Hamburg. Die Polizei fand bei der Verdächtigen das Portemonnaie des Opfers. Die 39-Jährige hatte eine Ausbildung in dem Heim abgebrochen.
Auf dem Fahndungsvideo der Polizei ist eine Frau in Jeans zu sehen, die eine dunkle Mütze trägt und einen Rucksack auf dem Rücken. Es soll sich um die Frau handeln, die vor sechs Tagen eine 93 Jahre alte Frau in deren Wohnung im Seniorenheim „Hospital zum Heiligen Geist“ in Poppenbüttel grausam niedergestochen und schwer verletzt liegen gelassen hat. Nun wurde die Tatverdächtige gefasst, am Nachmittag wurde Haftbefehl erlassen.
Portemonnaie des Opfers wurde gefunden
Dabei handelt es sich um eine ehemalige Mitarbeiterin der Seniorenwohnanlage. Das bestätigte Oberstaatsanwältin Nana Frombach dem Abendblatt. Es bestehe der Verdacht, dass diese Gegenstände aus der Wohnung des Opfers entwendet habe. Ob die mutmaßliche Täterin Schmuck oder andere Wertsachen an sich genommen hat, dazu konnte die Staatsanwaltschaft noch keine Angaben machen. Am Nachmittag wurde bekannt, dass die Polizei bei der Verdächtigen das Portemonnaie der Seniorin gefunden hat.
Auf die Spur der 39 Jahre alten Tatverdächtigen führten schließlich Hinweise aus der Bevölkerung, die in Kombination mit den intensiven Ermittlungen der Mordkommission die Festnahme ermöglichte, bestätigte Polizeisprecher Florian Abbenseth am Freitagmorgen. Und weiter: „Gegen 16.30 Uhr hat es gestern in Norderstedt eine Wohnungsdurchsuchung gegeben.“
Das Motiv ist weiter unklar
Vor Ort stellten die Ermittler fest, dass die Bewohnerin eine starke Ähnlichkeit mit der Frau auf den Fahndungsbildern und dem Fahndungsvideo besitzt. "In der Wohnung fanden die Ermittler der Mordkommission mehrere Beweismittel, unter anderem Gegenstände aus der Wohnung der 93-jährigen Geschädigten", so der Polizeisprecher.
Am Freitagvormittag teilte die Polizei mit: "Vonseiten der Staatsanwaltschaft soll ein Haftbefehl wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit schwerem Raub, versuchtem Raub mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung beantragt werden", teilte die Polizei am Freitagvormittag mit. Dieser wurde am Nachmittag erlassen. Die Ermittlungen zu den Hintergründen und zum Motiv der Tat dauern an.
Tatverdächtige hatte Ausbildung zur Altenpflegerin gemacht
Im Hospital zum Heiligen Geist hat die Nachricht von der Verhaftung der 39-Jährigen Erleichterung ausgelöst. Vorstandsmitglied Frank Schubert informierte am Freitag die Mitarbeiter. „Es ist gut, dass die mutmaßliche Täterin festgenommen worden ist“, sagte er dem Abendblatt. Dennoch: Die Tat bleibe „unfassbar“.
Die Tatverdächtige habe im Hospital zum Heiligen Geist eine Ausbildung zur Altenpflegerin gemacht. Aber der Ausbildungsvertrag sei 2016, im dritten Lehrjahr, aufgehoben worden. „Das geschah auf Wunsch der Auszubildenden“, sagte Schubert. Es habe lange Fehlzeiten gegeben.
Sie sei „liebevoll und zugewandt“ mit den Klienten umgegangen
Mit dem Opfer habe die Auszubildende nach seinen Informationen keinen Kontakt gehabt. „Sie hat nicht im Haus Jasmin gearbeitet, in dem die 93-Jährige wohnt, sondern im stationären Bereich“, so Schubert. Sie sei „durchaus liebevoll und zugewandt“ mit den Klienten umgegangen. „Wir haben keine Aggressionen wahrgenommen“, sagte er.
"Es können nur sehr tragische Hintergründe sein, dass ein Mensch, der sich für den Pflegeberuf entschieden hat, zu so einer Tat fähig ist", sagte Schubert. "Man kann nachvollziehen, dass so ein Ereignis Unsicherheit auslöst und dass jetzt ein großes Aufatmen in allen Bereichen des Hospitals spürbar ist, gerade zum bevorstehenden Wochenende." Die Erleichterung beziehe sich auch auf das 93-jährige Opfer, dessen "Gesundheitszustand sich täglich bessert".
In dem Hospital zum Heiligen Geist werden rund 1100 Bewohner von 900 Mitarbeitern betreut. Die Tat hatte für erhebliche Verunsicherung in der „ Kleinen Stadt für Senioren“ gesorgt, so bezeichnet es die Stiftung. Am Mittwoch hatte es noch eine Informationsveranstaltung für alle Bewohner gegeben. Die Kripo war da, man sprach darüber, wie sich die Menschen vor Kriminalität schützen können. Am Donnerstag wurde Schubert dann über den Fahndungserfolg informiert. Heute will er einen Brief an alle Bewohner verfassen. Dennoch: Die Tat bleibt rätselhaft. Warum wurde die 93-Jährige Opfer dieser Gewalttat? Auch Schubert hat dafür keine Erklärung. Er hofft, dass nun wieder Ruhe einkehrt in der Stadt der Senioren.
Irene B. wurde lebensgefährlich verletzt
Die Bluttat in der Poppenbütteler Wohnanlage hatte sich am 10. März ereignet. Gegen 9 Uhr drückte die 93-jährige Irene B. den Alarmknopf, den sie immer am Körper trägt. Der kurz darauf eintreffenden Pflegekraft bot sich ein schrecklicher Anblick: Die alte Dame lag verletzt durch mehrere Messerstiche am Boden ihres Wohnzimmers.
Der Pflegekraft konnte sie noch mitteilen, dass sie von einer ihr unbekannten Person angegriffen und niedergestochen worden sei. Per Rettungswagen kam die lebensgefährlich verletzte Seniorin ins Krankenhaus. Ihr Zustand, so hieß es am Freitag, sei zwar derzeit stabil. "Aber sie befindet sich weiterhin in intensivmedizinischer Behandlung", teilte die Polizei mit.