Hamburg. Der Bulgare sollte Hells-Angels-Boss Dariusch F. “zum Krüppel“ machen. Das versprochene Kopfgeld habe er nie erhalten.
Es war ein kalt kalkulierter Anschlag. Die fünf Schüsse, die am 26. August 2018 auf den Hells-Angels-Boss Dariusch F. abgegeben wurden, mitten auf dem Kiez, sollten ein wirkungsvoller Racheakt werden. So schildert es zumindest der Mann, der die Kugeln abfeuerte, im Prozess vor dem Schwurgericht.
Sein Auftraggeber habe ihm gesagt, dass das Opfer „vorzugsweise nicht sterben“ solle. Sondern er solle ein „halber Mensch“ werden, „ein Krüppel“. „Der Auftrag war: Alle fünf Kugeln sollten ihn erreichen, egal wo im Körper.“ Mit dieser Aussage gesteht der Bulgare Angel I., für Geld als Verbrecher angeheuert worden zu sein.
Wie zwei Kriminelle den Anschlag planten
Angel I. ist wegen versuchten Mordes angeklagt. Mit dem 27-Jährigen zusammen müssen sich jene beiden Männer vor Gericht verantworten, die laut Staatsanwaltschaft das Verbrechen geplant haben sollen. Das ist zum einen Arasch R., ein 29-Jähriger, der zu den Anfang 2016 aufgelösten Mongols gehörte, einer mit den Hells Angels verfeindeten Rockergruppe, sowie dessen Vater Toryali R. (73).
Auf den einstigen Mongols-Rocker Arasch R. und seine Freundin Lisa S. war am 15. Juni 2016 ein Überfall verübt worden, bei dem beide schwer verletzt worden waren. Für diesen Anschlag machte Arasch R. den Ermittlungen zufolge Dariusch F. verantwortlich. Als Racheakt, so die Anklage, habe Arasch R. den Plan entwickelt, den Hells Angels erschießen zu lassen. Das Opfer ist seitdem querschnittsgelähmt.
Die Bilder des Rockeranschlags auf dem Kiez:
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Arasch R.’s Vater Toryali R. soll bei der Planung geholfen und die Tatwaffe besorgt haben. Als Killer wurde demnach der Bulgare Angel I. angeheuert, der 10.000 Euro für seinen schmutzigen Job bekommen sollte.
Schütze belastete seine Auftraggeber schwer
Und dieser junge Mann belastet im Prozess die Mitangeklagten schwer. Toryali R. habe ihm erklärt, so der 27-Jährige, dass der Boss der Hells-Angels-Rocker hinter dem Attentat auf seinen Sohn Arasch R. stecke. „Er sagte: ,Wenn ich jünger wäre, hätte ich selber die Arbeit erledigt.’ Also, dass er ihn erschießen würde.“
Der Angeklagte sagt aber auch: Er habe den Eindruck gewonnen, dass der 73-Jährige bezüglich des Mordanschlags „diese Sache nicht so sehr tun wollte“. So sei beim ersten Versuch, das avisierte Opfer aufzuspüren, zwar Toryali R. mit im Auto gewesen. Am nächsten Tag, als es tatsächlich zum Mordanschlag kam, saß demnach aber nicht mehr der Vater am Steuer, sondern die Freundin von Arasch R.
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Schütze erhielt nie das versprochene Kopfgeld
Vor einem Lokal auf dem Kiez hätten sie schließlich den Hells-Angels-Rocker entdeckt und seien dem 39-Jährigen gefolgt, nachdem er mit seinem hellblauen Bentley losgefahren war. Als die Luxuskarosse von Dariusch F. an einer roten Ampel hielt, hätten sie links neben dem Wagen ebenfalls gestoppt, erzählt Angel I. „Ich habe meinen Arm mit der Waffe aus dem Fenster gestreckt und geschossen.“ Fünfmal habe er abgedrückt und dabei in etwa auf die Schulter des Opfers gezielt. „Bis zum vierten Schuss hat er sich noch bewegt.“
Als er alle Kugeln abgefeuert hatte, habe Lisa S. Gas gegeben und ihn später am Hauptbahnhof abgesetzt — mit dem Versprechen, sie werde sich dreißig Minuten später wegen des versprochenen Killerlohns bei ihm melden. „Ich habe gewartet, aber sie hat nicht angerufen.“ Das Geld hat Angel I. offenbar nie bekommen.
Unterdessen weist der Verteidiger von Toryali R. die Vorwürfe gegen seinen Mandanten zurück. Im „tatkritischen Zeitraum“ habe „nahezu keinerlei Gelegenheit zu einer gemeinsamen Tatplanung bestanden“, sagt der Anwalt. Die Anklage habe „keinerlei Beweismittel“ gegen den 73-Jährigen präsentiert. Dessen Sohn Arasch R. schweigt weiterhin im Prozess.