weiteren Verzögerungen bei den Lieferungen an den Handel: „Vor dem Hintergrund der angespannten Versorgungslage ist es unverantwortlich, jetzt zu streiken. Das ist, als wenn die Pflegekräfte zur Hochzeit der Pandemie ihre Arbeit niederlegen würden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Norman Zurke.

Im Zweifel blieben mit dem Streik noch mehr Container im Hafen stehen. „Die Versorgungskrise verschärft sich weiter.“ Mehr als ein Dutzend Schiffe warten derzeit in der Deutschen Bucht auf ihre Einfahrt in den Hamburger Hafen. Sie müssen warten, weil die Containerlager voll sind.

1000 Hafenarbeiter in Bremerhaven im Warnstreik

Auch in Bremen und Niedersachsen haben die Hafenarbeiter am Donnerstag mit einem mehrstündigen Warnstreik die Abfertigung von Containerfrachtern und Autotransportern lahmgelegt. Im zweitgrößten deutschen Hafen Bremerhaven beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben etwa 1000 Beschäftigte. An der Stromkaje wurden diesen Angaben nach in der Spätschicht keine Containerschiffe mehr be- oder entladen. „Die Brücken stehen alle still“, sagte Tobias Uelschen von der Gewerkschaft Verdi. Auch die Autoverladung war betroffen.

„Es geht nicht viel“, sagte ein Sprecher des Terminalbetreibers Eurogate. Das Unternehmen arbeitet in Bremerhaven, Wilhelmshaven und Hamburg. „Wir haben uns darauf vorbereitet. Wir haben unsere Kunden informiert, dass wir in der Spätschicht keine Abfertigung anbieten können.“ Man erwarte, dass die Arbeit wie angekündigt gegen 18.30 Uhr fortgesetzt werde.

In Bremen traten am Neustädter Hafen etwa 75 Beschäftigte ihre Spätschicht nicht an. Am Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven beteiligten sich 75 der 80 für die Spätschicht eingeteilten Arbeiter an der Arbeitsniederlegung. In Emden zählte Verdi 200 Kollegen beim Warnstreik.