Hamburg. Saab durchbricht Betonwand in 20 Meter Höhe und landet auf dem Dach. Obduktion soll die Unfallursache klären. Das sagt der ADAC.
Es ist eine Szene wie aus einem Actionfilm: Im Shopping-Center Hamburger Meile ist am Dienstagabend ein Auto aus dem Parkhaus im vierten Stockwerk auf die Straße gestürzt. In Höhe der Bachstraße landete das Fahrzeug kopfüber in der Bostelreihe auf der Rückseite des Einkaufszentrums. Das Dach wurde durch die Wucht des Aufpralls vollständig eingedrückt. Der Fahrer, ein 88 Jahre alter Mann aus Hamburg, hatte keine Überlebenschance.
Aus welchem Grund der Fahrer des Saab plötzlich Gas gegeben hatte und abstürzte, soll nun bei einer Obduktion durch die Gerichtsmedizin geklärt werden. Dabei soll auch festegestellt werden, ob der Fahrer möglicherweise erkrankt war und deswegen den Unfall verursacht hat. Vieles spricht aber dafür, dass eine Panikreaktion zu dem Unglück führte.
88-Jähriger gab beim Ausparken plötzlich Vollgas
Laut Zeugenaussagen hatte der Mann beim Ausparken Vollgas gegeben. Das Auto habe sich mehrfach um die eigen Achse gedreht und sei dann gegen eine Wand geprallt. Danach fuhr der Wagen ein längeres Stück, wieder mit starker Beschleunigung, durch das Parkhaus. Dann durchbrach es die Mauer und stürzte kopfüber in 13 Meter Tiefe.
Bostelreihe bleibt vorerst gesperrt
Die Feuerwehr drehte das verunglückte Fahrzeug zunächst mit vereinten Kräften auf die Räder und begann anschließend mit der Bergung des Toten. "Die Arbeiten waren sehr schwierig, weil das Fahrzeug völlig deformiert war und das Dach mit der Motorhaube und dem Kofferraum praktisch eine Ebene gebildet hat", sagte Feuerwehrsprecher Werner Nölken.
Die Leiche wurde in die Rechtsmedizin gebracht. Die Unfallstelle wurde abgeriegelt, weil die Gefahr bestand, dass die gelöste, rund 15 mal einen Meter große Betonlamelle herunterstürzen könnte. Das Fassadenteil wurde von einem Baustatiker begutachtet. Bis zur endgültigen Sicherung des Betonteils bleibt die Bostelreihe bis auf Weiteres für den Straßenverkehr gesperrt. Zwölf Augenzeugen wurden von einem Kriseninterventionsteam des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) betreut. Ein Zeuge soll dem herabstürzenden Auto gerade noch ausgewichen sein.
Reichen Sicherheitsvorrichtungen nicht aus?
Bereits 2011 hatte sich in dem Parkhaus an der Mundsburg ein ähnlicher Unfall ereignet. Damals hatte eine 63 Jahre alte Frau mit ihrem BMW 3er Coupé die Betonwand aus den Angeln gehoben und war fast zehn Meter in die Tiefe gestürzt. Die Unternehmerin aus Geesthacht hatte den Unfall mit schweren Verletzungen überlebt.
Eine Notwendigkeit, die aktuellen Sicherheitsmaßnahmen zu überdenken, sahen die Parkhausbetreiber seinerzeit nicht. Das bald 50 Jahre alte Parkhaus des einstigen Einkaufszentrums Hamburger Straße war 2004 für fünf Millionen Euro saniert worden.
ADAC: So ein Fall ist die absolute Ausnahme
Generell sind Parkhäuser gegen Absturz von Fahrzeugen gesichert. Vorschriften sehen vor, dass ein Gewicht von 2,5 Tonnen bei einem Aufprall mit zehn Stundenkilometer gehalten werden muss. „Das ist eine Mindestanforderung“, so Hans Pieper vom ADAC Hansa. Tatsächlich sind die meisten Parkhäuser besser gesichert. "So ein Fall wie jetzt, ist die absolute Ausnahme“, so Pieper.
Vergleichbare Unfälle von Senioren
Vergleichbare Unfälle gab es bereits mehrfach in Hamburg. Im März vergangenen Jahres beschleunigte eine Autofahrerin (78) auf der Lohbrügger Landstraße ihren Wagen, nachdem sie zuvor ein Verkehrsschild überrollt hatte. Danach war sie in Schlangenlinien weitergefahren und hatte mit ihrem Fahrzeug mehrere fahrende Autos gerammt.
Im April dieses Jahres verlor eine 78-Jährige in Poppenbüttel beim Ausparken die Kontrolle über ihren Wagen. Sie hatte erst ein Auto gerammt und war dann weitergefahren. Dabei erfasste sie eine Frau mit Kinderkarre. Die Frau und ihr Kind wurden mehrere Meter durch die Luft geschleudert und schwer verletzt. 2010 fuhr am Hauptbahnhof ein 73-Jähriger einen vier Jahren alten Jungen tot, als er mit seinem Wagen rückwärts beim Ausparken Poller durchbrach.
Die Polizei beobachtet seit Jahren steigende Zahlen von schweren Unfällen mit Senioren. Allein im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Seniorenunfälle mit Verletzten um 5,6 Prozent auf 1557 Unfälle. Bei 61,1 Prozent der Unfälle mit Senioren waren über 65-Jährige auch Verursacher. Laut internen Statistiken sollen vor allem 75-Jährige weit überproportional als Unfallverursacher aufgefallen sein.