Hamburg. Erste Anbieter sagen Reisen durch das Rote Meer wegen Rebellen-Angriffen ab. Deutsche Reeder zögern noch. Die Hintergründe.
Anfang vergangener Woche traf MSC Cruises eine überraschende Entscheidung. Unerwartet für den Rest der Branche sagte die Schweizer Reederei ihre geplanten Kreuzfahrtreisen aus dem Orient und aus Afrika nach Europa ab. Solche sogenannten Transreisen, bei denen die Schiffe nach der Wintersaison in Asien oder dem Orient zurück nach Europa transferiert werden, sind immer gern gebucht: Sie dauern mehrere Wochen – und sie führen durch den Suezkanal. Doch nun verzichtet MSC darauf. Grund sind die seit Wochen anhaltenden Überfälle von Huthi-Rebellen aus dem Jemen auf Schiffe im Roten Meer, der Zufahrt zum Suezkanal.
Um die Gäste zu schützen, seien die Kreuzfahrten vorsorglich abgesagt worden, da man derzeit keine potenzielle Verbesserung der Lage wahrnehmen könne und bis zur geplanten Abfahrt auch nicht erwarte, hieß es von MSC. Damit setzt das Unternehmen die gesamte Branche unter Druck. Insbesondere die deutschen Kreuzfahrtanbieter haben sich nämlich bisher um die Entscheidung gedrückt, ob sie ihre Schiffe an Jemen und dem Golf von Aden vorbei in den Suezkanal schicken werden.
Suezkrise wirbelt Kreuzfahrtpläne durcheinander
Die Verlautbarungen der deutschen Konkurrenten könnten alle von ein und derselben Person geschrieben worden sein: Die Gesundheit der Gäste und der Crew stehe an erster Stelle. Man beobachte die Lage aufmerksam. Entscheiden will man aber derzeit nicht. Dabei geht es nicht nur um zwei oder drei Reisen: Allein bei der Hamburger Reederei TUI Cruises sind zwei Schiffe mit acht Reiseetappen betroffen. Bei dem in Rostock und Hamburg ansässigen Anbieter sind es drei Schiffe mit zwölf Etappen.
Die erste Fahrt, um die es geht, ist die Reise der „Mein Schiff 2“ am 9. März von Dubai nach Antalya in der Türkei. Mitte März soll sie den Kanal passieren. Im Mai folgt dann die „Mein Schiff 5“ aus Hongkong kommend über Dubai nach Heraklion auf Kreta. Ob die Reisen wirklich stattfinden, wissen die Passagiere derzeit nicht. Seit Ausbruch des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen die Huthi immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an.
Raketenangriffe auf unbeteiligte Schiffe
Aber auch komplett unbeteiligte Schiffe sind vor Drohnen- oder Raketenangriffen nicht gefeit. Selbst ein Frachtschiff der Hamburger Schifffahrtsgesellschaft Hapag-Lloyd war im Dezember Opfer eines Huthi-Überfalls geworden. Glücklicherweise ohne größere Schäden. Aber viele Reedereien meiden seitdem die Route. Und was macht die Kreuzfahrtbranche?
„Selbstverständlich beobachten wir die besorgniserregende Situation um das Rote Meer aufmerksam. Die Lage rund um die Straße von Bab al-Mandab bleibt aufgrund der dynamischen Entwicklung aktuell eine Herausforderung für eine längerfristige Vorausplanung“, teilte TUI Cruises mit. „Daher überprüfen und bewerten wir das Routing unserer anstehenden Reisen mit der ,Mein Schiff 2‘ und der ,Mein Schiff 5‘ kontinuierlich hinsichtlich der aktuellen Lage und in enger Abstimmung mit lokalen Behörden und Agenturen.“
Aida-Geschäftsführung wägt noch die Risiken ab
Kaum besser ergeht es den Passagieren von Aida Cruises. Da betrifft es die „Aidablu“, die bereits Mitte März von den Seychellen kommend durchs Rote Meer und den Suezkanal nach Triest in Italien fahren soll. Ebenso betroffen ist die „Aidabella“, die von Shanghai über Dubai nach Palma de Mallorca übergeführt wird, und die „Aidaprima“, die am 30. März 38 Tage von Dubai nach Hamburg geroutet ist. Traut sich die Reederei angesichts der Gewalt rund um den Golf von Aden diese Reise zu?
Die Geschäftsführung lässt das offen: Wir beobachten die Situation sehr engmaschig und arbeiten eng mit den lokalen Behörden und Experten zusammen, um gegebenenfalls weitere Entscheidungen zu Fahrplananpassungen abzuleiten. Die Sicherheit unserer Gäste und Crew hat für uns jederzeit oberste Priorität“, teilte das Unternehmen mit.
Kreuzfahrten: Aida reagiert auf Gaza-Krieg
Immerhin eine Entscheidung hat Aida für die Reisen ihrer drei Schiffe bereits gefällt: Der Krieg Israels gegen die Hamas ließ keine Alternative zu: „Aufgrund der Lage im Nahen Osten und deren Entwicklung werden wir Israel und das benachbarte Jordanien im Frühjahr 2024 nicht wie geplant anlaufen. Dies betrifft die Transreisen von „Aidablu“ sowie „Aidabella“ und „Aidaprima“ im April. Alle bereits gebuchten Gäste seien schon Anfang Dezember 2023 über die Fahrplanänderungen informiert worden.
Noch haben die deutschen Kreuzfahrtanbieter die Hoffnung, dass sich die Lage im Roten Meer schnell stabilisiert. Hintergrund ist, dass die USA bereits mit der Mission „Operation Prosperity Guardian“ mehr Militärpräsenz zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer zeigt. Zudem sind die USA und Großbritannien dazu übergegangen, aktiv Stützpunkte der Huthi-Rebellen im Jemen zu bombardieren. „Vielleicht ist der Spuk schon Ende Februar vorbei“, heißt es bei den Kreuzfahrtgesellschaften hinter vorgehaltener Hand.
Hapag-Lloyd Cruises prüft Alternativen
Etwas mehr Zeit für die Entscheidung hat die Hamburger Hapag-Lloyd Cruises mit ihren Luxusschiffen. Erst im Mai steht eine Reise mit der „Europa“ von Port Kelang in Malaysia nach Limassol auf Zypern an. Und dann folgen die Fahrten der „Europa“ und der „Europa 2“ im Herbst retour nach Sri Lanka.
Auch bei Hapag-Lloyd Cruises heißt es: „Im Moment prüfen und evaluieren unsere erfahrenen Kolleginnen und Kollegen aktiv mögliche Varianten. Sollten wir Anpassungen vornehmen, kommen wir selbstverständlich umgehend und unaufgefordert auf unsere gebuchten Gäste und Partner zu und bieten attraktive Alternativen an.“
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Doch welche sind das? Die Antwort darauf steht aus. MSC Cruises hat durchgegriffen und die sogenannten Transreisen nach Europa ersatzlos gestrichen. Die drei Kreuzfahrtschiffe, die hier betroffen sind, werden ohne Passagiere entlang der westafrikanischen Küste nach Europa zurückkehren.