Heutiger Finalist: Benjamin Miller von der Grundschule Ahrensburger Weg. Seine Schüler meinen: “ Er ist lustig und man lernt was bei ihm“
Volksdorf. "Eigentlich", sagt Benjamin Miller, "bin ich hier fast überflüssig." Der jungenhafte Typ in hellem Pulli und dunkler Jeans steht mitten im Klassenraum der 4c. Ein Pult gibt es hier nicht, die Schüler arbeiten tatsächlich selbstständig.
In der "Lese-Ecke" schmökern Jonas, Francesca und Jemima in Büchern, in der "Autorenwerkstatt" schreibt Naomi eine Geschichte. Frederike, Jona und Fiona haben ihre Arbeitshefte aus dem Ranzen geholt und beschäftigen sich konzentriert mit Rechtschreibung und Grammatik. Am Nebentisch schreiben Luise und Antonia eine Arbeit über Adjektive.
In der "Schreibwerkstatt" verfassen Max und Eric ein Referat. Die Informationen dafür bekommen sie von Tim. Der recherchiert heute als "Technikchef" am klasseneigenen Laptop, was kindgerechte Websites zu den Themen bieten. "Individualisiertes Lernen" heißt das Konzept, das bei der Hamburger Schulreform als verbindliches Lernziel festgelegt wurde. Benjamin Miller hat es bereits vor dreieinhalb Jahren an der Grundschule Ahrensburger Weg eingeführt. "Ich bin froh, dass ich hier so früh damit anfangen konnte", sagt der 36-jährige Pädagoge. Um dieses Unterrichtskonzept auch unter seinen Kollegen bekannt zu machen, lädt er sie ein, bei ihm zu hospitieren. Schulleiterin Adelheid Oeltze begrüßt das: "Benjamin Millers Schüler haben durch das Reflektieren der eigenen Leistung enorme Lernzuwächse."
Doch die Schüler profitieren noch in anderer Hinsicht. Denn während die einen eigenständig arbeiten, hat der Lehrer Zeit, mit den anderen Gespräche zu führen. Er kann Fragen beantworten, Lernziele mit ihnen vereinbaren und sich um sie kümmern, wenn sie traurig sind. "Einmal hat ein Mädchen über Tage nicht mitgearbeitet", sagt Miller, der selbst Vater ist. "Sie erzählte mir dann, dass ihre Großeltern gestorben seien."
Benjamin Miller lehnt es ab, alle seine Schüler gleichzeitig eine Klassenarbeit schreiben zu lassen. "Es ist doch utopisch zu erwarten, dass alle Kinder zur selben Zeit das gleiche Wissen haben", erklärt er. Doch Benjamin Miller motiviert seine Schüler nicht nur zum selbstständigen Arbeit, er denkt sich auch Methoden aus, um ihre Fantasie zu beflügeln. Etwa mit der "Werkstatt der wilden Worte", bei denen es um Begriffe wie Fettmozart oder Keksrakete geht; oder mit der "Traumreise zum inneren Geschichtenerzähler", bei der die Kinder Gegenstände und Zettel an einen roten Wollfaden binden und so ihre eigene Geschichte bauen. "Manchmal", sagt Miller, "schmeiße ich mich mit den Schülern in eine neue Erfahrung."
Kaum hat er das ausgesprochen, grinst er verschmitzt. "Mir fällt gerade was ein", sagt er und lässt die Klangschale ertönen. Sofort unterbrechen die Viertklässler ihre Arbeit und spitzen die Ohren. "Wir improvisieren jetzt mal", sagt er. "Ihr habt jetzt fünf Minuten Zeit, um euch einen Rap auszudenken, in dem ihr den Abendblatt-Reportern erzählt, was ihr an unserem Deutschunterricht gut findet."
Begeistert machen sich die Schüler ans Werk. Alle wollen ihre Sympathieerklärungen vortragen. Und so erfährt man, warum die Viertklässler ihren Deutschlehrer ohne sein Wissen beim Abendblatt-Wettbewerb vorgeschlagen haben. "Er ist lustig und cool, und man lernt was bei ihm", singt Moritz. Und Eric trägt im Sprechgesang vor: "Herr Miller macht den Unterricht spannend, Herr Miller macht auch mal einen Spaß. Yeah, yeah, yeah."