Hamburg. Der Mann soll insgesamt 18 Mal auf seine Ehefrau eingestochen haben. Streit um psychiatrischen Sachverständigen.

In extrem gespannter Atmosphäre hat am Donnerstag ein Prozess um einen Angriff mit kochendem Wasser auf eine Bäckereiangestellte in Hamburg-Eidelstedt begonnen. Der 50 Jahre alte Angeklagte soll aus Eifersucht die getrennt von ihm lebende Ehefrau angegriffen und lebensgefährlich verletzt haben. Die Anklage lautet auf versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung. Bei der Verlesung der Anklageschrift weinte der 50-Jährige und wischte sich die Augen mit einem Taschentuch. Die ihm als Nebenklägerin gegenübersitzende Frau würdigte ihn keines Blickes. Wie sie später erklärte, litt sie so sehr unter den Folgen des Angriffs und der Situation im Landgericht, dass sie in einer Pause starke Schmerz- und Beruhigungsmittel einnehmen musste.

Am Morgen des 12. April 2016 soll der Angeklagte gegen 8.35 Uhr in die Bäckerei gekommen sein und die damals 43 Jahre alte Frau zunächst freundlich begrüßt haben. Er habe ein Foto aus der Tasche geholt und ihr zugerufen: „Guck mal, deine Tochter!“. Als sie sich umwandte, habe er einen Wasserkocher ergriffen und ihr in tödlicher Absicht das kochende Wasser über den Kopf geschüttet, sagte die Staatsanwältin. Dann habe er ein Küchenmesser mit 14,5 Zentimeter langer Klinge gezogen und mindestens 18 Mal auf die 43-Jährige eingestochen. Dabei habe er auch ihre Lunge verletzt, die Frau habe in akuter Lebensgefahr geschwebt.

Angeklagter schweigt vor Gericht

Es sei ihr dennoch gelungen, dem Angreifer in den Daumen zu beißen und in Richtung Ausgang zu flüchten. Der Angeklagte sei zum Verkaufstresen gegangen, habe mehrere hundert Euro aus dem Portemonnaie seiner Ehefrau genommen. Als er danach versuchte, erneut anzugreifen, ging ein Kunde dazwischen und half der Frau aus der Bäckerei zu flüchten.

Zu den Vorwürfen wollte sich der Angeklagte - grau-melierte, lockige Haare, rasiertes Gesicht und dunkelblauer Anzug - zunächst nicht äußern. „Aufgrund der psychischen Situation des Angeklagten machen wir zurzeit keine Angaben“, sagte der Verteidiger. Sein Mandant sei an der Grenze der Verhandlungsfähigkeit. Der Prozess hatte mit deutlicher Verspätung begonnen. Kurzzeitig waren zwei Feuerwehrleute in den für Zuschauer noch gesperrten Gerichtssaal gerufen worden. Der Grund dafür wurde nicht deutlich. Während der Verhandlung rief der Vorsitzende der Strafkammer, Thees Willemer, zur Sicherheit von Angeklagtem und Nebenklägerin eine Gerichtsärztin hinzu.

Ehefrau soll am Freitag vernommen werden

Als die Strafkammer mit der Beweisaufnahme beginnen wollte - eigentlich sollte die Frau als Zeugin gehört werden - wandte sich der Verteidiger gegen die Anwesenheit eines Sachverständigen im Saal, der nach seiner Ansicht nicht rechtmäßig bestellt wurde. Das Gericht unterbrach die Verhandlung mehrfach für Beratungen. In den Pausen warf der Angeklagte Verwandten im Zuschauerraum Kusshände zu, strahlte über das ganze Gesicht und zeigte in Richtung eines Paars immer wieder Familien- und Kinderfotos, die er bei sich trug.

Die Staatsanwältin sprach schließlich eine Ermahnung aus. Der Verteidiger bat sie daraufhin um eine „gewisse Empathie“ für den Angeklagten und fügte hinzu: „Sie haben meinen Mandanten zwei Monate in Isolation geschickt!“ Der 50-Jährige war kurz nach der Tat festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Die Ehefrau soll nun am Freitag vernommen werden, in Gegenwart einer Ärztin.