Hamburg. Als sich ein Bulldogge-Mischling in den Kopf einer Zweijährigen verbiss, lenkten Beamte den Hund ab. Dafür gab es die Ehrenmedaille.
Die Ehrenmedaille der Polizei Hamburg wird nur für besondere Taten an Beamte verliehen. „Es reicht nicht jemanden das Leben zu retten“, sagt Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. René Plarre und seine Kollegin Lynn Overkamp haben sie bekommen. Für einen Einsatz, über den Meyer sagt, dass er „mega gefährlich und mega kompliziert“ war. Die beiden Polizisten retteten am 6. Juni einem zwei Jahre alten Mädchen das Leben, das von einem Hund angefallen wurde.
Den Tag werden die beiden Polizisten der Wache Rahlstedt sicher nie vergessen. Zusammen waren sie auf einem Peterwagen im Einsatz, als sie am frühen Nachmittag zur Straße Am Knie geschickt wurden. „Zunächst hieß es, dass es um einen Familienstreit ging“, sagt René Plarre. Doch schon auf der Anfahrt wurde der Einsatz korrigiert.
Polizei Hamburg: Polizisten auf Hunde-Einsatz vorbereitet
Ein Hund hatte ein Kind angefallen. An dem Tag waren die beiden Beamten zur richtigen Zeit am richtigen Ort. René Plarre hat selbst einen Hund, und auch seine Kollegin Lynn kennt sich als Tochter eines Hundeführers der Polizei sehr gut mit solchen Tieren aus.
Als sie kurz darauf in der Straße vor dem Mehrfamilienhaus eintrafen, stand schon ein panischer Nachbar vor der Tür. Zusammen liefen sie in den zweiten Stock und in die Wohnung, in der sich das Drama abspielte. „Wir hatten eine Decke mitgenommen, weil wir wussten, dass man damit einen Hund ablenken kann“, erinnert sich Plarre. In der Wohnung stürmten sie in das Zimmer, aus dem Schreie kamen. „Ich hatte schon die Hand an der Waffe“, sagt Plarre.
Polizist schlug Hund mit bloßer Faust
Doch schießen war keine Option. Der Kommissar und die Polizeimeisterin sahen sich einem Knäuel aus Kind, Hund und Großmutter gegenüber. „Ich weiß, wo Hunde besonders empfindlich sind“, sagt der Kommissar. Mit der bloßen Faust schlug er dem Tier, das immer noch den Kopf des kleinen Mädchens im Maul hatte, in die Flanke. „Ich hatte den Einsatzstock gezogen und hielt ihn mit beiden Händen, damit der Hund bei einem Angriff auf uns da hineinbeißt“, erzählt seine Kollegin.
Tatsächlich ließ der Hund von dem Kind ab und wandte sich den Beamten zu. „Er hat einen kurzen Satz nach vorn gemacht“, so Plarre. Dabei bewährte sich die Decke, die das Tier abhielt. Offenbar war das Tier erschöpft. „Der Hund schaffte es nicht einmal mehr, in die Decke zu beißen“, so der Kommissar. „Danach blieb er wie versteinert stehen. Er war offenbar total kaputt“, so Plarre.
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Kurz darauf kam die Mutter der Zweijährigen in den Raum. Sie hatte einen Maulkorb und eine Leine dabei. „Ich habe den Maulkorb genommen und dem Hund übergestülpt“, erzählt Plarre. „Die Mutter hat geholfen. Meine Kollegin hat den Hund von hinten festgehalten.“ Zusammen brachten sie das Tier in ein Nebenzimmer sperrten es dort ein. Das kleine Mädchen kam ins UKE.
Der Hund hatte ihr eine Gesichtshälfte zerfleischt und mit seinen scharfen Zähnen die Schädeldecke durchbrochen. „Wir haben versucht das Kind zu stabilisieren. Dabei haben noch zwei Kolleginnen geholfen, eine nahm noch eine Spieluhr, deren Musik das Kind tatsächlich beruhigte.“
Die Zweijährige wurde nicht nur gerettet, die Ärzte im UKE konnten auch ihr Gesicht weitgehend wiederherstellen. Der Hund Rocky, der eigentlich dem Onkel des Mädchens gehörte und nur in Obhut genommen worden war, wurde wenig später eingeschläfert.„Ich bin stolz auf die beiden Kollegen“, sagt der Polizeipräsident. „Sie haben in der schwierigen Situation genau das Richtige gemacht und einem Kind das Leben gerettet.“