Hamburg. Es wurden Lebensmittel-Gutscheine für rund 1,34 Millionen Euro an Bedürftige in der Metropolregion verteilt. Ein Rekordergebnis.

Es ist Sonnabend, der 28. März, 6 Uhr morgens und ich liege mit klopfendem Herzen im Bett. Wir haben an diesem Tag den ersten Aufruf zur großen Hilfsaktion gestartet und die Leserinnen und Leser dazu aufgefordert, für 25-Euro-Lebensmittel-Gutscheine an den Verein „Hamburger Abendblatt hilft“ zu spenden. Ich weiß durch Telefonate zuvor mit den großen sozialen Einrichtungen wie Diakonie, Caritas und den Kirchenverbänden, dass der Bedarf an Gutscheinen hoch sein wird. Denn sie sind eine unbürokratische und schnelle Hilfe für Bedürftige, die durch Corona in Not geraten sind.

Doch was mich etwas atemlos macht, ist die Vorstellung, dass wir zwar innerhalb von drei Tagen diese Aktion ins Leben gerufen haben, ich aber bisher noch keine Kollegen zusammengetrommelt habe, die beim Bestellen, Packen und Verteilen helfen. Ich habe zwar meine beiden Mitarbeiterinnen im Ressort „Von Mensch zu Mensch“, doch sie sind im Homeoffice unter anderem für den Telefondienst eingeteilt. Ein Anruf noch morgens bei Vivian Hecker, Abendblatt-Marketingchefin, reicht, um mich zu beruhigen. „Ich stelle zwei von meinen Leuten für die Aktion ab“, verspricht sie.

Rekordergebnis: 53.400 Gutscheine für rund 1,34 Millionen Euro

Zehn Minuten später meldet sich Birgit Vester, die den Abendblatt-Verein seit Jahren mit betreut. Sie wird im Laufe der nächsten sieben Wochen Gut­scheinmengen im Wert von mehreren Ferraris bestellen – insgesamt kommen 53.400 Gutscheine für rund 1,34 Millionen Euro von sechs verschiedenen Großhändlern in der Redaktion an.

Birgit Vester arbeitet in der Abendblatt-Abteilung Marketing & Events und bestellte die Gutscheine für den Verein
Birgit Vester arbeitet in der Abendblatt-Abteilung Marketing & Events und bestellte die Gutscheine für den Verein © Andre Bruns/FMG | Andre Bruns

Am Montag steht das Aktionsteam. Aus dem Marketing ist noch die Praktikantin Lena Jacobi dazugestoßen. Sie wird in der Aktionszeit gemeinsam mit der Auszubildenden Jasmin Brunkhorst Gutscheine zählen, sortieren und in Mengen von zehn bis 2000 Stück verpacken.

Abendblatt-Aktion: Summen übersteigen kühnste Erwartungen

Oftmals hilft dabei André Raca von der Poststelle, der die Umschläge verschickt und größere Gutscheinmengen in Kartons zum Empfang in die Abendblatt-Geschäftsstelle bringt. Dort werden sie von Mitarbeitern der verschiedenen sozialen Einrichtungen persönlich abgeholt.

Während ich für die gesamte Koordination, wichtige Entscheidungen, Öffentlichkeitsarbeit, Abendblatt-Artikel und vielfältige Problemlösungen zuständig bin – „Schlaf? Was ist das?“ –, wird die erfahrene Redaktionssekretärin Nicole Schweers zur Schaltstelle der Aktion. Sie ist jeden Tag vor Ort in der Redaktion und führt akkurat die Liste der Organisationen, von denen viele bei uns jede Woche Gutscheine bestellen. Sie überwacht den Eingang der Spendenbestätigungen, wird neben unserer Schatzmeisterin zur Herrin über Zahlen und Summen, die unsere kühnsten Erwartungen bei Weitem übertreffen.

Corona-Spendenaktion: Lebensmittelgutscheine für Bedürftige:

Corona-Spendenaktion: Lebensmittelgutscheine für Bedürftige
Corona-Spendenaktion: Lebensmittelgutscheine für Bedürftige

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    Rund 9600 Menschen spenden für die Abendblatt-Hilfsaktion

    Denn die Spenden fließen nur so auf unser Vereinskonto. Von den 9600 Spendern, davon 3300 über Radio Hamburg, die es insgesamt werden, geben die meisten 50 bis 100 Euro, also den Gegenwert von zwei bis vier Gutscheinen. Aber es kommen eben auch die 100.000 Euro von der Dorit & Alexander Otto Stiftung, 10.000 Euro von der Haspa sowie der Joachim Herz Stiftung, je 5000 von der PSD Bank Nord, der Marion Meyenburg Stiftung, der Struwelpeter Stiftung, der Kindermut Stiftung, vom Rotary Club Hamburg-Alstertal sowie der Könnecke Beteiligungs GmbH, um die größten Spender neben vielen Privatpersonen einmal zu nennen.

    Reimund C. Reich spendete über seine gleichnamige Stiftung 125.000 Euro für „Hamburger Abendblatt hilft e.V.“
    Reimund C. Reich spendete über seine gleichnamige Stiftung 125.000 Euro für „Hamburger Abendblatt hilft e.V.“ © Privat

    Der größte Spender der Aktion gab 125.000 Euro

    Mit einem Spender konnte ich eine ganz wunderbare Beziehung aufbauen: Mit Reimund C. Reich, der mit seiner gleichnamigen Hamburger Stiftung schon seit vielen Jahren Menschen in Not hilft. Er hatte bereits gleich zu Anfang 50.000 Euro gespendet. Jeden Montag rief der 86-Jährige an und fragte: „Na, Frau Tesche, haben Sie genug Geld oder soll ich noch mal nachlegen?“

    Nachlegen bedeutete für diesen großzügigen Mann: jeweils 25.000 Euro. Dreimal hat er diese Summe noch überwiesen, sodass seine Reimund C. Reich Stiftung mit 125.000 Euro größter Spender der Aktion ist.

    Radio Hamburg-Spendenmarathon brachte 326.300 Euro

    Noch einmal Aufschwung und einen hohen Bekanntheitsgrad bei vielen jüngeren Hamburgern erhielt die Coronahilfe durch die Partnerschaft mit Radio Hamburg. Der Sender stieg am Dienstag nach Ostern mit einem zehntägigen Spendenmarathon ein und sammelte insgesamt 326.300 Euro für den Verein „Hamburger Abendblatt hilft“.

    „Das Abendblatt und Radio Hamburg sind das stärkste mediale Team, das Hamburg zu bieten hat. Wir haben bedrückende, berührende und nachdenklich machende Geschichten gehört. Gemeinsam haben wir so die Hamburger bewegt, Großes zu schaffen. Wir sind schwer beeindruckt von der Hilfsbereitschaft und der Großherzigkeit der Menschen in unserer Stadt“, sagt Sender-Chef Marzel Becker.

    Barclaycard spendete 1000 Gutscheine in Wert von 25.000 Euro

    Auch Barclaycard, eine in Hamburg basierte Direktbank, zeigte sich großzügig und spendete 1000 Gutscheine in Wert von 25.000 Euro. „Einige von uns dürfen langsam aber sicher erste Schritte zurück zur Normalität machen", sagt Tobias Grieß, CEO, Barclaycard Deutschland. "Gleichzeitig werden viele Familien, die unverschuldet in eine schwierige finanzielle Lage gekommen sind, noch länger auf Hilfe angewiesen sein. Wir hoffen mit unserer Spende einen Beitrag hierzu leisten zu können.“

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    Als Aktionsteam des Abendblatts verteilen wir Gutscheine an mehr als 220 gemeinnützige Initiativen in der Metropolregion. Berührend sind die Mails, die Empfänger an die Einrichtungen schreiben, wie exemplarisch die einer bedürftigen Frau an die Diakonie: „Hiermit möchte ich mich herzlich für die Gutscheine bedanken. Diese haben sehr gut gepasst, da es für meine Familie gerade eine schwere Zeit ist. Mein Mann ist zurzeit arbeitslos und ich darf durch meine Schwerbehinderung nicht Vollzeit arbeiten und verdiene somit weniger.“

    Diese Mutter und Tochter erhielten drei 25-Euro-Gutschein über die Migrationsberatung der Caritas Hamburg.
    Diese Mutter und Tochter erhielten drei 25-Euro-Gutschein über die Migrationsberatung der Caritas Hamburg. © Migrationsberatung/Caritas | Migrationsberatung/Caritas

    Die vier Ortsverbände des Arbeiter Samariter Bundes fragen jede Woche um 500 Gutscheine an. Sie verteilen diese bei ihren mobilen Lebensmittelausgaben, bei denen sonst nur Pakete mit haltbaren Waren ausgegeben werden. „Für mich und meine Kinder waren die Lebensmittelgutscheine so wichtig, da wir endlich wieder Obst und Gemüse einkaufen konnten“, sagt eine Kundin vom ASB-Ortsverband Mitte.

    Gutscheinempfänger bekommen ein Stück Freiheit zurück

    Ein Hauptempfänger von Gutscheinen ist das Diakonische Werk Hamburg-West/Südholstein, das für seine 20 Beratungsstellen über die Wochen verteilt mehrere Tausend Gutscheine bekommt. „Sie haben den Empfängern die Möglichkeit gegeben, ein Stück Freiheit und Normalität in ihr Leben zurückzuholen, als alles eng und unsicher wurde. Auf diese Weise haben Sie mit Ihrem Team und mithilfe Ihrer Zeitung als Medium viele Menschen miteinander verbunden“, so Geschäftsführerin Maren von der Heyde.

    Das Ende der Hilfsaktion – der Redaktionsalltag hat uns wieder

    „In dieser schwierigen Zeit haben wir zahlreiche Menschen mit Tränen in den Augen gesehen, nachdem sie Lebensmittelgutscheine überreicht bekommen haben. Ob Obdachlosen, Migranten, Familien oder Alleinerziehenden – wir konnten sehr vielen Menschen damit eine Freude bereiten. Auch die Caritas-Kollegen haben sich über die Gutschein-Aktion sehr gefreut, denn sie passt zum Motto der Caritas: Not sehen und handeln. Vielen Dank für diese großartige Aktion“, schreibt Michael Edele, Caritas-Landesleiter, an die Redaktion „Von Mensch zu Mensch“.

    Dort hat der Alltag uns am Montag wieder. Ich freue mich darauf, denn die letzten Wochen waren zwar aufregend, erfüllend, aber auch sehr anstrengend. Und etwas Herzklopfen habe ich immer noch bei dem Gedanken, dass alle Beteiligten an der größten Aktion des Abendblatt-Vereins, Hamburgern in Not in dieser Krise spürbar geholfen haben. Danke!

    Das sind die Handelspartner der Gutschein-Aktion

    Insgesamt 53.400 Gutscheine im Wert von 25 Euro hat der Abendblatt-Verein verteilt. Sechs Großhändler haben bei der Aktion mitgemacht und zehn bis 20 Prozent des Gutscheinwertes zusätzlich gespendet.

    „Als genossenschaftliches Unternehmen stehen wir auch in dieser besonderen Zeit an der Seite unserer Kunden, die unverschuldet in Not geraten sind“, sagt Stefan Giese, Geschäftsführer Edeka Nord/Marktkauf. Julia Wöhlke, Vorsitzende des Budnianer Hilfe e. V., freute sich über die Beteiligung an der Abendblatt-Aktion: „In den letzten Wochen wurde erschreckend deutlich, wie viel Armut und Not die Corona-Krise mitten unter uns hervorgerufen hat. Als guter Nachbar ist es uns ein zentrales Anliegen, da zu helfen, wo wir können.“

    „Als Partner der Initiative freuen wir uns sehr, dass unser Gutschein-Angebot so gut ankam. Netto konnte so vielen Menschen helfen, die wirtschaftlich von der aktuellen Situation besonders betroffen sind“, sagte Christina Stylianou, Leiterin Unternehmenskommunikation Netto Marken-Discount. Jochen Vogel, Vorsitzender der Geschäftsleitung Rewe Nord, betonte: „Für uns als Unternehmen sind soziale Verantwortung und Solidarität selbstverständlich. Darum unterstützten wir diese tolle Aktion gerne.“ Penny-Regionsleiter Claus-Dieter Ziemann: „Manchmal sind die Dinge, die wir nicht ändern können, genau die Dinge, die uns ändern.“ Auch der Discounter Lidl hat mitgemacht. Aldi und Kaufland wollten sich nicht an der Aktion beteiligen.