Hamburg. Bis zu 300 Befehle kann ein Assistenzhund erlernen – wie geht das und wer zahlt das? Ein Gespräch mit Hundetrainerin Sylvia Gerdes.
Sie können im Supermarkt Waren aus dem Regal ziehen und auf das Kassenband legen, sie können Portemonnaies aus dem Rucksack ziehen und dem Kassierenden reichen. Sie können an Medikamentengaben erinnern, Notrufe an Angehörige absetzen und EC-Karten in Bargeldautomaten stecken. Es ist eine Liste, die sich über eine ganze Zeitungsseite erstrecken könnte und sich so beeindruckend wie faszinierend liest: Assistenzhunde sind aus dem Leben vieler Menschen mit Behinderung nicht mehr wegzudenken. Sie unterstützen im Alltag und ermöglichen Teilhabe, weshalb sie oft als Inklusionshelfer auf vier Pfoten gelten.
Eingesetzt werden sie je nach den speziellen Bedürfnissen der Halter – diese reichen von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) über körperliche Behinderungen bis hin zu Diabetes und Epilepsie. Doch wer bildet Assistenzhunde eigentlich aus und wie funktioniert das?
Epilepsiehunde spüren Veränderungen der Sauerstoffsättigung im Blut
Darüber spricht Hundetrainerin Sylvia Gerdes vom Deutschen Assistenzhunde-Zentrum Altona in der neuen Folge des Abendblatt-Podcasts „Von Mensch zu Mensch“. Sie erzählt, welche Aufgaben Assistenzhunde erfüllen können und wie man sie darauf vorbereitet – bis zu 300 Befehle ist ein Hund bereit zu lernen, je nach Art seines späteren Einsatzgebiets. Darüber hinaus gibt es Fähigkeiten, die sich nicht erlernen lassen – zum Beispiel einen epileptischen Anfall zu vorauszusehen.
Hier kommen Sie zum Podcast "Assistenzhunde: Inklusionshelfer auf vier Pfoten"
Es ist eine von vielen faszinierenden Geschichten, die Sylvia Gerdes im Podcast erzählt: wie ein gerade acht Wochen alter Welpe im Arm eines Kindes beim ersten Kennenlernen plötzlich zu quietschen begann – und das Mädchen Sekunden darauf tatsächlich krampfte. „Epilepsiewarnhunde bemerken es anhand der Veränderung der Sauerstoffsättigung im Blut“, erklärt sie. „Das kann man bereits im Welpenalter testen.“
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Oder dabei zu sein, wenn Menschen mit PTBS nach Monaten der Isolation wieder eigenständig einkaufen gehen, weil ihnen ein Hund zur Seite steht, der im Supermarkt für ausreichenden Abstand zu den anderen Kunden sorgt.
Stiftungen und Vereine übernehmen die Kosten der Ausbildung
Nicht jede Rasse eigne sich für die Ausbildung, gibt Sylvia Gerdes zu bedenken. Auch gebe es verschiedene Wege, zu einem Assistenzhund zu kommen: Viele wünschen sich einen fertig ausgebildeten Hund, andere wiederum möchten selbst bei der Ausbildung dabei sein und das Erlernte anschließend im Alltag mit ihrem Vierbeiner trainieren.
Krankenkassen unterstützen bislang weder den einen noch den anderen Weg. Weshalb oft Stiftungen und Vereine – wie zum Beispiel auch „Hamburger Abendblatt hilft“ – die Anschaffung oder Ausbildung eines Assistenzhundes für Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkungen übernehmen. Was daraus am Ende erwachsen kann, ist auch für Sylvia Gerdes schwer in Worte zu fassen. Nur, dass es sie immer wieder aufs Neue bewegt. „Auch von den Menschen, denen ich dabei begegne, lerne ich jedes Mal wieder dazu.“