Hamburg. Auktionen und Zwangsversteigerungen sind alternative Wege, um an ein Haus zu kommen. Wer mitmacht, sollte vorsichtig sein.
Wer auf den ersten Blick beim Immobilienportal Immonet nicht so genau hinschaut, könnte denken, ein Schnäppchen entdeckt zu haben. Ein großes Einfamilienhaus in Heimfeld mit weitläufigen Grundstück für 575.000 Euro? Der Preis pro Quadratmeter Wohnfläche (3100 Euro) liegt nach dem LBS-Immobilienmarktatlas 600 Euro unter dem Durchschnitt in diesem Stadtteil.
Doch knapp 600.000 Euro sind nur das Mindestgebot. Versteigert werden soll die Immobilie am Sonnabend zusammen mit anderen Objekten bei einer virtuellen Auktion der Norddeutschen Grundstücksauktionen AG (NDGA).
Immobilienpreise: Käufer in Hamburg überbieten sich
Auktionen, Bieterverfahren bei Maklern und die klassischen Zwangsversteigerungen bei Gericht: Für viele potenzielle Immobilienkäufer sind das die letzten Möglichkeiten an eine Immobilie zu kommen, wenn die klassische Suche auch nach Jahren nicht erfolgreich war. Doch damit gehen die Erwerber auch größere Risiken ein.
NDGA verspricht „Immobilien verkaufen zum Höchstpreis“, denn bei den Bieterrunden käme es zu einer verkaufsfördernde Eigendynamik, in der sich immer wieder sogenannte Bietergefechte entwickelten. „Im Gegensatz zu rein regional agierenden Maklern erreichen wir mit unseren Immobilienauktionen einen viel größeren Kreis möglicher Immobilienkäufer, der weit über den Wohnort des Anbieters hinausgeht“, sagt Kai Rocholl, Auktionator und Vorstand der NDGA.
„Da in der Auktion in wenigen Minuten eine Entscheidung erforderlich ist, gehen die Interessenten an ihre absolute Schmerzgrenze.“ Im vergangenen Jahr wurden 1460 Immobilien versteigert. „Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren immer mehr Eigentümer den Weg zur Auktion finden“, so Rocholl.
Weniger Zwangsversteigerungen in Hamburg
Das Einfamilienhaus in Heimfeld mit rund 1200 Quadratmeter Grundstück und 185 Quadratmeter Wohnfläche, Baujahr 1973, kann also noch deutlich teurer werden. Modernisierung und Renovierung des Objekts kommen noch hinzu, denn die großen alten Fensterflächen dürften der Energieeffizienz nicht dienlich sein. Die Ölheizung ist mehr als 20 Jahre alt. Im Inneren dominieren beige-braune Farbtöne.
Doch um zum Bieter für Immobilien zu werden, bedarf es in Hamburg keiner Auktionen. Auch Makler nutzen im Auftrag ihrer Kunden diese Methode. Nur sprechen wollen sie so gut wie gar nicht darüber. Während vor einigen Jahren in Ballungsräumen wie Hamburg noch 20 bis 30 Prozent der Immobilien in gefragten Lagen auf diese Weise den Besitzer wechselten, ist der Trend auf Grund der immer weiter gestiegenen Preise jetzt rückläufig.
„Bieterverfahren waren in Hamburg schon einmal beliebter, ihr Anteil liegt inzwischen unter zehn Prozent“, sagt Lars Schult, Spezialist für Baufinanzierung bei Dr. Klein in Hamburg. „Viele Interessenten haben keine Lust mehr, sich daran zu beteiligen und überhöhte Preise zu zahlen.“
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Kein fester Kaufpreis vorgegeben
Es wird in der Regel kein fester Kaufpreis vorgegeben. So wird von Sparda Immobilien ohne Mindestgebot eine modern ausgestattete Doppelhaushälfte mit 172 Quadratmeter Wohnfläche angeboten. Preis: Verhandlungsbasis. „Die Interessenten setzen einen Preis fest, den sie bereit sind, für das Haus oder die Wohnung zu zahlen“, heißt es zum Bieterverfahren bei McMakler.
„Je mehr Interessenten beim Bieterverfahren miteinander konkurrieren, desto schneller schraubt sich die Preisspirale nach oben“, sagt Felix Jahn, Gründer von McMakler. „Durch diesen Wettbewerbseffekt erzielt die angebotene Immobilie oftmals einen besseren Verkaufspreis als bei einer üblichen Verkaufsmethode.“
Bauherren-Verband warnt: Nicht übernehmen
„Wer bei solchen Bieterverfahren mitmachen will, muss sich das leisten können“, sagt Karl-Heinz-Schneider vom Verband Privater Bauherren. Es bestehe die große Gefahr, dass man sich übernimmt. Er rät Immobilieninteressenten sich strikt an ein selbst gesetztes Limit zu halten.
„Am Ende entscheidet der Eigentümer, wer den Zuschlag bekommt und das ist meist der mit dem höchsten Gebot, der gleichzeitig am schnellsten eine von der Bank abgesegnete Finanzierung beibringen kann“, weiß der Bau-Sachverständige.
Kritik der Verbraucherschützer bei Immobilienkauf
Auch die Verbraucherschützer sehen die Bieterverfahren der Makler kritisch. „Die Gefahr ist groß, dass man im Eifer der Gefechts ein Angebot abgibt, dass man sich nicht leisten kann“, sagt Alexander Krolzik, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg. Ein Limit sei zwar sinnvoll, nur wisse man vorher nicht, mit welchen Geboten die Mitbewerber um sich schmeißen.
Der Verkäufer ist dabei in einer sehr komfortablen Position, denn für ein solches Bieterverfahren gibt es keine gesetzliche Regelung (siehe Grafik). Die Folgen sind gravierend: „Ob ein Wohnungs- oder Hausverkäufer das Höchstgebot für seine Immobilie beim Bieterverfahren annimmt oder ausschlägt, entscheidet er selbst“, sagt Jahn.
Vorsicht vor Zusatzkosten
Der Verkäufer kann auch einem anderen Bieter den Zuschlag erteilen, weil zum Beispiel seine Finanzierung sicherer erscheint. Auch ein Rücktritt vom Verkauf ist möglich. Im Gegenzug ist das Gebot des Höchstbietenden bis zur notariellen Beurkundung des Kaufvertrags ebenfalls nicht rechtlich bindend. „So ein Makler-Bieterverfahren ist immer völlig unverbindlich“, sagt Auktionator Rocholl.
Auch im Anschluss könne noch alles Mögliche verhandelt werden, oder es finde gar kein Verkauf statt. „Auf den Auktionen kommt mit dem dritten Hammerschlag ein Vertrag zustande. Ein anwesender Notar fertigt eine Urkunde aus, die auch zuvor geprüft werden kann und alles ist fix“, sagt Rocholl.
Ähnlich läuft es bei Zwangsversteigerungen, die in Hamburg aber seltener werden. Mit 94 Terminen wurde 2020 laut der Daten des Argetra-Verlages der niedrigste Stand seit 2010 verzeichnet. Auf Immobilienportalen werden Interessenten dennoch fündig.
Bieterverfahren oft weniger riskant
Allerdings hat sich die Preisentwicklung auch hier auf die Verkehrswerte ausgewirkt, etwa 140.000 Euro für eine 29 Quadratmeter große Wohnung oder ein Einfamilienhaus mit 125 Quadratmeter Wohnfläche für 490.000 Euro. Innenbesichtigungen sind bei solchen Objekten meist nicht möglich. Beim Ersttermin darf die Gläubigerbank Gebote unter 70 Prozent des Verkehrswertes ablehnen. Doch häufig entwickelt sich auch bei Zwangsversteigerungen ein Bieterwettbewerb.
Bei Auktionen und Zwangsversteigerungen gehen Käufer wesentlich größere Verpflichtungen als bei einem Bieterverfahren ein. Denn bei einer Zwangsversteigerung muss bereits nach dem ersten Gebot eine Sicherheitsleistung von zehn Prozent des Verkehrswertes hinterlegt werden. Diese Regelung gilt für Kaufpreise auf Hamburger Niveau auch bei der NDGA. Zusätzlich zahlt der Käufer bei dem Auktionshaus ein Aufgeld in Höhe von 7,14 Prozent auf sein Meistgebot. Das ist gut doppelt so viel wie die aktuelle Maklercourtage für Käufer.