Hamburg. Sechs Baumbesetzer hocken noch auf den Pappeln. Die Problematik sind die Bäume. Polizeigewerkschaft greift Umweltsenator an.

Die Besetzung der Bäume im Vollhöfner Wald wird endgültig zur Hängepartie – und das auf unabsehbare Zeit. Die Polizei wird die sechs Aktivisten, die sich noch in den Bäumen befinden, nicht herunter holen. „Das ist für die Einsatzkräfte und auch für unser Gegenüber zu gefährlich“, sagte ein Beamter vor Ort am Freitag.

Die Problematik sind die Bäume. Es sind Pappeln, die auf weichem Untergrund, teilweise sogar im Wasser stehen. Sie könnten bei dem Einsatz einfach umstürzen. Selbst der Einsatz von Hubschraubern kommt nicht in Betracht. Die für solche Einsätze ausgebildete Einheit der Bundespolizei würde Hubschrauber des Typs Puma einsetzen. Die könnten die Bäume durch den Wind, den die Rotoren erzeugen, umwehen oder ganze Kronen abknicken.

Vollhöfner Wald: Aktivisten zu folgen, wäre lebensgefährlich

Zudem befindet sich in den Bäumen viel sogenanntes Bruchholz, morsche Äste. Kommen Polizisten den Baumbesetzern zu nahe, klettern diese in den teilweise morschen Ästen immer höher. Ihnen zu folgen, wäre lebensgefährlich für die Beamten.

Jetzt will man einfach abwarten. Die Besetzer selbst hatten verbreitet, dass sie für sieben Tage Nahrung hätten. Aber selbst wenn die ausgeht, hätte die Polizei, eine sogenannte „Schutzpflicht“. Das bedeutet, dass die Aktivisten versorgt werden müssten, wenn diese körperlich durch Nahrungs- oder Flüssigkeitsverlust eingeschränkt werden.

Hamburger Feuerwehr auf Rettungseinsatz vorbereitet

Zudem könnte der Räumungseinsatz auch zu einem Rettungseinsatz werden, wenn plötzlich einer der Besetzer gesundheitliche Probleme bekommen würde – beispielsweise durch ein „Hängetrauma“. Dafür muss jetzt die Feuerwehr Einsatzkräfte bereit stellen. Die Höhenretter rückten am Freitag an, um sich schon einmal mit den Gegebenheiten vertraut zu machen, falls es zum Rettungseinsatz kommt.

Unter den in Hängematten dösenden Aktivisten wird derweil das Baumhaus von der Polizei zerlegt. Gegen weiteren Zulauf ist das Gelände gesichert. Das wird auch so bleiben, so lange die Besetzer in den Bäumen bleiben. Im Einsatz sind neben einer ganzen Hundertschaft zahlreiche zusätzliche Beamte von Polizei und Feuerwehr. Die Kosten werden genau erfasst. Die Polizei will sie den Besetzern in Rechnung stellen. „Es wird gerade sehr intensiv daran gearbeitet einen Kostenträger zu ermitteln“, so ein Beamter.

Vollhöfner Wald: Politische Debatte um Räumung

Die sechs verbleibenden Baumbesetzer hatten die Nacht zum Freitag im Vollhöfner Wald verbracht, nachdem am Donnerstag die meisten ihrer Mitstreiter in Gewahrsam oder festgenommen genommen worden waren. Die Aktivisten hatten Mitte Oktober bekanntgegeben, dass der Wald besetzt sei und ein Baumhaus in dem Waldstück gebaut, um gegen eine geplante Rodung zu protestieren. Am Donnerstag war es den Beamten gelungen, das Baumhaus zu räumen. Insgesamt wurden 19 Aktivisten in Polizeigewahrsam beziehungsweise festgenommen. Sechs andere Aktivisten waren an Seilen gesichert bis zu 20 Meter hoch in umliegende Bäume geklettert, um sich dem Zugriff zu entziehen.

Die Besetzer fordern, den Wald zum Naturschutzgebiet zu erklären. Über die Räumung war eine politische Debatte entbrannt. Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) twitterte am Donnerstag: „Ich bleibe bei meiner Einschätzung. Es gibt zur Zeit keine naturschutzfachliche oder zwingend rechtliche Notwendigkeit für eine Räumung. Das ist ein überflüssiger Einsatz.“ Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dennis Gladiator, warf Kerstan ein „falsches Spiel“ vor. Kerstan habe selbst der Fläche als Hafenerweiterungsgebiet im Senat zugestimmt.

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Polizeigewerkschaft greift Hamburgs Umweltsenator an

Äußerst empört reagierte die Deutsche Polizeigewerkschaft Hamburg (DPolG) auf die Aussage von Umweltsenator Kerstan. "Es kommt eigentlich nie vor, dass ein Senatsmitglied öffentlich im Rundumschlag Entscheidungen des Ersten Bürgermeisters, des für die innere Sicherheit zuständigen Senators und der ausführenden Polizei kritisiert und als ‚überflüssig‘ bezeichnet", sagte Joachim Lenders, Landesvorsitzender der DPolG Hamburg. Die Polizei sei es mittlerweile gewohnt, von Teilen der außerparlamentarischen Opposition und interessensgeleiteten Gruppen diskreditiert und diffamiert zu werden. "Dies von einem regierenden Senator zu hören, ist eine neue Qualität und aus unserer Sicht völlig inakzeptabel", stellte Lenders klar.

"Offenbar ist Senator Kerstan der Auffassung, dass eine rechtswidrige Besetzung und das Errichten illegaler Behausungen zu vernachlässigen sei, wenn es der ‚guten Sache‘ dient und bei einer bestimmten Wählerklientel ankommt", sagte Lenders weiter und warf Kerstan Parteipolitik vor. "Im Senat scheinen wenige Monate vor der Bürgerschaftswahl die Nerven blank zu liegen, anders ist so ein Verhalten nicht zu erklären. Das diese politische Stimmungsmache auf Kosten der Polizei erfolgt, ist gelinde gesagt völlig daneben und Herr Kerstan weiß das auch.“