Hamburg. Zuvor Demo mit Hunderten Teilnehmern auf der Reeperbahn. Polizisten mit Pfefferspray angegriffen. Neun Festnahmen.

Der Tag der Arbeit begann zunächst ruhig für die Hamburger Polizei, doch am Abend mussten die Beamten anlässlich Demonstrationen am 1. Mai doch noch verstärkt auf St. Pauli und in der Sternschanze einschreiten. Weil die Gewalt einiger Chaoten zu eskalieren drohte, wurden auf dem Schulterblatt vor dem linksautonomen Zentrum Rote Flora sogar Wasserwerfer vorgefahren. Einer der Spezialfahrzeuge kam dabei auch zum Einsatz, wie Polizeisprecherin Evi Theodoridou auf Anfrage mitteilte.

Zunächst lösten die Polizisten am Abend auf der Reeperbahn eine nicht genehmigte Versammlung auf. Mehrere Hundert Menschen offenkundig aus dem linken Spektrum hatten sich zuvor auf der Amüsiermeile trotz eines coronabedingten Versammlungsverbots eingefunden und antifaschistische Slogans skandiert.

Beamte mit Pfefferspray angegriffen

In einer Seitenstraße der Reeperbahn seien Polizisten von einer rund 20-köpfigen Gruppe mit Pfefferspray angegriffen worden. Drei Beamte hätten Augenreizungen erlitten, die Angreifer seien entkommen, sagte die Polizeisprecherin. Kurze Zeit später sei in der Nähe des Fischmarkts der Geldautomat einer Bankfiliale mit Bodenplatten beworfen worden. Vier Tatverdächtige seien festgenommen worden.

Die Polizei forderte die Teilnehmer auf, die Reeperbahn zu verlassen. Schon zu diesem Zeitpunkt drohten die Beamten mit dem Einsatz von Wasserwerfern. Mindestens ein halbes Dutzend stand bereit, doch ihr Einsatz sollte erst später kommen.

1. Mai: Polizisten mit Pyrotechnik beworfen

Die Menge kam der Aufforderung nur schleppend nach. Vereinzelt wurde Pyrotechnik gezündet. Die Polizei war mit massiven Kräften im Einsatz. Ursprünglich hatten Linksextremisten für Freitagabend zu einer „revolutionären 1. Mai-Demo“ aufgerufen. Der Aufzug, der von der Reeperbahn ins Schanzenviertel führen sollte, war allerdings untersagt worden.

Davon ließen sich die Protestierer jedoch nicht abhalten. Und so zogen sie nachts von St. Pauli aufs Schulterblatt, um sich dort erneut mit mehreren Hundert zu versammeln. Als die Polizisten eintrafen, wurden sie von einigen Chaoten mit Pyrotechnik beworfen. Zudem zogen gewaltbereite Straftäter Mülltonnen auf die Straße und weigerten sich, den Platz trotz Aufforderung der Polizei zu verlassen.

Proteste in der Schanze: Neun Festnahmen

Daraufhin fuhren Wasserwerfer vor und die Beamten räumten die Straße im Schanzenviertel. Laut Polizeiangaben kam einer der Wasserwerfer zum Einsatz gegen Radikale. Es war der Höhepunkt eines unnötigen Kräftemessens in Coronazeiten.

Bei der Räumung des Schulterblatts sei ein Demonstrant nach einem tätlichen Angriff auf einen Polizisten und eine weitere Person nach einem Flaschenwurf vorläufig festgenommen worden, sagte die Sprecherin. Insgesamt habe es neun Festnahmen gegeben.

Neonazi-Demo in Harburg endgültig verboten

Bereits am Mittag hatte auch das Bundesverwaltungsgericht in Karlsruhe den Neonazi-Aufmarsch in Hamburg-Harburg untersagt, nachdem die von Christian Worch angemeldete Kundgebung zuvor bereits vom Hamburgischen Oberverwaltungsgericht verboten worden war.

Gegendemo in Coronazeiten: Mit Abstand gegen die verbotene Kundgebung der Neonazis.
Gegendemo in Coronazeiten: Mit Abstand gegen die verbotene Kundgebung der Neonazis. © HA | Kaja Weber

Die kurzfristig zusammengezogenen mehr als 1000 Polizisten aus mehreren Bundesländern bauten am Mittag die vorsorglich aufgestellten Absperrungen rund um den Bahnhof wieder ab, auch das schwere Gerät wie Wasserwerfer wurde zum großen Teil bereits wieder abgezogen. Polizisten aus Bayern reisten daraufhin zurück in ihre Heimat.

Die Polizei war auch in Anbetracht verschiedener Gegenkundgebungen "auf verschiedene Szenarien vorbereitet", wie Polizeisprecherin Evi Theodoridou sagte. Der Infektionsschutz habe dabei im Mittelpunkt gestanden, um zu verhindern, dass sich Demonstranten oder Beamte mit dem Coronavirus infizieren.

Hamburger Gerichte hatten Neonazi-Demo abgelehnt

Das OVG hatte das von der Stadt ausgesprochene Verbot der Versammlung am Donnerstagabend bestätigt, weil der Veranstalter nicht glaubhaft gemacht habe, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die wegen der Corona-Pandemie geltenden Infektionsschutzmaßnahmen vorliegen, wie ein Gerichtssprecher mitteilte.

Vor allem, „weil die tatsächliche Anzahl der Teilnehmer die bisher in Aussicht gestellte Höchstzahl deutlich übersteigen dürfte“. Angemeldet waren 25 Teilnehmer. Auch das Verbot einer ebenfalls in Harburg geplanten Demonstration von Linksradikalen wurde vom OVG bestätigt.

Linke blockieren Straßen in der Stadt

Gruppen von anscheinend linksgerichteten Demonstranten hatten unter anderem die Feldstraße blockiert, die Polizei löste die nicht angemeldete Kundgebung auf.

Verschiedene linke Gruppierungen mobilisierten sich daraufhin weiter im Netz für Kundgebungen, unter anderem an der Reeperbahn.

Proteste in Hamburg: 2000 Polizisten im Einsatz

Die Polizei war seit dem Vormittag mit knapp 2000 Beamten im Einsatz. Dabei wurden die Hamburger Polizisten von Kollegen der Bundespolizei, aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern unterstützt.

In der Vergangenheit war es rund um den 1. Mai in Hamburg wiederholt zu schweren Ausschreitungen gekommen. In den vergangenen drei Jahren verliefen die „revolutionären“ Maikundgebungen aber weitgehend friedlich.