Hamburg. Der Protest begann friedlich. Dann kam es an der Feldstraße und in Altona im Rahmen von zwei 1. Mai-Demonstrationen zu Ausschreitungen.
Es hört einfach nicht auf: Wieder gab es Krawall am 1. Mai, wieder flogen Flaschen, Steine und Böller. Wieder gab es Festnahmen. Und Verletzte auf beiden Seiten.
Am Sonnabendmorgen gibt es von Seiten der Polizei eine erste Bilanz der Krawallnacht. Insgesamt habe es 18 Festnahmen gegeben, 34 Polizisten seien verletzt worden. Zur Zahl der verletzten Demonstranten machte die Polizei keine Angaben.
Dabei hatte alles so harmlos begonnen: Am Ende der traditionellen DGB-Demonstration versuchten Teilnehmer des „Antikapitalistischen Blocks“ auf Höhe des Fischmarkts weiterzulaufen. Die Polizei stoppte den unangemeldeten Aufzug. Eine Privatperson meldete ihn daraufhin spontan unter dem Motto „Solidarität mit den Kita-Streikenden“ an. Die Teilnehmer wurden von der Polizei zum Endpunkt der neuen Demonstration, eine Kita in der Scheplerstraße, begleitet. So weit, so gut.
Ein buntes Bild hatte sich auch am Abend vor dem 1. Mai geboten: Bei der Demonstration „Take Back The Night“ gingen zur Walpurgisnacht etwa 400 Frauen friedlich gegen den „alltäglichen Sexismus“ auf die Straße. Der Aufzug zog von der Roten Flora über die Reeperbahn zum Park Fiction. Die Teilnehmerinnen hatten sich schrill und bunt verkleidet. Beleuchtet wurde die Demo am Abend mit bengalischem Feuerwerk.
In diesem Jahr gab es zwei „revolutionäre“ 1. Mai-Demonstrationen
Weiter ging es am Freitagnachmittag: Mehrere Tausend Menschen wandten sich gegen die Flüchtlingspolitik. Die Polizei sprach von 3500 Teilnehmern, die Veranstalter vom Bündnis „Recht auf Stadt“ zählten 5500 Demonstranten. Die Kundgebung unter dem Motto „Never mind the papers“ richtete sich gegen die Flüchtlingspolitik des rot-grünen Senats. „Wir wollen, dass Menschenleben mehr zählen als irgendwelche Papiere“, erläuterte ein Redner das Motto. Die Kundgebung begann am Millerntorplatz. Statt eine Schweigeminute für die im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge einzulegen, machten die Demonstranten um Punkt 15 Uhr „ordentlich Krach“. Ihre Kritik richtete sich insbesondere gegen die Politik der Grünen. „Für zweieinhalb Senatsposten und neue Fahrradwege verraten die Grünen die Idee, dass Geflüchtete gleiche Rechte wie alle Menschen in dieser Stadt haben sollen“, hieß es im Aufruf.
Am Abend spitzte sich die Lage auf der Feldstraße zu: Anders als in den Vorjahren gab es gleich zwei „revolutionäre“ 1. Mai-Demonstrationen. Eine startete in Altona und eine im Schanzenviertel. Ursprünglich vereint, hatten sich in diesem Jahr wegen „politischer Differenzen“ zwei linke Gruppen herausgebildet.
Kurz nachdem sich die 800 zumeist schwarz gekleideten Demonstranten um 18.45 Uhr in der Feldstraße in Bewegung setzten, stoppte die Polizei den Zug. Der Grund: Rund 50 Demonstranten hatten gegen das Vermummungsverbot verstoßen. Demonstranten riefen „Straße frei, für den 1. Mai.“ Dann eskalierte die Situation: Polizisten wurden mit Fahnenstangen, Flaschen und Farbbeuteln attackiert. Es kam zu Handgreiflichkeiten, die Polizei setzte Pfefferspray ein. Steine flogen, Autoscheiben gingen zu Bruch.
Als die Demonstranten den Aufforderungen der Polizei nicht nachkamen, die Angriffe zu unterlassen, löste diese die Versammlung kurz darauf mit einem massiven Aufgebot der Bereitschafts- und Bundespolizei mit Schlagstöcken und Wasserwerfern auf.
Kurz darauf flogen auch in Altona Gegenstände Richtung Polizei. Daraufhin wurde auch hier der Zug mit rund 1500 Teilnehmern gestoppt. Die Demonstranten zogen anschließend auf der angemeldeten Route weiter. Bei den Tanzenden Türmen an der Reeperbahn gab es erneut Krawall: Um 20.30 Uhr wurden die Scheiben eingeschlagen. Zur selben Zeit standen sich an der Königstraße Demonstranten und Polizei gegenüber. Um 21 Uhr löste der Versammlungsleiter die Demo schließlich offiziell auf. Danach kam es jedoch zu weiteren Ausschreitungen und Festnahmen, die sich bis in die Nacht fortsetzten. Allein in der Feldstraße gab es nach Angaben von Sanitätern der Gruppe „Action Medics“ mindestens 41 verletzte Demonstranten. Die Zahl der verletzten Polizisten lag bis Redaktionsschluss nicht vor, ebenso wenig wie die Anzahl der Festnahmen. Insgesamt waren 1800 Beamte im Einsatz.
Polizeisprecher Mirko Streiber zog um 21.30 Uhr eine vorläufig positive Bilanz: „Unsere Taktik ist aufgegangen. Wir wussten, was auf uns zukommen würde und waren entsprechend vorbereitet. Es ist uns gelungen, Gewalttaten weitgehend im Keim zu ersticken.“