Hamburg. Daten der DAK zeigen erschreckende Entwicklung. DGB stellt Forderungen an Arbeitgeber. Das sind die Hauptgründe für die vielen Ausfälle.
Die Zahl der Krankmeldungen hat im dritten Quartal 2024 in Hamburg einen weiteren Höchststand erreicht. „Von Juli bis einschließlich September hatten die Beschäftigten 6,8 Prozent mehr Krankschreibungsfälle als im 3. Quartal des Vorjahrs“, meldete die Versicherung DAK. „Nur weil auch die durchschnittliche Dauer je Fall zurückging, hatten DAK-versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer insgesamt nicht mehr Arbeitsausfall als im Rekordsommer 2023.“
Besonders stark zu Buche schlugen dabei psychische Erkrankungen wie etwa Depressionen, so die DAK. „Sie waren im 3. Quartal für insgesamt rund 98 Fehltage je 100 Beschäftigte verantwortlich – mehr als im bundesweiten Durchschnitt mit 88 Tagen.“ Auf Platz 2 folgen Atemwegserkrankungen. Sie waren für 70 Fehltage je 100 Beschäftigte verantwortlich. Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen mit rund 67 Fehltagen je 100 Beschäftigte waren die dritthäufigste Ursache für Krankschreibungen.
Gesundheit Hamburg: Krankenstand bei 4,7 Prozent im dritten Quartal
Insgesamt habe der Krankenstand im dritten Quartal bei 4,7 Prozent gelegen, so die Krankenkasse. Das zeige eine Analyse zu den Krankschreibungen von rund 68.000 erwerbstätigen DAK-Versicherten in der Hansestadt.
„Wir brauchen jetzt eine seriöse und gründliche Debatte über die wirklichen Ursachen für den anhaltend hohen Krankenstand. Schnellschüsse wie die Forderung nach einer Abschaffung der telefonischen Krankschreibung oder eine Blaumacher-Debatte helfen den Betroffenen und den Betrieben nicht weiter“, sagte Jens Juncker, Landeschef der DAK-Gesundheit in Hamburg. „Angesichts der anhaltenden Wirtschaftsschwäche in Deutschland kommt den Fehlzeiten der Beschäftigten eine besondere Bedeutung zu. Der hohe Krankenstand ist ein zusätzliches Risiko für die Erfolgschancen der Unternehmen, die Wachstumsschwäche zu überwinden.“
Hoher Krankenstand: DGB fordert bessere Arbeitsbedingungen
Angesichts der erschreckenden Entwicklung hat sich nun auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zu Wort gemeldet. „DAK-Landeschef Jens Juncker hat recht, wenn er nun eine ‚seriöse und gründliche Debatte über die wirklichen Ursachen für den anhaltend hohen Krankenstand‘ fordert und vor Schnellschüssen warnt“, sagte Hamburgs DGB-Chefin Tanja Chawla. „Hierfür bietet der DGB-Index ‚Gute Arbeit‘ wichtige Erkenntnisse.“
Für die Untersuchung im Auftrag der Stadt wurden im Jahr 2021 laut DGB etwa 1000 Hamburger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu ihren Arbeitsbedingungen befragt. Die Studie habe ergeben, „dass die zunehmende Arbeitsverdichtung und die ständige Erreichbarkeit in allen Branchen ein Problem sind“, so die DGB-Chefin. Etwa jeder vierte Beschäftigte habe angegeben, dass erwartet werde, auch außerhalb der normalen Arbeitszeit für die Arbeit erreichbar zu sein.
Fachkräfte Hamburg: Maßnahmen zur besseren Gesundheit wichtig
„Besonders gravierend war dies im öffentlichen Dienst sowie im Gesundheits- und Sozialwesen“, so Chawla. „30 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst und 28 Prozent der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen gaben an, dass von ihnen erwartet wird, außerhalb der regulären Arbeitszeit dienstliche Anrufe oder E-Mails zu beantworten. Wenn Erholungsphasen fehlen, ist das krankheitsfördernd.“
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Seit Langem sei bekannt, dass schlechte Arbeitsbedingungen die Gesundheit belasteten, so Hamburgs DGB-Vorsitzende. „Und ebenso lange wissen wir, was dazu beitragen kann, dass Arbeit nicht zulasten der Gesundheit geht. Die Zauberformel dafür heißt ‚Gute Arbeit‘ und ist das Gegenteil von ‚Arbeiten bis zum Umfallen‘. Gute Arbeit macht nicht krank.“ Dazu gehörten tarifliche Entlohnung, Karrierechancen, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Bessere Arbeitsbedingungen seien „nicht nur für die Gesundheit der Beschäftigten gut, sondern könnten auch dazu beitragen, den Fachkräftebedarf zu verringern“, so das Fazit der Hamburger DGB-Chefin.