Mit seinen Aussagen belastet der Ex-Rocker vor dem Kieler Landgericht einen Hells-Angels-Boss. Dieser habe „grünes Licht“ für die Ermordung eines Türken gegeben.

Kiel. Eine Woche nach der Razzia gegen die Hells Angels in Norddeutschland hat ein Kronzeuge vor dem Kieler Landgericht Rockerboss Frank Hanebuth des Mordauftrags beschuldigt. Hanebuth, Chef der Hells Angels in Hannover, habe den Auftrag für die Ermordung des türkischen Zuhälters Tekin B. gegeben, sagte der frühere Chef einer mittlerweile aufgelösten Unterorganisation der Rocker am Donnerstag den Richtern, wie der NDR auf seiner Onlineseite berichtete. Hanebuth wies die Anschuldigungen über seinen Anwalt zurück.

+++ Waffe neben erschossenem Bandidos-Rocker gefunden +++

+++ Experten suchen weiter nach einbetonierter Leiche +++

+++ Mühsame Leichensuche: Ermittler als Archäologen +++

Derweil suchten die Ermittler weiter nach einer möglicherweise bei Kiel einbetonierten Leiche. Die Sucharbeiten am Fundament einer Lagerhalle des Rockerclubs in Altenholz (Kreis Rendsburg-Eckernförde) wurden am Donnerstag fortgesetzt. Der Verdacht sei zu groß, als dass auch nur ein kleiner Bereich ausgelassen werden könnte, sagte Oberstaatsanwältin Birgit Heß.

Niedersachsen will Hells Angels verbieten

Wann Ergebnisse vorliegen, war auch am Donnerstag unklar. Die Polizei spricht weiter von einer anhaltenden Spurensicherung. Die Ermittler suchen nach Tekin B., ein 47-jähriger Türsteher aus Kiel, der seit dem 30. April 2010 verschwunden ist und wegen Drogengeschäften mit der Rockerbande aneinandergeraten sein soll. Medienberichten zufolge wurde der Mann vor seinem Tod grausam gefoltert.

Der Kronzeuge in Kiel beschuldigte Hanebuth zudem, den verbotenen Hells-Ableger in Schleswig-Holstein finanziell überwacht zu haben. Sollten seine Aussagen stimmen, hätten die niedersächsische Behörden neue Argumente für ein Verbot auch des niedersächsischen Rockerverbands.

Die Lagerhalle in Altenholz war nur eines von fast 90 Objekten, die 1.200 Beamte im Zuge der groß angelegten Razzia am 24. Mai durchsucht hatten. Bei den Durchsuchungen gegen den verbotenen Hells-Angels-Ablegers in Kiel wurden fünf Mitglieder festgenommen, darunter auch Anführer. An der Razzia beteiligt waren Mitglieder der Anti-Terror-Einheit GSG 9, die sich auf Hanebuths Anwesen bei Hannover vom Hubschrauber abseilten und bei der Stürmung dessen Hund erschossen. Zudem wurde die Wohnung eines Rockers in Hamburg durchsucht.

Kronzeuge ist selbst angeklagt

Anlass der Großrazzia waren 194 Ermittlungsverfahren der LKA-Sonderkommission „Rocker“ gegen 69 Beschuldigte wegen Waffenhandels, Korruption, Erpressung, Menschenhandels und Körperverletzung.

Der Kronzeuge ist in Kiel selbst Angeklagter. Er muss sich seit November 2011 unter anderem wegen Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, mit massiver Gewalt Mitglieder verschiedener Vereine für seine Zwecke eingespannt zu haben. Auch soll der Mann Angehörige seiner Organisation „Legion 81“ veranlasst haben, ein Mitglied des mittlerweile verbotenen MC Bandidos Neumünster zu verletzen.

Am Donnerstag hat sich der Angeklagte erstmals nach mehr als 30 Verhandlungstagen in dem Mammutverfahren geäußert. Einer Sprecherin des Landgerichts zufolge geht es dabei in erster Linie um die ihm zur Last gelegten Anklagepunkte und nur zufällig um die Großrazzia in der vergangenen Woche. Der Angeklagte soll Informant für die Durchsuchungen gewesen sein.