Im Sommer soll die Ohlendorff’sche Villa in Volksdorf saniert sein. Und Anlaufpunkt für Kulturschaffende, Kuchenfans und Feierlustige werden. Der Bau der Luxuswohnungen nebenan startet im Frühjahr.

hamburg Im Sommer soll die Ohlendorff’sche Villa im Zentrum Volksdorfs bezugsfertig sein. Im Juli oder August werden die Kita „Kindergarten Volksdorf e.V.“ und das „Wiener Kaffeehaus“ einziehen, im September dann wird auch der Kulturkreis seine Räume einweihen. Im April soll die Außenhaut fertig sein, das Gerüst verschwinden. Dann kommen die Restaurateure und beschwören den alten Glanz des 1928 erbauten 15-Zimmer-Hauses.

1,2 Millionen Euro kostet die Sanierung, 300.000 Euro davon muss der Kulturkreis aufbringen. Die Volksdorfer haben seit Anfang Dezember bereits mehr als 74.000 Euro für die Sanierung ihres ehemaligen Ortsamtes (1953 bis 2006) gespendet, um dem Kulturkreis den Start zu erleichtern. Fünf Studenten erarbeiten das Nutzungskonzept im Rahmen ihrer Semesterarbeit. Mitte Februar soll es fertig sein. „Die Villa soll als Kulturzentrum funktionieren und auch für private Veranstaltungen und Feiern anmietbar sein“, sagte Reka Csorba vom „Institut für Kultur und Medienmanagement der Hochschule für Musik & Theater. Nach 18 Uhr, wenn das Wiener Kaffeehaus geschlossen hat, werde dafür auch die große Bibliothek im Erdgeschoss dafür zur Verfügung stehen. Im Obergeschoss können mehrere Räume verschiedener Größe wie das frühere Frühstückszimmer, das ehemalige Schlafzimmer sowie mehrere Gästezimmer gemietet werden.

Volkshochschulkurse, Yoga, Lesungen, Vorträge, Kleinkunst und Musikveranstaltungen sollen das Dorfleben bereichern. Ein Gebührenplan und eine kleine Broschüre für die Vermietung sind in Arbeit, er wird gemeinnützige Veranstalter begünstigen und Privatmieter stärker zur Kasse bitten.

Den Löwenanteil der Sanierungskosten der Villa, die nach dem Krieg kurzzeitig die britischen Besatzer beherbergte, trägt die Frank-Gruppe. Sie darf dafür neben der Villa an der Parkanlage drei Häuser mit insgesamt 16 Eigentumswohnungen zwischen 78 und 156 Quadratmeter bauen. In der Tiefgarage entstehen 27 Stellplätze. Die Baugenehmigung liegt vor, der schmucklose Rotklinkerbau, der einst das Volksdorfer Tiefbauamt beherbergte, ist abgerissen. Im Frühjahr soll der Hochbau starten und Ende 2015 fertig sein. Der öffentliche Parkplatz, dessen Verschwinden befürchtet worden war, bleibt mit 42 Stellplätzen erhalten.

Die Villa gilt als Keimzelle Volksdorfs, obwohl der letzte Ohlendorff sie erst 1928 errichten ließ. Er wollte nicht mehr in seinem Elternhaus wohnen, ließ es abreißen und brauchte einen Ersatz dafür. Hans von Ohlendorff, letzter Spross der einstmals reichsten Hamburger Kaufmannsfamilie, ließ die neue Ohlendorff’sche Villa nach Plänen des renommierten Architekten Erich Elingius bauen. Elingius hat unter anderem das Herrenhaus Friedrichsruh für die Bismarcks nach dem Kriege wieder aufgebaut. Hans von Ohlendorff lebte eher zurückgezogen und widmete sich der Musik und der Freimaurerei, nachdem sein Vater Heinrich von Ohlendorff mit dem Import von Guano ein Vermögen gemacht und sein Geld erfolgreich in den Kontorhausbau gesteckt hatte. 1878 kaufte der Senior drei Volksdorfer Bauernhöfe mit insgesamt 275 Hektar, die er von einem Verwalter bewirtschaften ließ. Zunächst nutzten die in Hamm ansässigen Ohlendorffs Volksdorf als Sommerfrische, später machten sie ihren Hauptwohnsitz daraus.

Aber die Ohlendorffs hatten nicht nur Geld, sondern auch viel Herz: Für ihr großes soziales Engagement wurde die Familie in den Adelsstand erhoben. Auf den umtriebigen Ohlendorff senior geht auch die Gründung der Kleinbahn von Altrahlstedt nach Volksdorf und seit 1920 auch nach Barmbek zurück. So wurde Volksdorf als Wohngebiet für Hamburger interessant. Trotz seiner musischen Neigungen trat Sohn Hans, Nachzügler und Liebling seiner Mutter Elisabeth, auf sanften Druck des Vaters in das Familienunternehmen ein. 1919 übernahm er es ganz. Nach dem Tod der Eltern wurde das Erbe unter den insgesamt zehn Kindern aufgeteilt, viele Immobilien wurden verkauft. Bis 1945 lebte Hans von Ohlendorff noch in der Volksdorfer Junggesellen-Villa mit 15 Zimmern. Er heiratete erst mit 68 Jahren. 1967 starb er im Alter von 86 Jahren bei einem Verkehrsunfall.