Hamburg. Präses Norbert Aust schlägt gemeinsame Vermarktung der norddeutschen Seehäfen vor, sieht Fusion aber skeptisch. Wovor er warnt.

Mit einem Bild aus der Seefahrt hat Handelskammer-Präses Norbert Aust die aktuelle Corona-Situation beschrieben. „Wir befinden uns wie auf einem Schiff in schwerer See: Uns allen droht Gefahr und nur als Gemeinschaft werden wir diese Krise überstehen“, sagte Aust auf dem traditionsreichen Unternehmertreffen „Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“ (VEEK) in der Handelskammer.

Auch wenn er die Bedeutung des gemeinschaftlichen Handelns hervorhob, sparte Aust – anders als im Vorjahr – nicht mit Kritik am Senat und der Politik auch über Hamburg hinaus. Zwar dankte der Kammer-Präses dem Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ausdrücklich für den „ruhigen und konsequenten Kurs“, mit dem er in der Krise bisher agiert habe. „Dies gibt der Wirtschaft Orientierung in schweren Zeiten“, sagte Aust. Er warnte aber vor einer Überforderung der Unternehmen. So dauere es mitunter Wochen, bis sich die Politik auf neue Corona-Maßnahmen geeinigt habe, von den Firmen jedoch werde erwartet, sie dann über Nacht umzusetzen. Das sei „manchmal schlicht auch eine Zumutung“, so Aust.

Handelskammer Hamburg: Treffen im Hybridformat

Er konnte sich mit diesen Anmerkungen direkt an Tschentscher wenden, denn dieser war wie weitere rund 150 Personen unter der 2G-plus-Regel in den Börsensaal der Handelskammer gekommen – ein Veranstaltungsraum, der sonst etwa 1000 Teilnehmern Platz bietet. In Abstimmung auch mit der Senatskanzlei sei im VEEK-Vorstand die Entscheidung getroffen worden, das traditionelle Treffen nicht wie im Vorjahr abzusagen und die Reden nur per Video zu übertragen, sondern diesmal ein Hybridformat zu wählen, erklärte der VEEK-Vorsitzende Gunter Mengers: „Bei aller gebotenen Vorsicht erscheint es uns wichtig darzustellen, dass wir uns natürlich auf die Situation einzustellen haben, aber ihr eben nicht alles unterordnen sollten.“ Wie Tschentscher waren die Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) persönlich anwesend.

Bei der Bekämpfung der Pandemie leiste die Wirtschaft einen großen Solidarbeitrag „durch die Schließung ihrer Geschäfte, durch Kontrollen, durch die Unterstützung der Impfkampagne und durch viele weitere Maßnahmen“, sagte Aust. Dafür müsse sie ebenso solidarisch entschädigt werden. Die Unternehmen brauchten weiterhin an die Situation angepasste Hilfen – „und einen pragmatischen Umgang mit möglichen Rückzahlungen“. Zudem gehöre mehr wirtschaftliche Kompetenz in die Corona-Krisenstäbe, so Aust. Das sichere rechtzeitige Information und vermeide Fehler.

Ausbau der Straßen für den Hafen wichtig

Großen Raum in Austs Rede nahm die Hafenpolitik ein. „Wir müssen uns eingestehen, dass die für den Hafen im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise erkennbar nötig gewordenen Weichenstellungen in den letzten Jahren leider ausgeblieben sind“, sagte der Kammer-Präses. So brauche der Hafen auch den Ausbau der Straßen, wie zum Beispiel der A26-Ost (eine geplante Querverbindung zwischen den Autobahnen 1 und 7 im Hamburger Süden) und eine zügige – „und ich betone hier ausdrücklich zügige“ – Planung und Realisierung einer neuen Köhlbrand-Querung.

Eine gemeinsame Vermarktung der norddeutschen Seehäfen unter einer Dachmarke und eine engere Kooperation  der Verwaltungen seien bislang ungenutzte Möglichkeiten, um die deutschen Seehäfen im harten internationalen Wettbewerb zu stärken, sagte Aust. Der angestrebten Fusion der jeweils mindestens teilweise städtischen Hafenbetreiber in Hamburg und Bremen steht er aber skeptisch gegenüber. Denn „politische Eingriffe in den Wettbewerb“ führten regelmäßig zu sinkender Effizienz.

„Moorburg ist seit 40 Jahren Hafenentwicklungsgebiet"

Um die Potenziale des Hamburger Hafens und seine Rolle bei der Klimawende aufzuzeigen, habe die Handelskammer das Konzept eines Energie- und Klimahafens in Moorburg entwickelt, so Aust: „Moorburg ist seit 40 Jahren Hafenentwicklungsgebiet. Seit 40 Jahren ist nichts geschehen.“ Mit der geplanten Entwicklung des Kraftwerks Moorburg zu einem Produktionsstandort von grünem Wasserstoff habe der Senat zwar jüngst einen wichtigen Impuls gegeben. Damit Hamburg bei der Nutzung der  Zukunftstechnologie sogar international Technologieführer werden könne, sei allerdings entschlossenes Handeln Voraussetzung. „Aber als die ersten Containerladungen Wasserstoff als Pilotprojekt aus Abu Dhabi nach Hamburg geholt werden konnten, scheiterte dies offenbar an einem Zuständigkeitskonflikt zwischen der Wirtschafts- und der Umweltbehörde“, sagte Aust.

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Auch bei der Entwicklung der Innenstadt gebe es zu viele einzelne Interessenvertretungen, derzeit würden sechs verschiedene Behörden und mehr als 25 verschiedene Gesprächskreise an dem Thema arbeiten. „Es muss allen Akteuren klar sein: Ein paar Parkbänke, schöne Fassaden und neue Büros am Hauptbahnhof werden für eine tatsächliche Transformation der Innenstadt nicht reichen“, sagte der Kammer-Präses: „Warum nicht das schon seit Langem geplante Science Center oder das Naturkundemuseum in der neuen Halle des Hauptbahnhofes umsetzen?“

Hamburger Innenstadt muss weiterentwickelt werden

Das Ziel müsse es sein, die Innenstadt zu einem Ort mit vielen Funktionen wie Einkaufen, Arbeiten und Freizeitgestaltung zu entwickeln und sie zu einem Ort für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen zu machen.

Auch die Verkehrssituation in Hamburg insgesamt müsse hier mitgedacht werden. „Aktuelle Straßenumbauplanungen, das Anwohnerparkprogramm oder das Baustellenmanagement zeigen, dass nicht alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen beachtet werden“, so Aust: Der Wirtschaftsverkehr muss dringend wieder stärker in den verkehrspolitischen Fokus rücken, damit die Mobilitätswende nicht zum Mobilitätsende für die Wirtschaft wird.“

Handelskammer Hamburg: Lob für Malte Heyne

VEEK-Chef Mengers zeigte sich in seiner Rede erfreut über den Wandel der Handelskammer seit der Plenarwahl 2020. Er hob den neuen Hauptgeschäftsführer Malte Heyne namentlich heraus: „Sie machen es schlicht und ergreifend gut. Endlich haben wir wieder eine leistungsfähige Geschäftsführung.“