Hamburg. Retter hinken eigenen Zielen hinterher. Teils kamen sie nicht einmal bei jedem zweiten Notfall pünktlich. Feuerwehrgewerkschaft übt Kritik.
- In 93 Prozent der Fälle erreicht der Rettungsdienst den Einsatzort in zwölf Minuten - doch Hamburg hat ehrgeizigere Ziele.
- Dabei hinkt die Stadt stark hinterher: Ziel nur in rund jedem zweiten Fall erreicht.
- Pünktlichkeit in Bezirken sehr unterschiedlich.
- Wo der Rettungsdienst besonders auf sich warten lässt.
Es sind Minuten, die im Notfall über Leben und Tod entscheiden können. Aus diesem Grund hat die Stadt Hamburg bereits eine höhere Erwartung an die Schnelligkeit der Notfallrettung als andere Bundesländer. In der Hansestadt gibt es das Ziel, dass der Rettungsdienst innerhalb von acht Minuten eintreffen sollte – anderswo beträgt dieses zwölf Minuten oder mehr.
Zumindest die Zielvorgabe anderer Bundesländer wird in Hamburg erreicht. So werden nahezu alle Einsätze (93 Prozent) in der vorgegebenen Zeitspanne von zwölf Minuten erfolgreich bearbeitet. Die Feuerwehr Hamburg stelle einen „leistungsfähigen Rettungsdienst und damit eine flächendeckende, bedarfs- und fachgerechte Versorgung der Bevölkerung sicher“, schreibt der Senat in seiner Antwort auf eine schriftliche Kleine Anfrage von Sami Musa von der FDP. Wie aber wird das strengere Ziel eingehalten, das sich Hamburg selbst auferlegt?
Feuerwehr Hamburg: 56 Prozent der Einsätze können innerhalb von acht Minuten erreicht werden
Der Hamburger Rettungsdienst hinkt diesem Ziel hinterher, wie die Senatsantwort zeigt. Zuerst hatte der NDR berichtet. Nur in rund der Hälfte aller Fälle kam ein Rettungswagen in den geforderten acht Minuten. Ein Wert, der hinter den Erwartungen zurückbleibe, kritisiert Musa. Bei neun Minuten stieg die Erfüllungsquote auf knapp 72 Prozent an. Innerhalb von zehn Minuten erreichten 82 Prozent der Rettungswagen ihr Ziel pünktlich, bei elf Minuten waren es 89 Prozent. 96 Prozent der Einsätze werden innerhalb von 13 Minuten erreicht.
„Diese Zahlen sind nicht akzeptabel, insbesondere angesichts der Verantwortung, die wir gegenüber der Bevölkerung tragen“, sagt Musa. Die Situation der Rettungsdienste sei besorgniserregend.
FDP-Kritik: Rettungsdienst kämpft mit „Fachkräftemangel“
Die kritische Lage wiederum hat mehrere Gründe. Feuerwehr und Rettungsdienste sind mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert, wie mit der Verkehrslage zum Zeitpunkt des Einsatzes, der Anzahl an gleichzeitigen Notfalleinsätzen und der Bereitstellung und Verfügbarkeit von notwendigen Ressourcen.
Für Musa steht fest: „Ein Hauptproblem ist der zunehmende Fachkräftemangel, der nicht nur die Qualität, sondern auch die Belastung der Einsatzkräfte weiter verschärft.“ Es brauche dringend Maßnahmen, um die Ausbildungskapazitäten zu erhöhen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Feuerwehrgewerkschaft übt Kritik: „Nicht die notwendige Beachtung“
Carina Koop, zuständige Gewerkschaftssekretärin bei ver.di Hamburg, sagt dazu: „Der Fachkräftemangel kommt unter anderem zustande, da die Feuerwehr von der Politik nicht die notwendige Beachtung erhielt und somit viele Jahre brauchte, um auf den demographischen Wandel zu reagieren.“ Um das Loch der in den Ruhestand gehenden Feuerwehrleute zu stopfen, bedürfe es viele Bewerber, hohe Ausbildungskapazitäten und viele Ausbilder, so Koop.
Eine echte Entlastung könne nur durch mehr Personal im Einsatzdienst bewirkt werden, meint auch Jan Ole Unger, ver.di-Mitglied an der Feuer- und Rettungswache Altona. Künftig steigenden Ausbildungsbedarfe müssten dauerhaft und vollumfänglich zugesichert werden, so Unger.
„Und hier kann nur die Politik die Antwort auf die Frage geben: ‚Wie viel Sicherheit wollen Sie für Hamburgs Bürgerinnen und Bürger?‘“ Diese müsse allen Bürgerschaftsabgeordneten jetzt und vor der Wahl im März 2025 gestellt werden.
Feuerwehr Hamburg: Durch fehlende Besetzung verlängern sich Anfahrtszeiten
Auch der Standort kann die Effizienz des Rettungsdienstes beeinflussen. Es zeigen sich Unterschiede zwischen den einzelnen Bezirken. Während beispielsweise die Erfüllungsquote in Eimsbüttel bei durchschnittlich 66 Prozent lag, kamen Retter in Wandsbek im Schnitt in 43 Prozent der Fälle pünktlich ans Ziel.
Das habe auch damit zu tun, dass die Feuerwehr Hamburg „personell nicht so wie es wünschenswert wäre, ausgestattet“ ist und so „Verträge mit nicht staatlichen Rettungsdiensten abgeschlossen“ wurden, so Koop. „Leider ist die Besetzung derer Fahrzeuge nicht immer gegeben. Hierdurch vergrößern sich die sogenannten Reviere und somit verlängern sich auch die Anfahrtszeiten.“
Rettungsdienst in Hamburg: Immer wieder können Schichten nicht besetzt werden
Die Antwort des Senats zeigt außerdem, dass im Zeitraum Januar bis Mitte November ein oder mehrere Rettungswagen (RTW) unterschiedlicher Anbieter nicht zur Verfügung standen. Mögliche Gründe sind hierbei Personalmangel oder technische Probleme. Die Abmeldungen variieren stark zwischen den verschiedenen Hilfsorganisationen, darunter Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe und Malteser Hilfsdienst.
Einige Organisationen haben in bestimmten Wochen deutlich höhere Abmeldungen als andere. Diese variieren stark zwischen den unterschiedlichen Standorten. Können Ausfälle nicht ersetzt werden, dann fallen Strafen an. So mussten Hilfsorganisationen im vergangenen Jahr 314.000 Euro Strafe zahlen, weil sie Rettungswagen nicht besetzen konnten.
Einige Rettungswagen, wie einer in Osdorf, haben keine Abmeldungen, während andere, wie das Fahrzeug in Rahlstedt, 68 Abmeldungen aufweisen. „Volksdorf ist hier ein besorgniserregender Spitzenreiter“, so Musa. Der Rettungswagen des Malteser-Hilfsdienstes fiel 522-mal aus. Der Senat müsse dringend Lösungen finden, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete. „Eine Möglichkeit kann hier die Zusammenarbeit mit privaten Rettungsdiensten sein.“
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Von zuständiger Seite des Senats heißt es, dass der Einsatzbereich dieses Rettungswagens größtenteils von der Rettungswache Meiendorf abgedeckt werde, wodurch Ausfälle in Volksdorf weitgehend kompensiert werden könnten. Zudem plant die Feuerwehr, eine neue Rettungswache in Volksdorf zu errichten.