Hamburg. Bei Neubauten soll es einen städtischen Leitfaden für Anzahl, Lage und Bauart von Parkflächen geben.

Fahrräder sollen nicht nur ungehindert rollen, sie sollen auch bequem und sicher geparkt werden können. Für die rot-grüne Koalition in Wandsbek gehört es zur vereinbarten Förderung der Radfahrer, auch für den ruhenden Radverkehr etwas zu tun. Deshalb hat sie jetzt die Landesbehörden aufgefordert, einen Leitfaden „Fahrradabstellplätze bei Wohngebäuden“ zu erarbeiten. Er soll gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft Richt­linien für die Zahl, Zugänglichkeit, Ausstattung und Platzbedarfe für Fahrradparkplätze empfehlen und in die Bauleitplanung einfließen.

„Es geht um praktische Empfehlungen, nicht um neue Vorschriften“, sagte der planungspolitische Sprecher der Wandsbeker Grünen-Fraktion, Oliver Schweim. Eine fahrradgerechte Gestaltung von Wohnanlagen sei auch im Sinne der Vermieter, weil sie die Wohnungen attraktiver machten. CDU und Liberale wiesen die Idee als „ideologisch“ zurück. Auch „Empfehlungen“ hätten, wenn sie vom Amt kämen, gängelnden Charakter. Vorschriften aber gebe es schon genügend. Rot-Grün solle auf Überzeugungsarbeit setzen.

Pate für den Grünen-Vorstoß steht der 32-seitige Leitfaden der Stadt Potsdam. Er geht davon aus, dass besonders für Mehrfamilienhäuser Empfehlungen sinnvoll sind. Pro Haushaltsmitglied solle ein Fahrradstellplatz vorgesehen und hinreichend Platz eingeplant werden für Anhänger, Kinder- und Sonderfahrräder. Hinzu käme ein Aufschlag von etwa zehn Prozent der Haus­bewohnerzahl für Besucherparkplätze. Wesentliche Faktoren seien auch Diebstahlsicherheit und der bequeme Zugang zu den Rädern.

Ebenerdig, sicher und schnell erreichbar sollen sie sein

„Abstellanlagen sollten weniger als 20 Meter vom Eingang entfernt liegen und sind idealerweise am Weg dorthin angeordnet“, heißt es im Potsdamer Papier, das dem beschwerlichen Abstieg in den Fahrradkeller von einst eine Absage erteilt. „Abstellplätze sind ebenerdig anzuordnen oder – wo dies nicht möglich ist – mit breiten und flachen Rampen oder mit Aufzügen zu erschließen.“ Empfohlen wird ein Mix aus offenen und geschlossenen, das heißt abschließbaren Abstellanlagen, bzw. Fahrradkleingaragen, um Lang- und Kurzzeitparkplätze zu schaffen. Draußen wie drinnen als Parkhilfe bewährt hätten sich Anlehnbügel und Gabelhalter.

Die Baukosten pro Stellplatz schwanken laut Broschüre zwischen 170 und 360 Euro für Bügel, 1900 Euro pro Platz in der Kleingarage vor der Tür und 5800 Euro pro Platz im Gebäude. Auch Aufbauhilfe gewährt der Leitfaden: „Der empfohlene Abstand von Anlehnbügeln zum beidseitigen Abstellen von Fahrrädern beträgt 1,30 bis 1,50 Meter, der minimale 1 Meter.“

Die Richtlinie wolle nicht die Eigentümer von Altbauten unter Druck setzen, sondern verstehe sich als Anregung für Neubauten und solle deshalb auch Bestandteil der Stadt- und Bauleitplanung werden, sagte Schweim. „Wir müssen mit der Wohnungswirtschaft ins Gespräch kommen.“ Die Linke assistierte den Grünen und wies darauf hin, dass Fahrradstellplätze in Architektenwettbewerben derzeit kaum eine Rolle spielten und auch viele Bauprüfer das Problem nicht im Blick hätten. Das müsse sich ändern.

CDU und Liberale monierten, dass die Stadt sich nach der Abschaffung der Pflicht zum Bau von Autostellplätzen jetzt mit großer Geschwindigkeit auf eine Fahrradstellplatzpflicht zubewege. Das passe nicht zusammen. Rot-Grün hielt dagegen. Schweim verwies auf die seit Jahren wachsende Zahl der Fahrräder, die zudem immer hochwertiger würden. Außerdem gebe es schon mehr als 1,5 Millionen Pedellecs in Deutschland. „Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und uns entsprechend aufstellen.“

Stadtentwicklungsbehörde, Fahrradbeauftragte und Wirtschaftsbehörde bezogen gemeinsam Position: „Grundsätzlich ist es wichtig, leicht zugängliche Abstellanlagen am Wohnort zu haben, um im Alltag das Fahrrad häufiger zu nutzen. Wie dies sinnvoll gefördert werden kann, werden die beiden Behörden prüfen.“

Der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) lobte den Leitfaden für die „guten Lösungsansätze“, plädierte aber gegen seine Übernahme in die Bauleitplanung. „Erfahrungsgemäß laufen solche Kann-Bestimmungen schnell auf ein regelhaftes Anforderungsmaximum hinaus“, sagte VNW-Direktor Andreas Breitner. Das aber würde die Baukosten deutlich erhöhen. Bauherren sollten deshalb selbst entscheiden können, was sie ihren Mietern anbieten und was nicht.