Die Soko “Dennis“ erfuhr von dem geplantem Besuch eines Jungen beim Kindermörder. Da nahm sie den Hamburger Pädagogen fest.
Hamburg. Die Polizei hat mit der Festnahme des geständigen Serienmörders und Kinderschänders Martin N. eine weitere mögliche Missbrauchstat verhindert. Während Beamte der Soko "Dennis" den 40-Jährigen längere Zeit observierten, erfuhren sie über mitgehörte Telefonate von einem bevorstehenden Besuch eines offenbar neun Jahre alten Jungen. Noch bevor es dazu kam, nahm ein Spezialkommando den Pädagogen fest.
Nach einem Bericht des "Sterns" hat Martin N. im Kontakt mit der Berliner Pädophilen-Szene gestanden. Diese habe ihm einen Jungen "zuführen" wollen, wie es in dem Bericht heißt. Polizei und Staatsanwaltschaft wollten dies weder bestätigen noch dementieren. "Es gibt derzeit immens viele solcher Details, und wir wollen die laufenden Ermittlungen nicht gefährden", sagte eine Soko-Sprecherin. In den nächsten Wochen wollen sich die Ermittler aber nochmals mit Fragen und Details an die Öffentlichkeit wenden.
Nach Abendblatt-Informationen soll es sich bei dem Kontakt nicht um Mitglieder eines Pädophilen-Rings handeln, sondern vielmehr der Jugendbetreuer-Szene. Danach ging es um eine kurzfristige Übernachtungsmöglichkeit für einen Jungen. Der Missbrauch habe dabei nicht im Vordergrund gestanden. Dennoch wollten die Fahnder der Sonderkommission auf Nummer sicher gehen und nahmen N. vorher fest.
Um wen es sich bei dem Neunjährigen handelt, ist unbekannt. Ebenso der Grund für die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit eines Jungen aus Berlin in Hamburg sowie die Rolle der Eltern des Jungen.
Unterdessen untersucht die Soko, ob Martin N. weitere ungeklärte Taten anzulasten sind. Drei Morde, unter anderem den an dem neun Jahre alten Dennis K. im Jahr 2001, sowie rund 40 Missbrauchstaten an Jungen hat er bereits gestanden. Die Ermittler der Soko rechnen ihm noch mindestens zwei weitere Morde zu. Seit der Festnahme des 40-Jährigen ermitteln Fahnder in Baden-Württemberg auch im Fall eines ungeklärten Mordes an einem Elfjährigen vor mehr als zehn Jahren in Weil im Schönbuch. Die Beamten der Soko "Dennis" gehen davon aus, dass nun immer wieder Hinweise nicht nur aus Norddeutschland kommen werden. Es sei bekannt, dass der Täter vor Landesgrenzen nicht haltgemacht habe, sagte ein Sprecher. "Wir müssen eine Spanne von 25 Jahren dokumentieren."
Darunter fällt auch ein Vorfall aus dem Jahr 1987. Nach einem Bericht des "Weser-Kuriers" hat Martin N. als Jugendlicher bereits gedroht, Kinder zu töten. Als 16-Jähriger verfasste er demnach Erpresserbriefe und verschickte diese an fünf wohlhabende Bremer Familien. In einem dieser Briefe schrieb er: "Sie geben uns 150 000 DM und wir entführen Ihre Kinder nicht. Wenn Sie den Vorschlag ablehnen oder die Polizei alarmieren, wird eines Ihrer Kinder sterben." Die Polizei kam ihm schließlich auf die Schliche. N. wurde laut Zeitungsbericht zu acht Wochenenden Sozialdienst verurteilt.
Auch in Hamburg geriet Martin N. ins Visier der Fahnder. 2008 hatte die Kripo versucht, von ihm eine DNA-Probe zu bekommen. Am 9. Dezember des betreffenden Jahres forderten die Ermittler ihn zu einer freiwilligen Abgabe einer Speichelprobe auf. Dies geschah routinemäßig im Nachgang eines anderen Erpressungsverfahrens, in dem er 2007 zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden war.
Doch Martin N. blieb dem anberaumten Termin ohne Angabe von Gründen oder Absage fern. Ebenfalls routinemäßig schaltete die Polizei danach die Staatsanwaltschaft ein, damit sie prüfe, ob es eine Handhabe für eine zwangsmäßige Abgabe einer Speichelprobe gibt. Die lehnte aber ab. Begründung: Es gäbe weder im Tatbild noch in der Persönlichkeit des Täters Anhaltspunkte dafür, dass er weitere Straftaten begehen werde. Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers sagt dazu: "Zum damaligen Zeitpunkt gab es keine weiteren Ermittlungsverfahren, und der Täter war zum ersten Mal verurteilt worden. Kein Gericht hätte unter diesen Umständen einer Zwangsprobe zugestimmt."
Derweil denkt die Justiz darüber nach, das Verfahren zu beschleunigen. "Es ist durchaus denkbar, dass alle gestandenen Taten zunächst abgetrennt zur Anklage gebracht werden", sagte Kai Thomas Breas, Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft in Stade. Alle weiteren Ermittlungen und mögliche Taten könnten dann auch Gegenstand eines zweiten Verfahrens werden.
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