Hamburg. Flüchtlingsstab kippt Eröffnung der neuen Meiendorfer ZEA – kein neuer Termin. Linke sehen Abschiebezentrum als Grund für Verzögerung.

Die Stadt hat auch den zweiten Termin für die Fertigstellung gerissen: Erst sollte die neue Zentrale Erstaufnahme (ZEA) in Meiendorf Mitte Dezember fertig werden, dann wurde der Termin auf Ende Februar verschoben. Jetzt erklärte der „Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge“ auf Abendblatt-Anfrage, dass es noch später wird. Einen neuen Termin nannte er nicht. Damit kann das neue Konzept zur Erstversorgung der Flüchtlinge bis auf Weiteres nicht umgesetzt werden. CDU und Linkspartei reagierten mit heftiger Kritik.

Die Meiendorfer ZEA an Bargkoppelstieg und Bargkoppelweg soll die zu klein gewordene ZEA in Harburg ersetzen und neben Registrierung und ärztlicher Untersuchung der Flüchtlinge zugleich das Asylverfahren und die Gewährung staatlicher Leistungen mit anschieben. Das ist neu, und dafür sollen Verwaltungsmitarbeiter vor Ort in der für insgesamt 2.900 Flüchtlinge ausgelegten Unterkunft arbeiten.

Außerdem würden die Flüchtlinge, die Hamburg gemäß Königsteiner Schlüssel an andere Bundesländer abgeben kann, von Meiendorf aus schon nach der Registrierung weiter reisen. Wer bleiben darf, soll auf dann dezentrale Erstaufnahmen in Hamburg weiterverteilt werden und dort auf die Vermittlung in „Folgeunterkünfte“ warten. Damit würden alle wichtigen Versorgungsfragen innerhalb von fünf Tagen zentral in der Erstaufnahme geklärt bzw. angesprochen, was selbst von der Opposition als zwar später, aber notwendiger und richtiger Schritt zur Verschlankung und Beschleunigung der Verfahren gelobt worden war. Die alte ZEA Harburg kann mit nur 600 Plätzen nicht einmal mehr die ordnungsgemäße Registrierung gewährleisten.

Entsprechend groß ist die Enttäuschung im Koordinierungsstab Flüchtlinge, der sich „sehr viel“ von der Neuorganisation der Erstaufnahme verspricht. Als Grund für die Verzögerung nannte Stabs-Sprecherin Christiane Kuhrt das „Bauen im Bestand.“ Wer alte Gebäude anfasse, stoße stets auf unvorhergesehene Probleme. „Da die verschiedenen Gewerke in ihren Arbeiten aufeinander aufbauen, ergeben sich dann zeitliche Verschiebungen.“ Diverse Unwägbarkeiten würden „geprüft“.

Bauherr der Unterkunft sei der Zentrale Koordinierungsstab, der die Organisation der Baustelle aber an ein Planungsbüro abgegeben hat. Die Mutterbehörden der Koordinierungsstelle seien schon wegen ihrer Hoheit über den Etat ebenfalls eingebunden, hieß es. Dass die Verzögerungen auf ein strukturelles Problem zurückzuführen seien, wies Kuhrt zurück.

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Karin Prien: „Die erneute Verzögerung wirft die Frage auf, ob es dem Senat am politischen Willen oder an der Kompetenz mangelt, diese für Hamburg so wichtige Einrichtung endlich fertig zu stellen. In Bayern und im Saarland gibt es solche Zentren längst, und Abwicklung bzw. Unterbringung klappen weitaus besser. Wir erwarten vom Bürgermeister, dass er das Einreisezentrum jetzt zur Chefsache macht.“

Kuhrt betonte die Komplexität der in Angriff genommenen Neustrukturierung der Erstaufnahme und machte Absprache- und Koordinierungsbedarf mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geltend. Es gehe darum, langfristig tragfähige Strukturen zu schaffen, was eine gewisse Gründlichkeit bei der Planung voraussetze.

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Bürgerschaft, Christiane Schneider, sieht denn auch die in Berlin betriebene Verschärfung des Asylrechts und die bundesweite Einrichtung dreier neuer Abschiebezentren, darunter eines am Hamburger Flughafen, als Grund für die Verzögerung. „Solche neuen Einrichtungen, die nicht Aufenthaltsberechtigte schon früh von anderen Flüchtlingen absondern und bis zu ihrer Abschiebung festhalten sollen, haben natürlich Folgen für die Abläufe und Raumbedarfe in der neuen ZEA Meiendorf.“

Am Bargkoppelstieg
wohnen
schon Flüchtlinge,
die auch
während der
Umbauten
bleiben sollen
Am Bargkoppelstieg wohnen schon Flüchtlinge, die auch während der Umbauten bleiben sollen © HA | Michael Arning

Prien nannte es „wünschenswert“, Asylanträge ohne Erfolgsaussicht in wenigen Wochen zu bescheiden und die Rückführung direkt aus dem Einreisezentrum heraus zu organisieren. Im November-Konzept für die neue ZEA Meiendorf waren nur fünf Tage Verweildauer vorgesehen. Für längere Aufenthalte reichen die 2.900 Plätze nicht. Die Linke Schneider forderte den Senat auf, „sich der weiteren Verschärfung des Asylrechts zu widersetzen, die ZEA in Meiendorf umgehend zu eröffnen und die Abläufe dort nicht diskriminierend, sondern so human wie mögich zu gestalten.“

Die ebenfalls in Meiendorf liegende neue Dezentrale Erstaufnahme am Hellmesberger Weg wird laut Flüchtlingsstab „Mitte bis Ende Januar“ fertig. Auch sie sollte ursprünglich Mitte Dezember bezogen werden und Teile der Bewohner des Bargkoppelstiegs aufnehmen, um die ZEA einmal für den Neubeginn frei zu machen. Laut Flüchtlingsstab wird der Hellmesberger Weg, ein von der Stadt angekaufter „Praktiker“-Markt, nicht mit den zunächst geplanten 800, sondern mit nur 600 Flüchtlingen belegt.