Der Hamburger Kriminaldirektor Andreas Lohmeyer sagte am Mittwoch: „Wenn es wärmer wird, wird es gefährlicher für die Damen.“

Hamburg. Bei gutem Wetter steigt für Frauen das Risiko, Opfer einer Sexualstraftat zu werden. Es gebe einen deutlichen Zusammenhang zwischen Wetter und Kriminalität, berichtete der Leiter der Zentralen Verbrechensbekämpfung in Hamburg, Andreas Lohmeyer, beim 6. Extremwetterkongress am Mittwoch. Der Hamburger Kriminaldirektor weiter: „Wenn es wärmer wird, wird es gefährlicher für die Damen.“ Die Statistik zeige für Gewaltkriminalität allgemein: Pro Grad höherer Temperatur ist eine Tat mehr pro Tag in Hamburg zu erwarten. „Je mehr Sonne, desto mehr Gewalt.“ Auch der Wochentag spiele eine Rolle. So müsse die Polizei an einem warmen und sonnigen Sonntag im August mit durchschnittlich 82 Rohheitsdelikten in der Hansestadt rechnen, an einem grauen und kühlen Dienstag im März dagegen nur mit 51, sagte Lohmeyer.

„Kriminal-Meteorologie“ könnte nach Ansicht Lohmeyers ein „zukunftsträchtiger Fachbereich der Polizeiarbeit“ werden. Zwar gebe es keine aktuellen wissenschaftlichen oder statistischen Auswertungen über die Zusammenhänge von Wetter und Kriminalität, sagte der 49-jährige. Doch das Zusammenspiel von Wetterphänomenen und Delikten aller Art sei „offensichtlich“, sagte er.

Polizisten und Wetterfrösche würden „generell ähnlich ermitteln“, so Lohmeyer. Beiden lägen Daten vor, aus denen Schlüsse gezogen werden müssten. Was bei den einen zur Überführung der Täter führe, sei bei den anderen die Wettervorhersage. Und beide hantierten mit Karten: Die Land- und Wetterkarten der Meteorologen seien bei der Polizei die Stadtpläne, Fundstellen und Tatorte.

Insbesondere bei Körperverletzungen ließe sich das Fazit ziehen, dass mehr Fälle auftreten würden, je wärmer es sei. „Pro Grad Celsius sind es 0,7 Delikte pro Tag mehr“, sagte Lohmeyer. Würden etwa an einem sonnigen, warmen Sonnabend im August insgesamt 82 Rohheitsdelikte registriert, seien es an einem grauen, kühlen Dienstag im März im Schnitt nur 51 Fälle.

Auch bei Diebstählen spiele das Wetter eine Rolle. Eine mögliche Formel laute: „Je kürzer die Tage, desto mehr Taten.“ Jede Stunde Dunkelheit führe zu einem Einbruch mehr pro Tag. Zugleich gelte: Je kälter, desto weniger Einbrüche. Bei geschlossener Schneedecke seien es sechs Taten pro Tag weniger. An einem kalten, regnerischen Sonntag im März gebe es in Hamburg etwa 19 Fahrraddiebstähle. An einem schönen Dienstag im Juni seien es dagegen täglich im Schnitt 63.

Kuriose Fälle als Ausnahme bestätigten die Regel, sagte Lohmeyer. In der Nacht des 13. Februar 2011 habe ein Einbrecher in einem Lagerschuppen im Hamburger Hafen mit erheblich krimineller Energie und Expertenwissen eine Bürotür aufgehebelt und den vierstelligen Zahlencode eines Geldtresors geknackt. Zum Verhängnis wurden ihm seine frischen Spuren im Schnee, denen die Polizei nur nachzugehen brauchte.

Eiskalte Nächte würden jedoch auch den Tatendrang von Ganoven aller Art einfrieren lassen. So habe es in Hamburg in der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar 2011 stadtweit nur zwei Kfz-Aufbrüche und einen Einbruchdiebstahl gegeben. Klassische Sommerfälle seien etwa Brände. In Winterhude, der Stadtteil mit dem Polizei-Code 409 (= Stadtpark), brannten im vorigen Jahr 139 Müllcontainer. Davon entfielen genau 139 Fälle in die Zeit zwischen dem 24. März bis zum 12. September – da sei im Stadtpark Grillsaison.

Zur „wetterfühligen“ Kriminalität zählte der Experte Körperverletzungen insgesamt, besonders aber auch auf Straßen, Wegen und Plätzen, sowie Dienstähle aller Art und die breite Palette von Sittlichkeitsdelikten, von der Nötigung bis hin zu sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung. „Wetterresistente“ Kriminalität betreffe alle Fälle von Raub, einfachem Ladendiebstahl, Betrug, Pkw-Diebstahl, Rauschgiftdelikte und Gewaltkriminalität insgesamt.

Im Blick auf Sachbeschädigungen aller Art ließe sich ein schwacher Rückgang bei Regen feststellen. „Schlechtes Wetter senkt allgemein die Kriminalitätsrate“, zog Lohmeyer ein Resümee. Schon Autoren früherer Jahrhunderte hätten festgestellt, dass noch niemals eine Revolution bei strömendem Regen stattgefunden habe. Dies gelte auch für lokale Einzelereignisse: Das ursprünglich für den 5. Februar 2011 angesetzte Lokal-Derby zwischen den Fußball-Bundesligisten HSV und FC St. Pauli habe „keinerlei Gewalt“ hervorgebracht – es war an diesem Tag wegen Starkregens schlicht ausgefallen.