Mit Suppenküchen, Hausbesuchen und Kinderbetreuung helfen die Organisationen Malteser, Arbeiter-Samariter-Bund und Johanniter den Bedürftigen in Litauen und Lettland. Finanziert werden sie durch Spenden.

Hanna Kastendieck

Es gibt Tage, da redet Adalfina Stanikaite kein einziges Wort. Sie sitzt auf ihrem gepolsterten Holzstuhl neben dem alten Radio, die Hände im Schoß, müde, einsam, hungrig. Die alte Dame hat gelernt, nicht zu klagen. Auch wenn die kleine Rente nicht einmal mehr für eine warme Mahlzeit reicht, die Wohnung kalt bleibt. Sie lebt in einem Land, in dem keine Sozialleistungen greifen. In dem Menschen, die alt sind und bedürftig, nicht vom Staat versorgt werden. In einem Land, in dem die Schere zwischen Reich und Arm weit klafft. Und kein soziales Netz jene auffängt, die fallen. Dieses Land liegt zweieinhalb Flugstunden von Hamburg entfernt.

„Diese erbarmungswürdigen Zustände, in denen die Menschen in Litauen leben, sind unvorstellbar“, sagt Olaf Stolze. „Es gibt keine Sozialstationen, keine Sozialämter. Die Armut ist riesig.“ Regelmäßig fährt der Hamburger im Rahmen der Hilfstransporte der Malteser nach Litauen, um zu helfen. Er bringt Krankenbetten und Möbel, Kleidung und Lebensmittel, Medikamente und Spielzeug. Und er besucht Menschen wie Adalfina Stanikaite. Olaf Stolze, 46 Jahre alt, engagiert sich seit rund acht Jahren ehrenamtlich in der Litauenhilfe der Malteser. Dabei geht es vor allem um die Selbsthilfe vor Ort. Dass die Menschen dort lernen, sich gegenseitig zu helfen. Das Projekt nennt sich „Meals on wheels“ oder „Malteser Suppenküchen“ und wurde 1989 ins Leben gerufen. Die Idee: Mehrmals in der Woche kommt ein ehrenamtlicher Mitarbeiter der Litauischen Malteser, bringt den Bedürftigen eine warme Mahlzeit, erledigt kleine Besorgungen und geht ein wenig im Haushalt zur Hand.

Im vergangenen Jahr gab es das Projekt in 14 Städten Litauens. Mehr als 55.000 warme Mahlzeiten wurden von elf ehrenamtlichen und sieben hauptamtlichen Mitarbeitern an 298 alte und bedürftige Menschen verteilt. 71.333 Euro kostete das Projekt, das ausschließlich durch Spenden finanziert wurde. Kosten pro Mahlzeit: 1,29 Euro. Viel wichtiger aber als das Essen und die Unterstützung ist, dass Menschen kommen, die sich Zeit nehmen. Die zuhören und Anteil nehmen, die trösten oder beraten, die Freude daran haben, miteinander zu reden. Mitmenschlichkeit, das ist etwas, das Adalfina Stanikaite und viele der Betroffenen, in sieben Lebensjahrzehnten nur allzu selten erfahren haben. Ihr Vater wurde erschossen, da war sie sieben. Die Familie wurde nach Sibirien deportiert, das Haus niedergebrannt. Sie hat oft gehungert und gefroren – verbittert aber ist sie nie. Neun Schlaganfälle hat sie in den vergangenen 23 Jahren gehabt. Sie ist gehbehindert, kann ohne Hilfe die Wohnung nicht verlassen. Ihre Rente von 270 Euro reicht gerade für das Nötigste.

So wie ihr geht es nicht nur vielen Alten, sondern auch jungen Menschen, Familien mit Kindern. Sie leben in Kleingartenhütten, ohne WC und Dusche, ohne saubere Kleidung und mit schlechter Lebensmittelversorgung. Besonders schlimm ist die Lage in Slienava, einem Vorort von Kaunas in Litauen. Um diesen Kindern zu helfen, hat die Hilfseinrichtung Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) mit seinem Partnerschaftsverband LSB ein Kinderzentrum aufgebaut, in dem bis zu 50 Kinder versorgt werden. Sie kommen, um ein Mittagessen und Abendbrot zu erhalten, machen ihre Hausaufgaben, spielen und bekommen neue Kleidung. Betreut werden sie von Mitarbeitern und einer Sozialpädagogin. Auch diese Einrichtung ist auf Spenden angewiesen.

Ähnlich wie in Litauen sieht die Situation im Nachbarland Lettland aus. Um den Bedürftigen zu helfen, haben die Johanniter in der Hauptstadt Riga eine Suppenküche eingerichtet. 600 Bedürftige werden hier versorgt, bekommen einen Teller Suppe, einen warmen Platz zum Essen und ein offenes Ohr für ihre Sorgen. Ilze Beijere ist eine von jenen, die regelmäßig kommen. Sie ist 40 Jahre alt. Ihr Ehemann starb, als die Kinder drei Monate und zwölf Jahre alt waren. Sie lebte von 170 Euro Kindergeld, war viele Jahre arbeitslos. Jetzt hat sie eine Anstellung als Friseurin. Die Suppenküche der Johanniter, die seit 20 Jahren durch die lettische Schwesterorganisation der Johanniter „Sveta Jana Palidziba“ betreut wird, ist aber noch immer ihr wichtigster Anlaufpunkt. Finanziert wird das Projekt durch Spendengelder aus Hamburg.

In Kürze wird auch Olaf Stolze von den Maltesern wieder starten und gen Osten fahren. Er freut sich auf diese Reise, auch wenn er weiß, dass die Hilfe begrenzt ist. „Wir können kein ganzes Land retten“, sagt er. „Aber wir können akut helfen durch Güter. Und wir können den Menschen vor Ort zeigen, wie sie sich selber helfen können.“

So können Sie die Projekte unterstützen:

Malteser, Hamburger Sparkasse, Konto: 1280216399, BLZ 20050550, Stichwort: Litauenhilfe

Arbeiter-Samariter-Bund, HSH Nordbank, Konto: 436436000, BLZ 21050000, Stichwort: Kinderzentrum Slienava

Die Johanniter, Bank für Sozialwirtschaft, Konto: 4324900, BLZ 37020500, Stichwort:

Suppenküche