Hamburg. Bei der langen Sitzung protestieren nicht nur Hafenarbeiter. Es geht auch um eine Schule und die Sorge vor zu wenig Frischluft.
Die parlamentarische Auseinandersetzung über den umstrittenen Teilverkauf des Hafenkonzerns HHLA an die Schweizer Reederei MSC geht auf die Zielgerade. Am Donnerstag beriet ein letztes Mal der Haushaltsausschuss über den geplanten Deal, bevor in den kommenden Wochen die Bürgerschaft darüber entscheidet. SPD und Grüne machten mit ihrer Mehrheit den Weg dafür frei.
Nachdem der Ausschuss in den vergangenen Wochen vor allem Experten zu dem Vertrag befragt hatte, den der Hamburger Senat mit MSC vereinbarte, konnte nun jeder Bürger seine Meinung dazu äußern. 38 nutzten die Chance, wobei die Mehrheit Hafenarbeiter waren, die das Vorhaben des Senats rundweg ablehnen.
Haushaltsausschuss stimmt nach Mammutsitzung für MSC-Deal
Schon vor Beginn der Sitzung versuchten sie mit einer Spontandemonstration vor dem Sitzungsgebäude ihren Protest zu äußern. Doch kaum hatten sie damit begonnen, ihre Transparente zu entrollen, wurden sie von der Polizei gestoppt. Sie hatten schließlich keine Demo angemeldet.
Der Saal war gut gefüllt. Die angemeldeten Redner mussten auf der Empore Platz suchen, viele mussten stehen, vielfach waren es Betriebsräte der HHLA und des Gesamthafenbetriebs.
Eltern bangen wegen MSC-Neubaus um Campus Schule
Los ging die öffentliche Anhörung aber mit einem Vertreter des Elternrats der Campus Schule in der HafenCity. Ihm ging es weniger um die Auswirkungen des MSC-Deals auf den Hafen als vielmehr auf die HafenCity.
MSC will nämlich nicht nur mehr Container in die Hansestadt bringen, sondern auch seine Deutschlandzentrale von Bremen hierher verlegen. Für den Neubau hat die Reederei von der Stadt ein Grundstück in der HafenCity erhalten.
Nachbarschaftsverein sorgt sich um Frischluft
Unglücklicherweise liegt dieses direkt neben der Campus Schule. Und die fürchtet den Baulärm. „Das Baufeld ist nur 20 Meter von den Containern entfernt, in denen die Kinder lernen sollen“, sagte der Elternvertreter.
Auch der Nachbarschaftsverein HafenCity will die neue Ansiedlung verhindern, die Kaltluftströme würden dadurch blockiert, sagte eine Vertreterin und zeigte dazu eine Grafik: „Das neue MSC-Gebäude würde die HafenCity von der Hauptluftzufuhr abschotten“, so ihr Argument.
Auf den Kern der Sache kam aber der nächste Sprecher: Christian Baranowski ist Konzernbetriebsratschef der HHLA. Er warnte davor, die HHLA von einem einzigen Reedereikunden abhängig zu machen.
Hafenarbeiter fürchten, dass HHLA zum Spielball von MSC wird
Wie berichtet, will der Hamburger Senat die HHLA neu ordnen und künftig zusammen mit MSC führen. Die Stadt soll dazu ihre Anteile an der HHLA von derzeit knapp 70 Prozent auf 50,1 Prozent reduzieren. Die restlichen Anteile werden an die Reederei verkauft, die zusammen mit den aufgekauften Aktien aus dem Streubesitz bis zu 49,9 Prozent der HHLA erhält.
„Das hat nicht nur Auswirkungen auf den Hafen, sondern auf die europäischen Lieferketten insgesamt“, sagte Betriebsrat Baranowski. „Wir haben die Sorge, dass die HHLA zum Spielball der MSC wird.“
So gab es zahlreiche Wortbeiträge zu den verschiedenen Facetten des Deals – lange, kurze, vorgeschriebene Reden, spontane Einwürfe. Insgesamt drei Stunden konnten die Hamburger ihre Meinung zum MSC-Deal wiedergeben.
SPD und Grüne machen Weg für MSC frei
Am Ende einte sie alle eines, das Norbert Hackbusch von der Linksfraktion abbschließend zusammenfasste: „Es gab nicht einen einzigen Beitrag, der das Vorhaben des Senats gutheißt.“
Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel (beide SPD) kann man nicht vorwerfen, dass sie die Reden ignorierten. Im Gegenteil. Anders als manche Abgeordnete des Haushaltsausschusses hörten sie konzentriert zu und waren anschließend bemüht, alle Fragen zu beantworten.
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Die Opposition konnten die beiden allerdings bis zum Schluss nicht überzeugen. CDU, Linke und AfD stimmten nach sechseinhalb Stunden Sitzung gegen den Deal. Auch der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, der SPD-Abgeordnete Mathias Petersen, versagte seine Zustimmung. Am Ende hielt aber die Regierungsmehrheit.