Hamburg. Vier Anbieter im Abendblatt-Test: Was leisten Share Now, WeShare, Sixt Share sowie Miles – und mit welchen Kosten muss man rechnen?

Die aktuelle Politik des Senats unter anderem beim Thema Parkplätze macht es Hamburgern nicht gerade leichter, einen eigenen Pkw zu fahren – und das ist im Sinne der angestrebten Verkehrswende auch so gewollt. Hinzu kommt, dass immer mehr Hansestädter gerne ein Elektroauto fahren möchten, aber keine Möglichkeit haben, es an einem eigenen Stellplatz aufzuladen.

Beide Faktoren tragen zu einem wachsenden Interesse an Car-Sharing-Angeboten bei. Dabei konnte in den vergangenen Jahren vor allem das stationsungebundene Car-Sharing (im Branchenjargon „free-floating“ genannt) zulegen. Hier werden die Autos an beliebigen Stellen innerhalb eines festgelegten Geschäftsgebiets geparkt. Man findet die Wagen über eine Karte in der App des Anbieters und mit dieser App wird das Fahrzeug dann auch aufgeschlossen.

Für alle, die überlegen, ob sich diese Form der Auto-Nutzung für sie lohnen könnte, hat das Abendblatt die Tarife vier in Hamburg aktiver Unternehmen – Share Now, WeShare, Sixt Share und Miles – anhand von drei angenommenen Nutzerprofilen verglichen.

Verkehr Hamburg: Wie gut sind die Preise vergleichbar?

Eines ist allen Anbietern gemeinsam: Es handelt sich um echte Inklusivpreise, sogar Parkgebühren und der Treibstoff beziehungsweise der Fahrstrom sind enthalten. Dazu findet man eine Tankkarte im Auto, die an bestimmten Partnertankstellen eingesetzt werden kann.

Wegen der unterschiedlichen Preissystematik ist die Vergleichbarkeit aber eingeschränkt. Share Now, WeShare und Sixt Share rechnen im Basistarif die Nutzung pro Minute ab, Miles hingegen verwendet Kilometerpreise – jeweils abgestuft nach Auto-Modell, außer bei We Share, denn bisher stellt das Unternehmen in Hamburg nur den Volkswagen ID.3 zur Verfügung. Ansonsten wurde für den Vergleich jeweils der günstigste Typ gewählt: der VW Polo bei Miles, der Smart ForTwo bei Share Now und die Modelle Opel Corsa, Renault Zoe oder BMW i3 bei Sixt Share.

Darüber hinaus gibt es bei allen Anbietern noch Stunden- oder Tagestarife mit Inklusiv-Kilometern. WeShare und Miles halten die Preisstruktur einfach, Share Now und Sixt Share bieten mehr unterschiedliche Optionen. Nimmt man noch Rabattsysteme (bei WeShare, Miles und Share Now) hinzu, so kann schon bei einem einzelnen Unternehmen eine aufwendigere Rechnung erforderlich sein, um die vorteilhafteste Tarifvariante herauszufinden. So unterscheidet We­Share beim Minutenpreis zum Teil auch zwischen Fahr- und Parkzeiten.

Sind die beworbenen Preisangaben überhaupt verlässlich?

Zwei der Anbieter, Share Now und Sixt Share, arbeiten beim Grundtarif mit unbestimmten Preisangaben. Beide nennen einen Basispreis „ab 0,09 Euro“ pro Minute. „Unsere Preise sind dynamisch, das bedeutet, dass diese unter anderem je nach Zeit und Ort der Anmietung sowie Fahrzeugmodell variieren“, heißt es dazu bei Sixt Share.

Zu den Zeiten, in denen das Abendblatt die Angebote verglichen hat, lag der niedrigste Preis für Autos von Sixt Share (Renault Zoe, BMW i3) in Hamburg laut der App allerdings bei 14 Cent je Minute. Share Now berechnete für einen Smart ForTwo in der Regel tatsächlich sogar 26 Cent pro Minute. Nur am äußersten Rand des Geschäftsgebiets waren wirklich Fahrzeuge für neun Cent pro Minute zu finden, etliche davon aber mit fast leerer Batterie.

Geht es auch ohne eine Grundgebühr?

Car-Sharing-Firmen werben gerne mit größtmöglicher Freiheit – und dazu gehört auch die Freiheit von monatlichen Grundgebühren. Tatsächlich verlangt sie keiner der vier Anbieter in diesem Vergleich. Doch offeriert WeShare das Abo-Modell „WeShare+“ für 9,90 Euro im Monat mit so kräftigen Vergünstigungen, dass es schon für Wenig-Nutzer lohnend ist.

Nicht ganz so attraktiv ist das Miles-Rabattprogramm „Miles Pass Silber“, das 15 Euro pro Monat kostet und dafür die Fahrten um zehn Prozent billiger macht. Der „Miles Pass Platin“ für 49 Euro bringt zwar Rabatte von bis zu 25 Prozent, lohnt sich im Abendblatt-Vergleich aber selbst für den Intensiv-Nutzer noch nicht. Bei Share Now gibt es den „Share Now Pass“ mit Rabatten auf den Minutenpreis, aber auch dieses Monats-Abo bringt für die hier gewählte Beispiel-Nutzung keinen Vorteil.

Eignet sich Car-Sharing auch für einen 14-tägigen Urlaub?

Für einen Familienurlaub, der zum Beispiel eine Mietzeit von 14 Tagen und 1500 Fahrkilometer sowie wegen des Gepäckvolumens mindestens einen Mittelklasse-Pkw erfordert, sind die hier verglichenen Car-Sharing-Angebote nicht geeignet. Sixt Share und WeShare sehen eine solche Langzeitmiete gar nicht vor. Bei Miles und Share Now würde das zwischen 800 und 1000 Euro kosten. Klassische Mietwagenanbieter verlangen dafür aber lediglich rund 600 Euro.

Ist Car-Sharing billiger als der eigene Pkw?

Das hängt natürlich davon ab, wie häufig die Car-Sharing-Angebote genutzt werden. In diesem Zusammenhang ist aber das Resultat einer Studie aus dem Jahr 2020, die von Wissenschaftlern unter anderem am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung RWI in Essen und an der Yale University erarbeitet wurde, interessant. Denn aus einer Umfrage unter 6000 Haushalten in Deutschland ergab sich, dass die tatsächlichen Gesamtkosten ihres Autos fast doppelt so hoch sind, wie die Verbraucher annehmen.

Nach Berechnungen des ADAC kommt zum Beispiel ein Smart ForTwo auf monatliche Gesamtkosten von rund 400 Euro. Bei einem Opel Corsa sind es mindestens knapp 500 Euro, beim VW ID.3 etwa 550 Euro und beim Golf schon gut 600 Euro. Der Wertverlust macht dabei stets den größten Teil des Betrages aus. Angesichts solcher Kosten kann selbst eine intensive Car-Sharing-Nutzung günstiger sein als der eigene Pkw, zumal man je nach dem jeweiligen Verwendungszweck ein passendes Auto mieten kann. Dagegen steht allerdings die Bequemlichkeit, das eigene Fahrzeug stets gleich vor der Tür zu haben und sich nicht immer wieder fragen zu müssen, welcher der vorteilhafteste Tarif ist.

Welche Regionen Hamburgs gehören zum Geschäftsgebiet?

Hier trifft die gleiche Kritik zu, die auch schon der Sammeltaxi-Fahrdienst Moia auf sich gezogen hat: Bedient werden nur diejenigen Stadtviertel, die auch ein dichtes HVV-Netz aufweisen. Gerade die Außenviertel, die nicht so gut durch den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bedient werden, gehören auch nicht zum Geschäftsgebiet der Car-Sharing-Anbieter. Man kann mit deren Autos zwar dorthin fahren, die Miete aber nicht außerhalb des Geschäftsgebiets beenden.

Dieses Gebiet ist bei allen vier Anbietern ähnlich geschnitten: Es reicht von Blankenese (WeShare) oder auch nur von Groß Flottbek (Sixt Share, Share Now, Miles) im Westen bis Horn (Sixt Share) oder Billstedt (WeShare, Miles) im Osten. Im Süden bildet die Elbe die Grenze – mit Ausnahme von zwei kleinen Bereichen in Wilhelmsburg und Harburg bei Miles. Weite Wohngebiete wie Rahlstedt, Volksdorf oder Langenhorn gehören nicht zu den Geschäftsgebieten. Lediglich Share Now deckt den südlichsten Teil von Niendorf ab, sonst bleiben auch Niendorf, Schnelsen und Lurup außen vor.

Wie wird der Führerschein geprüft?

Da es keine Abholstation gibt, muss auch die Überprüfung des Führerscheins durch Scannen in der App erfolgen. Im Abendblatt-Vergleich gelang das mit einem alten grauen Pappdokument, ausgestellt im Jahr 1981, aber bei keinem der vier Anbieter. Im Jahr 2019 hatten sich zudem Datenschützer daran gestört, dass ein spezieller Dienstleister, der die Verifizierung der Führerscheine für Car-Sharing-Firmen übernimmt, in Indien ansässig ist – dort hat Datenschutz keinen so hohen Stellenwert. Von Miles hieß es, auch ältere Führerscheine könnten verifiziert werden, das erfordere aber eine „zusätzliche Prüfung“.

Durch den anstehenden Austausch der Führerscheine werde das aber „sicherlich bald obsolet“. Und weiter: „Unser Verifizierungspartner hat diverse Verifizierungszen­tren, dazu gehört auch ein Zentrum in Indien“. Hier würden aber nur „Spezialfälle“ behandelt. Außerdem würden hier „nie die gesamten Informationen geteilt“, sondern immer nur ein Bruchteil. Sixt Share gibt an, die Prüfung von Dokumenten erfolge entweder intern oder über ein „deutsches Unternehmen mit Service Centern in Europa“.

Wie lautet das Fazit?

Car-Sharing der hier beschriebenen Art hat für Hamburger in Stadtvierteln mit hoher Einwohnerdichte und knappen Parkplätzen, wie in Eimsbüttel, Eppendorf oder Ottensen, zweifellos einige Vorteile. Das gilt besonders, wenn man das Auto nur jeweils für kürzere Zeit und ergänzend zum ÖPNV nutzt. Für die angenommenen Muster-Anwendungen ist Miles die insgesamt beste Wahl, Intensiv-Nutzer fahren aber bei WeShare (nur mit dem Abo-Modell WeShare+) noch etwas günstiger. Wegen der recht unterschiedlichen Tarifstruktur dürfte es allerdings sinnvoll sein, sich nicht nur bei einem einzigen Anbieter zu registrieren. Auf diese Weise kann man jeweils die günstigste Offerte wählen. Das macht etwas Mühe, lohnt sich aber offenbar.