Hamburg. Flugzeugbauer fährt Produktion 2023 auf 64 Maschinen pro Monat hoch – und es sind noch mehr Flieger geplant.
Anfang April des vergangenen Jahres verkündete Airbus die Konsequenzen aus der Corona-Krise und dem damit verbundenen Quasi-Kollaps des Luftverkehrs. Die Produktionsraten für Flugzeuge wurden um ein Drittel gekürzt. Knapp 14 Monate später sieht der europäische Konzern Licht am Ende des Tunnels. „Die Luftfahrtbranche beginnt sich von der Covid-19-Krise zu erholen“, sagte Airbus-Chef Guillaume Faury am Donnerstag und verkündete, dass die Fertigung wieder hochgefahren werde.
Besonders kräftig nach oben geht es bei der A320-Familie, die zu mehr als der Hälfte auf Finkenwerder endmontiert wird. Derzeit werden an den vier Standorten Hamburg, Toulouse, Tianjin (China) und Mobile (USA) 40 Flieger im Monat zusammengebaut. Im vierten Quartal sollen es durchschnittlich 45 sein.
2023 sollen es 64 Flieger der A320-Familie sein
Für das zweite Quartal 2023 wird mit einer „festen Rate von 64“ geplant – das wäre mehr als vor der Krise und so viele wie nie. Anfang 2020 waren es 60 Jets pro Monat der vor allem auf Kurz- und Mittelstrecken eingesetzten Maschinen.
Mit einer Erholung des Marktes auf das Niveau des Jahres 2019 rechnet Airbus weiterhin zwischen 2023 und 2025. Zuerst soll dabei das Geschäft der Single-Aisle-Klasse anziehen, also der Flugzeuge mit einem Mittelgang – und das könnte zu weiteren Produktionssteigerungen führen.
Sogar die Rate 75 wird erwogen
In Erwartung eines sich weiter erholenden Marktes fordert Airbus seine Zulieferer außerdem auf, ein Szenario mit einer Rate von 70 bis zum ersten Quartal 2024 zu ermöglichen, so der Flugzeugbauer. Für 2025 stellte der Konzern sogar die Rate 75 in Aussicht. Für den Hochlauf stelle man das industrielle System neu auf, so Faury, und optimiere die Flugzeugstrukturmontage – dies stößt allerdings auf erheblichen Widerstand der Arbeitnehmervertreter.
Auch bei anderen Programmen gehen die Raten hoch. Beim Großraumjet A350 sollen ab Herbst 2022 sechs statt fünf Flieger pro Monat das Werk in Toulouse verlassen. Vom kleinsten Flieger A220 – der ehemaligen Bombardier C-Series – sollen in Mirabel (Kanada) und Mobile ab Anfang des nächsten Jahres sechs statt fünf Flugzeuge pro Monat ausgeliefert werden. Mitte des Jahrzehntes könnte die Rate sogar auf 14 steigen.
Hamburger Zuliefererverein spricht von „richtigem Signal“
Bei den Zulieferern in Hamburg ist man über die Ratenerhöhung erfreut. „Das ist genau das richtige Signal, das viele Betriebe jetzt auch brauchen“, sagte Nils Stoll dem Abendblatt. Er ist geschäftsführender Vorsitzender von Hanse-Aerospace. In dem Verein sind rund 140 Zulieferer der Luft- und Raumfahrtindustrie mit 15.000 bis 20.000 Beschäftigten in der Metropolregion zusammengeschlossen. Geschätzt bis zu 95 Prozent sind von Airbus abhängig.
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Bisher habe man in der Krise noch nicht viele Mitgliedsfirmen verloren. Es könnte aber für einige eng werden, wenn die Tilgung der Corona-Kredite – meist nach einem Jahr Laufzeit – beginne, so Stoll: „Die Stunde der Wahrheit kommt erst noch.“
Ende der Kurzarbeit bei Weltmarktführer für Flugzeugspiegel in Sicht
Für sein Unternehmen ist der Geschäftsführer von Krüger Aviation optimistisch. Die Firma in Barsbüttel stellt Spiegel für Waschräume von Flugzeugen her und gilt als Weltmarktführer dafür.
Spätestens ab Juli sei man komplett aus der Kurzarbeit heraus. „Wir sind durchweg positiv unterwegs momentan“, sagte Stoll, der für alle hochlaufenden Airbus-Modelle die Spiegel liefert.
Airbus-Aktie legt bis zum Mittag deutlich zu
An der Börse kamen die Airbus-Pläne gut an. Die Aktie notierte am Mittag bei gut 104 Euro rund sieben Prozent höher als am Vortag. Die Investmentbank Jefferies nannte die Produktionsraten für die A320-Familie die größte positive Überraschung.
Die Einstufung blieb aber auf „Halten“ mit Kursziel 90 Euro. Vom Bankhaus Oddo BHF hieß es, dass die avisierten Produktionsraten zehn bis 20 Prozent höher als bisher geschätzt seien.