Hamburg/Bremen. Gewerkschaft warnt: Arbeitskräftemangel in Restaurants wird noch größer. Und manche Arbeitgeber zahlen nicht einmal Mindestlohn.
Deutschlandweit arbeiten etwa zehn Millionen Erwerbstätige für einen Stundenlohn, der weniger als 14 Euro pro Stunde beträgt. Das geht aus einer Studie hervor, die das Pestel-Institut im Auftrag der Gewerkschaft NGG (Nahrung, Genuss, Gaststätten) erstellt hat. „Wir müssen raus aus den Niedriglöhnen“, forderte der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler bei der Vorstellung der Studienergebnisse während des derzeit laufenden NGG-Gewerkschaftstags in Bremen. Er mahnte: „Heute muss der Staat einem Großteil der Menschen, deren Lohn die 14-Euro-Marke nicht überschreitet, finanziell unter die Arme greifen, obwohl sie arbeiten.“
In Hamburg arbeiten der Studie zufolge insgesamt 220.000 Erwerbstätige im Niedriglohnsektor: Neben 78.000 geringfügig Beschäftigten wie Minijobbern gehören dazu mehr als 142.000 Voll- und Teilzeitbeschäftigte. Insgesamt gibt es in Hamburg derzeit gut eine Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – mehr als jeder achte davon erhält also weniger als 14 Euro Stundenlohn.
Arbeit in Hamburg: 220.000 Hamburger bekommen unter 14 Euro pro Stunde
„Doch selbst 14 Euro garantieren Vollzeitbeschäftigten, die 45 Jahre gearbeitet haben, kein armutssicheres Leben im Alter“, sagte Matthias Günther, der Leiter des Pestel-Instituts. Er betonte: „Wenn ein Beschäftigter 45 Jahre in Vollzeit arbeitet, dann sollte er heute mindestens 16,50 Euro verdienen, um eine Bruttorente zu bekommen, die mit 1.500 Euro deutlich oberhalb der Grundsicherung liegt.“
Der beim Gewerkschaftstag im Amt bestätigte NGG-Vorstand um Guido Zeitler kritisierte, dass der Mindestlohn in Deutschland zum 1. Januar auf lediglich 12,41 Euro pro Stunde steigen solle. Ziel der Gewerkschaft sei, die Tarifbindung in mehr Betrieben und für mehr Beschäftigte zu erreichen. „In der Gastronomie liegt die Tarifbindung lediglich bei 33 Prozent und damit besonders niedrig“, sagte Zeidler.
Gastronomie Hamburg: Viele Fachkräfte wollen anderen Job
Besorgt zeigte sich die Gewerkschaftsspitze über den Fachkräfte-Schwund in der Gastronomie. Dort sei der Anteil der Beschäftigten, die eine Ausbildung absolviert haben, binnen zehn Jahren von 74 auf 46 Prozent gefallen, der Anteil der Hilfskräfte zugleich von 19 auf 48 Prozent gewachsen. „Viele Fachkräfte haben die Gastronomie während der Pandemie bereits verlassen. Aus Umfragen wissen wir, dass etwa ein Drittel es in naher Zukunft tun will. Vor allem wegen schlechter Bezahlung und ungünstiger Arbeitszeiten“, so der NGG-Vorsitzende.
In den kommenden Jahren erwarte man einen „noch massiveren Fachkräfteschwund“. Zumal die Zahl der Berufsanfänger, die in eine Gastro- oder Hotellerie-Ausbildung gehen, sehr deutlich schrumpfe. „Wir werden schon deshalb weniger Fachkräfte haben, weil keine mehr ausgebildet werden“, warnte die Gewerkschaftsspitze. Um die Branche wieder attraktiver zu machen, müsse es neben einer fairen Bezahlung daher auch eine Arbeitszeitreduzierung geben.
Gastronomie Hamburg: Manche Betriebe zahlen nicht mal Mindestlohn
Die Studie zeigt auch: Ein Teil der Gastronomiebetriebe in Hamburg zahlt noch nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 12 Euro. Das belegen Zahlen aus dem Bundesfinanzministerium über die Arbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls. Demnach hat sich die Zahl der Überprüfungen in den 4000 Hotels und Gastrobetrieben in der Hansestadt im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 auf 160 nahezu verdoppelt. Ähnlich sprunghaft stiegen die Zahlen der in der Branche eingeleiteten Ermittlungsverfahren und verhängten Geldstrafen. Festgestellt wurden auch 34 Verstöße gegen das Mindestlohngesetz. Im Vorjahreszeitraum waren es lediglich sechs gewesen.
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Doch die Gefahr, erwischt zu werden, ist weiterhin überschaubar. Rechnerisch taucht der Zoll nur alle 13 Jahre zur Kontrolle in einem Hamburger Gastronomiebetrieb auf. Die Gewerkschaft fordert: „Die Zahl der Kontrolleure muss mindestens verdoppelt werden.“