Hamburg. Ein 20-jähriger Deutschmarokkaner sitzt in U-Haft. Er kommt aus dem 9/11-Umfeld – und stand unter Beobachtung.

Hamburger Sicherheitsbehörden haben offenbar einen Terroranschlag verhindert. Spezialkräfte nahmen einen 20 Jahre alten Islamisten fest, der versucht hatte, sich im Darknet eine russische Makarow-Pistole mit 50 Schuss und eine Handgranate zu kaufen und dabei auf einen verdeckt arbeitenden Mitarbeiter einer Sicherheitsbehörde gestoßen war. Der Übergabeort sollte der Parkplatz eines Schnellrestaurants an der Kieler Straße in Hamburg-Stellingen sein. In der Nähe sei der Mann dann verhaftet worden.

Polizei verhindert Terroranschlag: Keine Hinweise zum Zeitpunkt

Am 8. Dezember stellten Polizei und Staatsanwaltschaft bei 17 Hausdurchsuchungen in mehreren Bundesländern (Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg) Beweise sicher – Smartphones, PCs, digitale Datenträger, deren Auswertung andauert. Die Durchsuchungen waren demnach "bei unverdächtigen Kontaktpersonen des Beschuldigten". Darüber informierten Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD), Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich und LKA-Chef Mirko Streiber am Freitag bei einer Pressekonferenz. Laut Fröhlich werden Erinnerungen an die Terroranschläge vom 11. September 2001 wach.

Bislang gebe es keine Hinweise darauf, wann und wo der Beschuldigte den Anschlag mutmaßlich verüben wollte, sagte LKA-Chef Streiber. Auch gebe es keine Hinweise auf mögliche Mittäter.

Polizei verhindert Anschlag: Mann wurde beobachtet

Die Hamburger Behörden gehen davon aus, dass der Generalbundesanwalt den Fall schon in der kommenden Woche übernehmen wird. Der junge Mann hatte beste Kontakte in die militant-extremistische Szene. Obwohl erst 20 Jahre alt, ist der Mann mit deutschem und marokkanischem Pass schon seit Langem den Sicherheitsbehörden bekannt und stand unter Beobachtung.

Auch sein Vater gilt seit Jahren als bekannter Islamist. Er wurde dem Umfeld der berüchtigten Al-Quds-Moschee am Steindamm zugerechnet, in der auch die Terrorpiloten vom 11. September 2001 beteten und radikalisiert wurden. Die Polizei ermittelte, dass der 20-Jährige Kontakt zu Mamoun Darkazanli und zu den Söhnen von Muhammad Haidar Zamar hatte. Dakanzli wurde dem Umfeld des Netzwerkes von Mohammed Atta zugerechnet.

Polizei Hamburg überzeugt: 20-Jähriger wollte „Nagelbombe“ bauen

Seit seiner Festnahme am 26. August durch Spezialeinsatzkräfte sitzt der junge Mann in Untersuchungshaft. In einer von ihm genutzten Wohnung stellten Fahnder Propagandavideos islamistischer Terrorgruppen und Unterlagen zur Herstellung von Waffen sicher.

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In einer weiteren, später ermittelten Wohnung in Jenfeld – sie gehört einem Cousin des 20-Jährigen – stellte die Polizei am 19. November Komponenten zur Herstellung von Schwarzpulver und zum Bau eines Sprengsatzes sicher, darunter je ein Kilo Schwefel und Kaliumnitrat, 500 Gramm Kohlepulver, mehrere Hundert Schrauben und Muttern sowie Elektrodrähte. Die Polizei ist überzeugt, dass der 20-Jährige eine „Nagelbombe“ bauen wollte. Sie sprach von einem „herausragenden Ereignis“.

20-Jähriger ein Einzelgänger der regelmäßig die Moschee besuchte

Dem 20-Jährigen werden die versuchte Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und der versuchte Erwerb einer Kriegswaffe vorgeworfen. Bei einer Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht drohe dem Beschuldigten eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren, sagte Fröhlich. Der Beschuldigte habe sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.

2016 war die Familie den Angaben zufolge von Hamburg-Billstedt nach Marokko gezogen, wo der jetzt Festgenommene seinen Schulabschluss machte. Im Herbst vergangenen Jahres kehrte er nach Deutschland zurück und nahm an einem Studienkolleg in Wismar teil. Diesen auf ein Studium vorbereitenden Kurs habe der 20-Jährige nicht bestanden. Zeugen hätten ihn als introvertierten Einzelgänger beschrieben, der regelmäßig die Moschee besuchte und nicht mit Frauen sprach.

Tschentscher: "Vermutlich einen schweren Anschlag verhindert"

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) lobte die "gute Arbeit" der Polizei Hamburg. Diese, weitere Sicherheitsbehörden und Spezialkräfte hätten "mit konsequenten Ermittlungen und mehreren Einsätzen vermutlich einen schweren Anschlag verhindert", schrieb Tschentscher in einem Twitter-Beitrag.

Der Hamburger Verfassungsschutz hat 1650 bekannte Islamisten im Fokus, davon gelten 1130 als gewaltorientiert. Darunter wiederum befinden sich 268 Jihadisten. Der Verfassungsschutz spricht von einer „starken salafistischen Szene“. In der Stadt werden der gewaltorientierten Hizb ut Tahrir rund 340 deutsche, afghanisch- und türkischstämmige Personen zugerechnet, der sogenannten Furkan-Gemeinschaft 200.