Hamburg. Das Heißgetränk ist im Winter besonders beliebt. Ein Standbetreiber in Hamburg gibt einen kleinen Einblick in seine Kalkulation.

„Nach den Corona-Jahren haben viele Menschen wieder richtig Lust auf Weihnachtsmarkt“, sagt Miguel Heller, der seit fünf Jahren in der Mönckebergstraße im Winter einen Glühweinstand betreibt. „Aber viele beschweren sich über die hohen Preise.“ Heller nimmt 4 Euro für eine Tasse Glühwein mit 200 Milliliter (ml) Inhalt. Auf dem Weihnachtsmarkt vor dem Rathaus verlangt die Konkurrenz bereits 4,50 Euro.

Jedes Jahr steigen die Preise für Glühwein in fast allen deutschen Städten, wie eine Auswertung der Eventfirma „Activa“ zeigt: In Hamburg kostete der Glühwein im vergangenen Jahr durchschnittlich noch 3,67 Euro. Nun sind es 4,17 Euro – ein Plus von 13,6 Prozent. Die Preissteigerungen rechtfertigen die Verkäufer mit höheren Rohstoff- und Energiekosten. Wie viel Geld landet da am Ende in den Taschen der Standbetreiber?

Mönckebergstraße: Glühwein in der City – sonnabends bester Verkaufstag

Das ist ein gut gehütetes Geheimnis: Beim Weißen Zauber am Jungfernstieg will niemand etwas dazu sagen. Eine Verkäuferin auf dem Rathausmarkt schweigt lieber auf Abendblatt-Anfrage. Sie wolle „nicht auf den Deckel bekommen.“ Und auch Schausteller-Verbände wie der Landesverband des ambulanten Gewerbes und der Schausteller Hamburg nennen auf Nachfrage keine Zahlen. Miguel Heller mit seinem Stand vor der Sankt-Petri-Kirche gibt zumindest einen oberflächlichen Einblick in seine Kalkulation.

Unter dem Tresen, auf dem von außen das Logo eines roten Hirschkopfs prangt, verbirgt sich ein großer Tank, aus dem er seinen Glühwein zapft. Zwischen 700 und 800 Liter passen hinein. An den Tagen mit den meisten Kunden, also freitags und sonnabends, muss Heller den Tank zwischendurch sogar auffüllen. „Sonnabends gehen mindestens 1000 Liter Getränke über den Tresen“, sagt der 38-Jährige. Unter der Woche müsse er mindestens 200 Liter am Tag verkaufen, um wenigstens die Fixkosten zu decken.

Sein Glühwein koste im Einkauf 90 Cent bis 1,10 Euro je 200-ml-Tasse, sagt Heller. „In dieser Kalkulation sind aber ein Teil der Kosten für Personal, Strom und Standmiete schon enthalten“, ergänzt er. Das geht auch günstiger: Im Großhandel gibt es einen Liter Glühwein bereits zu viel geringeren Preisen. Und dann fällt der Gewinn pro Tasse für Verkäufer natürlich auch deutlich höher aus. Hellers Rechnung ist aber eine andere: „Wenn den Kundinnen und Kunden der Glühwein, Kakao oder Eierpunsch gut schmeckt, dann kommen sie immer wieder zu meinem Stand zurück.“ Zahlt Qualität sich tatsächlich aus?

Das verdient ein Glühweinhändler auf der Mönckebergstraße

Am Ende bleiben Heller eigenen Angaben zufolge rund 30 Cent Gewinn nach Steuern und allen anderen Ausgaben pro Tasse Glühwein. „Da sind dann Wareneinkauf, Personalkosten, Standmiete, aber auch alle Steuern und Kosten für die Reinigung und Lagerung des Stands im Sommer schon berücksichtigt“. Für seinen Glühweinstand in der gut besuchten Mönckebergstraße zahlt er nach eigenen Angaben „einen kleinen VW Golf“ pro Jahr. Dafür hat er auch Platz für einen 21 Quadratmeter großen Getränkestand sowie vier Außenstände mit Stehtischen.

Neben dem klassischen Glühwein verkauft Heller noch Kakao, Weiß- und Rosé-Glühwein, eine Heidelbeer-Variante sowie Eier- und Kinderpunsch. Welche Getränke neben dem Klassiker am beliebtesten sind, kann er nicht täglich verlässlich voraussagen. „Neulich war unerwartet ein Eierpunsch-Tag“, sagt er. „Da haben die Leute innerhalb von drei Stunden 30 Liter Eierpunsch bestellt.“ Normalerweise verkauft er diese Menge maximal an einem gut laufenden Sonnabend. Das sei manchmal wortwörtlich Mund-zu-Mund-Propaganda: „Die Kundinnen und Kunden sehen den Eierpunsch bei anderen Gästen und bestellen dann dasselbe.“

Mit das Wichtigste ist für den gelernten Koch bei allen Getränken eine gute Qualität. So habe er das in seiner Ausbildung im bekannten Fischereihafen Restaurant gelernt. Billigwein gebe es bei ihm nicht. Manche Betreiber würden Wasser zu ihrem Glühwein kippen, um die Gewinnmarge zu erhöhen, sagt Heller – für ihn ausgeschlossen. Und auch beim Eierpunsch setze er auf Markenprodukte. „Selbst unser Kakao kommt aus einer Dresdner Familienmanufaktur.“ Die Qualität lasse Heller sich etwas mehr kosten.

Mit den Weihnachtsmarkt-Einnahmen kann er die Wohnungsmiete zahlen

Von seinen Einnahmen aus den rund 40 Tagen Weihnachtsmarkt-Geschäft im Jahr könne er zu Hause seine Jahresmiete zahlen, sagt Heller. Gemeinsam mit seinen Kindern und seiner Freundin wohnt er in einer Vierzimmerwohnung auf St. Pauli, die rund 100 Quadratmeter umfasst. „Wenn es richtig gut läuft, ist auch noch eine Woche Sommerurlaub mit den Kids drin.“ Außerhalb des Weihnachtsmarkts betreibt er von Februar bis Oktober noch eine Eventvermietung mit Hüpfburg, Popcorn- und Zuckerwattestand. Ein Geschäft, das auch stark vom Wetter abhängt.

Mehr zum Thema

Wenn es regnet, schlägt sich das auf die Weihnachtsmarktbesuche nieder. „Kälte und Schnee halten die Menschen nicht davon ab, vorbeizukommen“, sagt Heller. „Aber Nässe schon.“ In der Vorweihnachtszeit arbeitet er sieben Tage die Woche, von 10 Uhr morgens bis 22 Uhr abends. „Da muss man gut auf sich achten.“ Essenziell in seinem Job seien warme Kleidung und gutes Schuhwerk. Kalt werde einem immer dann, wenn weniger zu tun ist: „Ab Donnerstag macht es mehr Spaß, da ist man auch mehr in Bewegung.“ Sechs bis sieben Personen arbeiten am Wochenende hinter dem schmalen Tresen und müssen sich gut koordinieren, um alle Bestellungen zügig zu bearbeiten. Womit Heller einen weiteren Kostenpunkt anspricht: das Personal.

Nach den Corona-Jahren sei es ihm nicht schwergefallen, Verkäuferinnen und Verkäufer für seinen Stand zu begeistern, sagt er. „Aber wirklich gute Leute zu finden, das ist schwer.“ Etwa zehn Personen beschäftigt der Glühweinstandbetreiber auf Minijob-Basis. Und auch da investiere er: Statt Mindestlohn zahle er 13 Euro pro Stunde, sagt Heller. Nach und nach habe sich das Team eingespielt. „Jetzt läuft alles richtig gut“, sagt er.