Hamburg/Kiel. Allein in Schleswig-Holstein sind der Polizei Hunderte Fälle bekannt, bei denen Betrüger mit angeblichen Wertpapieren Geld erbeuteten.
Das Landeskriminalamt (LKA) Schleswig-Holstein warnt vor einer "perfiden Art, Menschen um ihr Vermögen zu bringen": Mit gefälschten Handelsplattformen für Finanzprodukte und einer "Vertrauensbindung zum späteren Opfer" betrügen kriminelle Banden im Internet arglose Menschen, wie Volker Willert erklärt. Der Leiter des Dezernats für Wirtschaftskriminalität beim LKA arbeitet bei der Suche nach den Betrügern mit Europol zusammen: Die Hintermänner sitzen den Ermittlungen nach in Israel und verschiedenen südosteuropäischen Staaten.
Allein in Schleswig-Holstein sind der Polizei mehrere Hundert Betrugsfälle nach dem so genannten "Boiler Room Scam"-Muster bekannt geworden. Oft ging es nur um Summen von wenigen Hundert Euro, weit höhere Schadenssummen um 50.000 Euro sind laut Polizei jedoch "keine Seltenheit". So wurde beispielsweise ein 76-Jähriger aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg um 455.000 Euro betrogen.
So betrügen die Kriminellen ihre Opfer
Das LKA erklärt, wie die Täter vorgehen, um ihre Opfer zu immer höheren vermeintlichen Investitionen zu bewegen: Am Anfang stehen professionell aufgemachte Online-Portale und Auftritte in den sozialen Medien, die mit lukrativen Anlagemöglichkeiten schon bei geringem Geldeinsatz werben.
Hat man sich auf einer dieser angeblichen Handelsplattformen registriert und eine erste Investition getätigt, beginnt der für die Kriminellen lukrative Teil des Betrugs: Der Anleger wird von einem vermeintlichen "persönlichen Finanzberater" kontaktiert – nicht nur einmal, sondern über Wochen und Monate hinweg. Wurden die Opfer nicht misstrauisch, steigerten die Betrüger die Summen, die "investiert" werden sollten.
Angeblicher Handel mit verbotenen Finanzprodukten
Dabei gingen sie besonders hinterhältig vor: "Der Kunde kann seine Kontobewegungen und angebliche Gewinne online jederzeit einsehen, ihm stellt sich die eigene Anlageentscheidung als richtig dar. So fällt es leichter, höhere Summen zu investieren", sagt LKA-Ermittler Willert.
Zum anderen wird von den Betrügern stets betont, dass die Entscheidung, ob man weiteres Geld "anlegen" wolle, immer dem "Kunden" überlassen ist: Gleichzeitig setzen die Kriminellen ihre Opfer aber unter Druck, gaukeln zeitlich beschränkte Angebote mit hohen Renditen vor. Außerdem geht es immer um Finanzprodukte, die für den Laien nur schwer nachvollziehbar sind: Sogenannte CFDs (Contracts for Difference) oder binäre Optionen auf Aktien, (Krypto-) Währungen oder Rohstoffe – der Verkauf solcher Produkte an Privatkunden ist unter anderem wegen des hohen Verlustrisikos seit mehr als einem Jahr in Deutschland verboten.
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"Am Ende steht in der Regel der Totalverlust"
Selbst, wenn die vermeintlichen Gewinne ausgezahlt werden sollen, endet der Betrug nicht. Der Polizei sind Fälle bekannt, in denen den Anlegern vorgespielt wird, man würde das Geld gern auszahlen, doch seien aufgrund eines Crashs der Anlage nun weitere Zahlungen notwendig, um den Totalverlust abzuwenden – oder es werden "Verlustversicherungen" angeboten, die das Kapital schützen sollen; Bank-, Anwalts- oder Notarkosten geltend gemacht, die zunächst beglichen werden müssten.
Alternativ ist der Kontakt zu der "Handelsplattform" einfach nicht mehr möglich oder der angebliche "persönliche Berater" nicht verfügbar: "Am Ende steht in der Regel der Totalverlust" des Kapitals, so Willert.
Wie man sich vor "Boiler Room Scam"-Betrügern schützt
Denn das Netzwerk aus Webseiten und Betreiberfirmen mit Offshore-Adressen und Auslandskonten, auf denen das Geld der Opfer landet, ist nur schwer zu entwirren. "Man sollte Angeboten gegenüber immer misstrauisch sein, die sichere Anlagen, garantierte Rendite und hohen Gewinn bei sehr geringem Risiko versprechen", warnt Volker Willert vom LKA.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hält auf ihrer Webseite eine Datenbank mit allen Unternehmen vor, die von der BaFin lizensiert sind – in einer weiteren Liste können Firmen abgerufen werden, denen die BaFin Geschäfte untersagt hat.