Hamburg. Bei der „Cinnamon Society“ spenden Autoren ihre Einnahmen für wohltätige Zwecke. Ulrike Asmussen ist eine von ihnen.

Wenn Ulrike Asmussen über ihre Erinnerungen an die Corona-Pandemie spricht, huscht ein Lächeln über das Gesicht der jungen Frau. „Natürlich gab es auch viele nicht so schöne Aspekte, aber das Schreiben war ein schöner und am Ende auch das, was uns hat weitermachen lassen“, sagt sie. Weitermachen, bis er fertig war, der erste Roman, den Ulrike Asmussen gemeinsam mit einer Mitschülerin in der 10. Klasse begonnen hatte und zwei Jahre später, Ende 2021 veröffentlichte.

Cinnamon Society: 40 Autorinnen beteiligen sich an dem Projekt

Heute ist Ulrike Asmussen 19 Jahre alt und Mitglied der „Cinnamon Society“ – eines Vereins, der im gesamten deutschsprachigen Raum Bücher herausgibt und den kompletten Erlös gemeinnützigen Zwecken spendet. „Zusammen können wir Herzen erwärmen und Wunder vollbringen“ ist das Motto dieser Schreibvereinigung.

„Zimt und Poesie“ ist der Titel der Anthologie, die im März erschienen ist, insgesamt 40 Autorinnen haben dafür ihre innersten Gedanken und Gefühle in Worte gefasst, eine von ihnen ist Ulrike Asmussen. Alle Einnahmen des Projekts gehen an die schweizerische Stiftung „Denk an mich“, die für Menschen mit Behinderung Freizeitmöglichkeiten schafft und sich für Barrierefreiheit einsetzt.

Warum ein junger Mensch den Erlös eigener Bücher lieber spendet, als für sich zu behalten, darüber erzählt Ulrike Asmussen in der neuen Folge des Abendblatt-Podcasts „Von Mensch zu Mensch“. Es ist ein inspirierendes Gespräch mit einer Frau, die mit ihrer Sicht auf die Welt immer wieder überrascht: „Als Autor von den eigenen Büchern zu leben ist ja ohnehin sehr schwer. Mir bringt es doch nichts, wenn ich irgendwelche Anteile bekomme, aber wenn wir alle das Geld spenden, können wir richtig viel erreichen.“

In welche Projekte die Einnahmen fließen, entscheiden alle am gemeinsam

Seit Oktober 2021 gibt es die „Cinnamon Society“ (zu Deutsch: „Zimt-Gesellschaft“), gegründet von zwei jungen Frauen aus Bayern und Österreich, die ein klares Ziel vor Augen hatten: mit den Büchern, die sie im Selbstverlag schreiben und herausbringen, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Wer wie Ulrike Asmussen dabei sein möchte, muss sich bewerben und neben der Liebe zum Schreiben zumindest für die Entstehungsphase eines Buchs viel Zeit mitbringen.

„Um die Geschichte zu schreiben, hat man ungefähr vier Wochen Zeit, was eigentlich reicht, aber damit ist es noch nicht getan“, erzählt die Hamburgerin. „Man muss sie dann noch mehrmals überarbeiten, Testleserfeedback und die Anmerkungen des Lektorats einarbeiten, das darf man nicht unterschätzen, man hat dann auch ganz viel Organisatorisches zu tun.“

Neben der schreiberischen Tätigkeit übernehmen die Mitglieder meist noch weitere Aufgaben im Verein, betreuen den Instagramkanal oder pflegen die Homepage. Auch die Illustratoren, Lektorinnen und Korrektoren arbeiten ehrenamtlich.

Cinnamon Society ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiv

Über das Spendenziel entscheiden am Ende alle gemeinsam. Was ein intensiver Entscheidungsprozess sein kann, wie Ulrike Asmussen erzählt. Denn es wechselt von Buchprojekt zu Buchprojekt genau wie das Land, weil die „Cinnamon Society“ in gleich drei Ländern aktiv ist: Deutschland, Österreich und in der Schweiz. „Man kann für so vieles spenden und irgendwie ist ja auch alles wichtig“, sagt Ulrike Asmussen.

„Es ist ganz gut, dass man sich am Ende für etwas entscheiden muss. Tiere, Umwelt, bedürftige Kinder oder Menschen mit Behinderung – das Feld ist wirklich weit. Aber wenn jemand sagt, Tierschutz ist mir nicht so wichtig wie die Inklusion, dann weiß man halt, dass beim nächsten Mal wieder etwas anderes gefördert wird.“

Auch hier ist es Aufgabe der Mitglieder selbst, sich für den ausgewählten Spendenzweck in dem Land, das gerade an der Reihe ist, einen Überblick zu verschaffen. Drei Vereine oder Stiftungen werden am Ende allen am Projekt beteiligten Autoren vorgestellt. Dann wird abgestimmt.

In den Jahren der Pandemie schrieb die Autorin ihr erstes Buch

All das brauchte es für den Roman, den sie in ihrer Schulzeit schrieb, nicht. „Meraki“ lautet der Titel, und Ulrike Asmussen lächelt, als die Sprache darauf kommt. Es ist ein Jugendroman in 77 Briefen, die sich zwei Freundinnen schreiben. „Darin haben wir die ganze Geschichte erzählt. Was in ihrem Alltag passiert, aber auch über die Themen, die sie bewegen. Weltbewegendes, aber die kleinen Dinge, die den Alltag schöner machen.“ Immer wenn sie das Buch in den Händen hält, denkt sie an die Zeit zurück, als sie Stunde um Stunde zu Hause saß und ihre Gedanken und Gefühle in die Briefe schrieb.

„Zimt und Poesie – Mitternachtsgedanken“, 13,99 Euro, erhältlich in jeder Buchhandlung oder bei Books on Demand.
„Zimt und Poesie – Mitternachtsgedanken“, 13,99 Euro, erhältlich in jeder Buchhandlung oder bei Books on Demand. © HA | Cinnamon Society

So kam es, dass Ulrike Asmussen mit den Jahren der Pandemie – vor allem in den Lockdowns – auch schöne Erinnerungen verbindet. Wobei der Roman danach noch gar nicht fertig war. „Das Überarbeiten haben wir auch häufig vor der Schule gemacht, da sind wir eine halbe Stunde eher aufgestanden und haben uns über Videochat getroffen.“ Am Ende, sagt Ulrike Asmussen, sei es ein richtiges Herzensbuch geworden.

Nach dem Abitur absolvierte die junge Frau ein soziales Jahr bei der Seemannsmission

Sie ist in Glinde aufgewachsen und lebt inzwischen in Harburg in einer WG. Nach dem Abitur im Jahr 2022 entschied sie sich für ein soziales Jahr im Bundesfrei­willigendienst und absolviert ihn bei der Seemannsmission im Hamburger Hafen. Dort kümmert sie sich um Seeleute, ohne die, wie sie sagt, unsere Gesellschaft nichts mehr hätte, „weil diese Menschen alles aus der ganzen Welt zu uns bringen“.

Wenn sich die 19-Jährige etwas wünschen könnte, dann, dass auch scheinbar unsichtbare Menschen mehr gesehen werden von der Gesellschaft. „Vor allem die, die vielleicht gerade ein wenig untergehen“, sagt sie zum Schluss des Gesprächs. „Es gibt eben auch Menschen mit anderen, mit besonderen Bedürfnissen und viele, die diskriminiert werden. Ich würde mir wünschen, dass man diesen Menschen entgegengeht.“ Schöner kann man den Traum von einer gerechteren Gesellschaft wohl nicht auf den Punkt bringen.

Mehr Infos:cinnamonsociety-autoren.com