Hamburg. Hochspezialisierte Täter schlugen in Pinneberg, Hannover und Braunschweig zu. Asklepios-Krankenhäuser haben Sicherheit verschärft.
In der Magdeburger Uniklinik waren es in der Nacht zu Dienstag zehn Endoskope, die plötzlich weg waren. Im März wurden in den umliegenden Kliniken in Aschersleben und Hettstedt bereits ein Dutzend dieser High-tech-Geräte entwendet, mit denen man Magen- und Darmspiegelungen macht. In einer Klinik in Hannover fehlten nach dem vergangenen Wochenende 17 Gastroendoskopen, wie die Polizei mitteilte. Die Ermittler fanden frische Aufbruchspuren an einer Zugangstür. Der Schaden hier: 750.000 Euro.
In einem Krankenhaus in Braunschweig verschwanden Mitte Mai fünf Endoskope über das Wochenende. Die Polizei sprach von „fachmännischen Tätern“. In der Regio-Klinik in Pinneberg wurden Ende Mai Endoskope und andere Geräte für geschätzte 1,5 Millionen Euro gestohlen. Die Täter seien „zielgerichtet und professionell“ vorgegangen, hieß es.
Endoskop-Bande sorgt für Millionenschaden
Der Schaden geht in die Millionen, die Zugriffe erfolgen nach einem immer ähnlichen Schema – offenbar durchzieht eine Bande von spezialisierten Einbrechern Deutschlands Norden, um Endoskope und andere gut weiterverkaufbare Medizingeräte zu stehlen. In den vergangenen Jahren waren diese Ziel-Einbrüche vor allem in Nordrhein-Westfalen zu verzeichnen, in Düsseldorf, Gelsenkirchen und Recklinghausen. Einmal wurde ein Dieb erwischt und verurteilt. Eine Bande konnte man nicht dingfest machen.
Und doch sind diese Täter Teil mindestens einer kriminellen Vereinigung. Im vergangenen Jahr gab es Hinweise auf eine Tätergruppe aus Kolumbien. Auch im benachbarten Luxemburg entkamen Einbrecher mit 20 Endoskopen aus einer Klinik – was heftige Vorwürfe gegen den Direktor auslöste, der angeblich zu geringe Sicherheitsvorkehrungen getroffen hatte.
Darmspiegelung mit Endoskopen als Vorsorge
Patienten müssen für gewöhnlich nicht unter den Diebstählen leiden – es sei denn, sie sollen am Folgetag untersucht oder behandelt werden. Mit den schlauchartigen Endoskopen werden zum Beispiel auch kleinere Polypen entfernt und Tumore aufgespürt. Gerade für die Darmspiegelungen, die ab einem bestimmten Patientenalter als Vorsorge empfohlen und von den Krankenkassen bezahlt werden, sind sie unverzichtbar. Endoskope werden aufwendig gereinigt und können nur von Fachärzten bedient werden. Die Versicherungsschäden sind für die Spezialpraxen und Krankenhäuser bei Diebstählen nicht zu unterschätzen.
Letzter Diebstahl in Hamburg 2015
Ein Sprecher der Asklepios-Kliniken in Hamburg sagte: „Aus der Asklepios Klinik Barmbek wurden in den vergangenen fünf Jahren zweimal mit krimineller Energie endoskopische Geräte entwendet, zuletzt im Jahr 2015. Die Sicherheitsvorkehrungen in unseren Einrichtungen wurden seither verschärft, es gab auch Begehungen durch externe Sachverständige. Alle Einrichtungen der Asklepios Gruppe sind für dieses Thema sensibilisiert, nicht nur in Hamburg.“
Die Hamburger Polizei und die Soko „Castle“ wissen derzeit von keinen Fällen in der Stadt – doch die gezielten Einbrüche im Umland seien bekannt, sagte eine Sprecherin. Im Agaplesion Diakonieklinikum an der Hohen Weide in Eimsbüttel (früher Elim) wurden ebenfalls vor zwei Jahren bei einem Beutezug elf Endoskope gestohlen. Die Untersuchungen wurden zunächst mit geliehenen Geräten durchgeführt.
Finanzschwache Krankenhäuser als Käufer?
Die Täter müssen sich darauf verlassen können, dass sie ihre hochpreisige Beute auf dem Schwarzmarkt oder dem „grauen“ Markt für gebrauchte Medizingeräte absetzen können. Ein weiteres Indiz für den hohen Organisationsgrad der Täter. Die Käufer dürften entweder Ärzte oder Kliniken sein, die den hohen Neu-Anschaffungspreis scheuen.
Die Geräte tragen eine eigene Registrierungsnummer, was potenzielle Käufer im Ausland aber offenbar nicht abschreckt. So wurden griechischen Krankenhäusern in Athen und anderen Orten um den 20. Mai ebenfalls mehrere Endoskope gestohlen. Verdächtigt wurden Verbrecher aus dem Ausland. Die griechischen Ärzte beklagten, dass diese hochwertigen Geräte wegen der Finanzprobleme im Land nur schwer zu ersetzen seien.
Einzig der stellvertretende Gesundheitsminister Pavlos Polakis war optimistisch und meinte: „Die Ermittlungen sind fortgeschritten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Mitglieder der Bande festgenommen sind.“ In deutschen Polizeikreisen klingt das deutlich defensiver.