Hamburg. Das BKA hat nach den Großfunden im Hamburger Hafen neun Personen in Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein festgenommen.
Neun Haftbefehle vollstreckt, mehr als 30 Objekte in Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein durchsucht, Bargeld in Höhe von über 2,5 Millionen Euro sichergestellt: Das ist das Ergebnis der groß angelegten Razzia, mit der Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) am Mittwoch in Norddeutschland gegen eine Bande hochprofessioneller Drogenhändler vorgegangen war. Diese sollen tonnenweise Kokain in Schiffscontainern in den Hamburger Hafen geschmuggelt haben.
"Bei den Festgenommenen handelt es sich unter anderem um deutsche und türkische Staatsangehörige", teilte die Staatsanwaltschaft Hamburg am Donnerstag mit. Mehr als 270 Einsatzkräfte aus Hamburg, Bremen Schleswig-Holstein und des BKA sowie Spezialkräfte der Länder und des Bundes durchsuchten die verschiedene Objekte in Norddeutschland.
Drogenhändler im Norden: Polizei stellt 2,5 Millionen sicher
"Bei den Durchsuchungsmaßnahmen wurde Bargeld in Höhe von über 2,5 Millionen Euro sowie wertvoller Schmuck und ein hochwertiger PKW aufgefunden und gesichert", heißt es in einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Zudem seien Vermögenswerte in siebenstelliger Höhe gepfändet worden.
"Den Beschuldigten wird vorgeworfen, mit unterschiedlichen Tatbeiträgen Kokain im Tonnenbereich importiert und den Absatz des Kokains in Deutschland organisiert zu haben", teilte die Staatsanwaltschaft Hamburg bereits am Mittwoch mit. Die Tätergruppe habe sich darauf spezialisiert, Kokainlieferungen, die in Südamerika in Seefrachtcontainern verstaut waren, aus dem Hamburger Hafen in Besitz zu nehmen. "Unter den Festgenommenen befinden sich unter anderem die mutmaßlichen Organisatoren der Kokaintransporte, Kokainhändler und Frachtunternehmer", so die Staatsanwaltschaft.
Drogenschmuggel: Groß angelegte Razzien im Norden
Die Beschuldigten sollen laut BKA zu einem Netzwerk aus dem Bereich der organisierten Kriminalität gehören. Nähere Einzelheiten zu den Verdächtigen machten die Ermittler jedoch nicht.
Den Razzien vom frühen Mittwochmorgen seien monatelange Ermittlungen des BKA und der Hamburger Staatsanwaltschaft vorangegangen, hieß es. In diesem sowie im vergangenen Jahr hatte der Zoll im Hamburger Hafen wiederholt sehr große Kokainlieferungen abgefangen, die in Frachtcontainern an Bord von Seeschiffen zwischen unverdächtiger Ladung versteckt waren.
Handykommunikationsnetzwerk EncroChat wichtige Rolle bei Ermittlungen
2019 belief sich die Menge des beschlagnahmten Kokains auf insgesamt rund sieben Tonnen. Ein Großteil entfiel auf den bislang größten in Deutschland jemals entdeckten Einzelfund mit einem Gewicht von etwa viereinhalb Tonnen im Sommer 2019. Dieses Jahr wurden nach Angaben des Zolls zwei große Lieferungen in Containern entdeckt.
Nach Abendblatt-Informationen stehen die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Fund von 1,8 Tonnen Kokain im Hafen. Im März entdeckten Zollbeamte das Rauschgift in einem Schiff aus Peru, versteckt in Katzenstreu.
Außerdem hatten Polizei und Zoll im August rund 1,5 Tonnen Kokain am Containerterminal Altenwerder Polizei und Zoll im August rund 1,5 Tonnen Kokain am Containerterminal Altenwerder sichergestellt. Es war eine der größten Mengen, die je im Hamburger Hafen entdeckt wurden. Das Rauschgift hatte einen geschätzten Straßenverkaufswert von rund 700 Millionen Euro. Im Sommer 2019 hatte der Hamburger Zoll die größte Menge an Kokain sichergestellt, die jemals in Deutschland auf einen Schlag gefunden wurde: 4,5 Tonnen Kokain Drogen im Wert von fast einer Milliarde Euro.
Weitere Angaben zu dem Fall könnten wegen der laufenden Ermittlungen derzeit noch nicht gemacht werden, erklärte das BKA. Einem „Spiegel“-Bericht vom Mittwoch zufolge sollen Nachrichten aus dem von Kriminellen genutzten Handykommunikationsnetzwerk EncroChat bei den Ermittlungen eine wichtige Rolle gespielt haben. Französische und niederländische Ermittler drangen vor Monaten in das verschlüsselte System ein und fingen viele Millionen Nachrichten ab.
Einige der Beschuldigten sollen zu sogenanntem Miri-Clan gehören
Über das EncroChat-Netzwerk kommunizierten mutmaßliche Verbrecher aus dem Bereich der organisierten Kriminalität nach Angaben der Behörden europaweit und planten dabei freimütig schwerste Straftaten wie etwa Drogenhandel, Mord, Geldwäsche, Erpressung und Entführung. Auch in Großbritannien und in den Niederlanden gab es in diesem Zusammenhang schon Großrazzien, bei denen etwa tonnenweise Drogen gefunden wurden.
Wie der „Spiegel“ weiter berichtet, soll es sich bei dem Netzwerk um einen von kurdischen Verdächtigen dominierten Zusammenschluss handeln. Einige der Beschuldigten gehören demnach zu einer Familie, die dem in Bremen ansässigen berüchtigten sogenannten Miri-Clan zugerechnet wird.
Die Ermittlungen richten sich außerdem gegen Fuhrunternehmer und Hafenmitarbeiter, die der professionell organisierten Bande geholfen haben sollen, an das Kokain in den Containern zu gelangen.