Hamburg. Gewerkschaft und Kirchen kritisieren möglichen Verkauf am Sonntag. Einige Händler verzichten aus Rücksicht auf ihre Mitarbeiter.

Um Geschenke für die Lieben und den Gänsebraten für Weihnachten zu besorgen, bleiben noch einige Wochen. Doch schon jetzt ist eine Debatte um die Frage entbrannt, ob die Geschäfte für die allerletzten Einkäufe auch an Heiligabend noch öffnen sollten. Schließlich fällt der 24. Dezember in diesem Jahr nicht ganz arbeitnehmerfreundlich auf einen Sonntag. Dennoch ist einigen Geschäften der Verkauf an dem Tag erlaubt. Werden Spätzünder also die Gelegenheit haben, selbst am Feiertag noch eine Packung Spekulatius für den Knabberteller unterm Tannenbaum zu besorgen, oder darf die Kassiererin ganz in Ruhe zu Hause den Kartoffelsalat mit Würstchen zubereiten?

Die Gewerkschaft Ver.di geht bereits gegen die Sonntagsöffnung auf die Barrikaden. Wie berichtet, ruft der Bundesvorstand in Berlin die Verbraucher zum Einkaufsverzicht so kurz vor dem Fest auf. Schließlich sollten sich auch Verkäufer ihre Familienfeier organisieren dürfen. „Die Einzelhandelsbeschäftigten haben einen Anspruch, nach dem anstrengenden Weihnachtsgeschäft in Ruhe Heiligabend zu feiern“, ergänzt Heike Lattenkamp von Ver.di Hamburg.

Verbraucher sollen Lebensmittel kaufen können

Für die Kritik hat der Handelsverband Nord kein Verständnis. „Auch die Gewerkschaften müssten ein Interesse am Erfolg des Einzelhandels haben, da es um die Sicherung von Arbeitsplätzen geht“, sagt Geschäftsführerin Brigitte Nolte. Erfahrungen mit Sonntagsöffnungen hätten gezeigt, dass Arbeitnehmer Sonntagszuschläge gerne in Anspruch nähmen. Für Verbraucher gehe es vor allem darum, sich mit Lebensmitteln für drei Tage zu versorgen.

Die Kirchen hingegen appellieren an betroffene Geschäfte, wenn möglich, am 24. Dezember nicht zu öffnen. „Es wäre mutig und ein Gewinn für alle“, sagt Manfred Nielen, Sprecher des Erzbistums Hamburg. „Wenn die Kunden ihre Einkäufe bereits am Sonnabend erledigen und die Geschäfte am Sonntag geschlossen bleiben, wird es für alle ein schönes Weihnachtsfest“, sagt auch Susanne Gerbsch von der Nordkirche.

Aufwand für drei Stunden Verkaufszeit sehr hoch

Obwohl die Meinungen auseinandergehen – wann die Läden in Deutschland öffnen dürfen, entscheiden die Bundesländer. Eine zeitlich befristete Öffnung für Heiligabend ist in den meisten Bundesländern zulässig, sofern vor allem Lebens- und Genussmittel im Angebot sind. In Hamburg dürfen Geschäfte, wenn der 24. Dezember auf einen Sonntag fällt, für höchstens drei Stunden bis längstens 14 Uhr öffnen – auch aus Rücksicht auf die Gottesdienste. Allerdings ist die Ladenöffnung nur Geschäften mit einem bestimmten Sortiment erlaubt (s. Kasten). Noch länger, sogar bis 17 Uhr, dürfen Läden in Bahnhöfen und an Flughäfen öffnen.

Leitartikel: Ladenöffnung? Zeit, sich zu besinnen!

Tatsächlich dürften in der Hansestadt nur wenige Supermärkte ihr Recht auf Sonntagsverkauf nutzen und ihre Kunden am vierten Advent bedienen, schätzt die Handelskammer Hamburg. Schließlich sei der Aufwand, für nur drei Stunden Verkaufszeit zu öffnen, sehr hoch, sagt Heiner Schote, Handelsexperte der Kammer. Immerhin müssten Fleisch- und Käsetheken und die Gemüseauslagen bestückt werden, sodass die Kaufleute einen Vor- und Nachlauf von ein bis zwei Stunden einkalkulieren müssten. Außerdem dürfte es für viele Kurzentschlossene überraschend sein, dass sie in diesem Jahr noch kurz vor dem Fest – selbst am Sonntag – die letzten Knödel oder Rotkohl bekommen könnten. „Die Händler, die öffnen, sollten also am besten viel Werbung machen“, empfiehlt Schote. Brötchen, Zeitungen und Weihnachtsbäume könnten die Verbraucher aber in jedem Fall auch noch an Heiligabend bekommen.

Aldi, Penny und Blume 2000 bleiben geschlossen

Auf geschlossene Türen dürften die Hamburger am 24. Dezember jedoch in den Einkaufszentren wie Europapassage, AEZ, EEZ oder Hamburger Meile treffen. „Sollten einzelne Supermärkte oder Bäckereien mit einem Öffnungswunsch auf uns zukommen, werden wir die Möglichkeit eines Zugangs zu diesen Shops prüfen“, sagt Christian Stamerjohanns, Sprecher des Betreibers ECE, auf Abendblatt-Anfrage. Bisher sei den Einkaufscentern aber kein entsprechender Fall bekannt.

Ausgeschlossen hat der Discounter Aldi, seine Geschäfte an Heiligabend zu öffnen. Das Unternehmen teilte kürzlich mit, dass die Nord- und Süd-Filialen geschlossen bleiben. Die Begründung: „An Heiligabend denken wir hier vor allem an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach einer langen, intensiven Woche in Ruhe das Weihnachtsfest begehen sollen.“

Blume 2000 im Bahnhof Altona öffnet

Mit der gleichen Begründung verzichtet auch die Norderstedter Floristik-Kette Blume 2000 auf eine Ladenöffnung an Heiligabend und Silvester (ebenfalls ein Sonntag). In Hamburg werde lediglich die Filiale im Bahnhof Altona geöffnet sein, wie eine Sprecherin auf Abendblatt-Anfrage mitteilte. Auch der Discounter Penny wird nach eigenen Angaben seine Filialen geschlossen lassen. Die selbstständigen Penny-Händler können über die Öffnungszeiten aber selbst entscheiden. Die gleiche Regelung gilt bei den Rewe-Märkten. Bei Edeka haben sich viele der Kaufleute noch nicht entschlossen. Lidl hat bisher keine Angaben gemacht.