Hamburg. Mädchen kollabierte bei Feier plötzlich und starb trotz langer Reanimation. Womöglich waren Partydrogen und Alkohol im Spiel.

Das Wohnhaus liegt mitten in der Jarrestadt, wo viele junge Familien leben – die Polizei spricht in einer Mitteilung von „bürgerlichem Milieu“. Die Tür der Wohnung im zweiten Stock ist am Sonntag bereits als möglicher Tatort versiegelt. „Die Tochter der Mieter hatte gefeiert“, sagen Nachbarn. Und vorher noch Bescheid gegeben, dass es etwas lauter werden könne. Dann kam es in der Nacht zu Sonntag zu einem Unglück, bei dem ein erst 16 Jahre altes Mädchen sein Leben verlor. Offenbar spielte eine Mischung aus Alkohol und Drogen eine Rolle bei ihrem Tod.

Nach ersten Erkenntnissen der Polizei war Jana M. (Name geändert) aus Finkenwerder am Sonnabendabend zu der Party ihrer Freundin in den Novalisweg gefahren. Die etwa zehn Jugendlichen tranken, später sagten Zeugen, es seien zudem Pillen mit chemischen Drogen konsumiert worden. Auch Jana M. soll dabei mitgemacht haben.

Gegen 1.20 Uhr wurde schließlich ein Notarzt und ein Rettungswagen zu dem für die Gegend typischen Haus aus den 1920er-Jahren gerufen. Als die Retter eintrafen, war die Jugendliche bereits nicht mehr ansprechbar, lag leblos auf dem Boden. Die Sanitäter versuchten, Jana M. wiederzubeleben. Erfolglos. Sie verstarb noch in der Wohnung ihrer Freundin.

16-Jährige stirbt auf Party – Leiche soll obduziert werden

Das Landeskriminalamt hat die Ermittlungen aufgenommen. Die Leiche der 16-Jährigen wurde in die Rechtsmedizin gebracht. Am Montag, so hieß es am Wochenende, soll eine Obduktion durchgeführt werden. Auch eine toxikologische Untersuchung soll vorgenommen werden. Es steht im Raum, dass die 16-Jährige Ecstasy konsumiert habe.

Das synthetische Rauschgift gilt als „Partydroge“. Eine Erhebung aus dem Jahr 2018 ergab, dass in Hamburg 3,4 Prozent der 14- bis 17-Jährigen schon einmal Ecstasy genommen haben. Die Wirkung ist nicht einschätzbar. Die Pillen, die illegal schon für weniger als zehn Euro angeboten werden, variieren stark bei den Inhaltsstoffen. Mittlerweile enthalten die Pillen mehr als dreimal so viel Wirkstoff MDMA wie vor zehn Jahren.

Todesfälle bei alleinigem Ecstasykonsum selten

Allerdings gelten Todesfälle durch den alleinigen Ecstasykonsum als extrem selten. Sie liegen bundesweit im Jahr im unteren bis mittleren einstelligen Bereich. In Verbindung mit Alkohol können aber Komplikationen wie etwa Erbrechen auftreten, an denen ein bewusstloser Mensch ersticken kann.

Dr. Peter Strate, Suchtexperte der Asklepios-Klinik Nord, weist auf das Risiko einer Überdosierung bei Party-Drogen hin.
Dr. Peter Strate, Suchtexperte der Asklepios-Klinik Nord, weist auf das Risiko einer Überdosierung bei Party-Drogen hin. © MARK SANDTEN / FUNKE FOTO SERVICES | Mark Sandten

Zudem unterschieden sich die tatsächlich enthaltenen Substanzen sehr stark, wie Peter Strate, Chefarzt an der Klinik für Abhängigkeitserkrankungen in der Asklepios-Klinik Nord Ochsenzoll, erklärt. „Häufig wird alles Mögliche als Ecstasy verkauft“, so Strate. Bei chemischen Drogen wüssten die Konsumenten häufig gar nicht, welche Wirkstoffe in welchen Mengen in den Pillen sind. Strate: „Man kann es schnell überdosieren.“ Bei einem Körpergewicht von 50 Kilogramm können schon 50 Milligramm Wirkstoff zu erheblichen Nebenwirkungen führen. „Teilweise sind in den Tabletten 250 Milligramm Wirkstoff.“

„Alkohol und illegale Drogen wie Ecstasy zusammen sind sehr gefährlich"

Seit den 90er-Jahren ist die Droge vor allem in der Partyszene verbreitet. „Ecstasy wirkt als Psychostimulanz und steigert das Wohlbefinden, man hat das Gefühl, in der Gemeinschaft aufgenommen zu sein, das hebt die Stimmung.“ Daher wird Ecstasy auch als „Hug“-Droge bezeichnet, aus dem Englischen für Umarmung. Derjenige, der es zu sich nimmt, fühlt sich gut, geborgen und ausgelassen.

Aber: „Alkohol und illegale Drogen wie Ecstasy zusammen sind sehr gefährlich“, so Strate. „Aber es wird halt doch immer gemischt.“ Durch den hohen Alkoholkonsum und durch das Tanzen etwa dehydriert der Konsument schnell, trocknet aus, weil man nicht den Drang verspürt, Flüssigkeit aufzunehmen und auch beim Alkoholkonsum keine Grenze spürt. „Die Vitalfunktionen können nicht mehr eingeschätzt werden. Man fühlt sich lebendiger, aber nicht durstig.“ Durch die Mischintoxikation kann es zur Kreislaufüberlastung kommen.

Gebrauch von illegalen Drogen wieder leicht angestiegen

Rund 1300 Menschen sterben jedes Jahr in Deutschland durch den Konsum von illegalen Drogen. Zum Vergleich: Durch das Passivrauchen sterben 3000 Menschen jährlich, durch Tabak 120.000 Menschen und durch Alkohol 40.000. Der Konsum von Ecstasy unter Jugendlichen sei ein Nischenphänomen. Der Konsum von Cannabis sei viel häufiger.

Lesen Sie auch:

„Cannabisprodukte stellen nach wie vor die am weitesten verbreiteten Drogen unter den illegalen Suchtmitteln dar“, heißt es auch im aktuellen Basisbericht der SCHULBUS-Studie zum Substanzkonsum der Hamburger Jugendlichen. Dazu wurden 1000 Schüler und Lehrer zum Umgang mit Suchtmitteln befragt. Im Vergleich zum Jahr 2015 sind sowohl das Kiffen als auch der Gebrauch von anderen illegalen Drogen in 2018 wieder leicht angestiegen. Alkohol- und Tabakkonsum sind dagegen rückläufig.

Ob mögliche Vorerkrankungen zum Tod von Jana M. beigetragen haben könnten, ist noch unklar. Erst vor zwei Wochen hatte in Schwarzenbek (Schleswig-Holstein) der Prozess wegen eines ähnlich anmutenden Falles begonnen. Die 16 Jahre alte „Josy“ war 2018 in einem Waldstück in Geesthacht nach Ecstasy-Konsum zusammengebrochen und verstorben. Die Staatsanwaltschaft wirft drei Freunden des Mädchens in der Anklage „unterlassene Hilfeleistung“ vor.