Hamburg. Abgeordneter Yildiz hatte „Mandatsträgerabgabe“ nicht an Linke abgeführt. Die verklagte ihn – und bekam nun in allen Punkten recht.

In seiner Deutlichkeit ist das Urteil durchaus überraschend. Das Landgericht Hamburg hat jetzt der Hamburger Partei Die Linke in einem Verfahren gegen ihr früheres Mitglied Mehmet Yildiz in allen wesentlichen Punkten recht gegeben. Yildiz muss der Linkspartei nun 7532 Euro plus Zinsen zahlen.

Hintergrund: Der mittlerweile aus der Partei ausgetretene Bürgerschaftsabgeordnete Mehmet Yildiz hat nach Angaben der Linken auch vor seinem Austritt keine Mandatsträgerabgabe mehr entrichtet. Laut Satzung der Linken führen Abgeordnete je nach Position und Diätenhöhe mindestens zehn Prozent ihrer monatlichen Bezüge an die Partei ab.

Urteil: So viel muss Ex-Linker an die Partei überweisen

Das wären bei Yildiz 353 Euro monatlich und nach einer Diätenerhöhung im Januar 2023 dann 428 Euro gewesen. Laut Partei aber hat Yildiz, der im Februar 2024 aus der Partei ausgetreten ist, seit April 2022 keine dieser Zahlungen mehr geleistet.

Insgesamt schuldet Yildiz der Linken nach deren Angaben noch 7532 Euro. Da er auf Mahnungen nicht regiert und einen Mahnbescheid widersprochen habe, sei der Fall vor dem Landgericht gelandet.

AfD-Urteil aus Bremen hatte dem Hamburger Ex-Linken Hoffnung gemacht

Juristisch könnten die Fälle nicht ganz einfach zu entscheiden sein, hatte es vor dem Urteil geheißen. Denn formal wird die Mandatsträgerabgabe „freiwillig“ entrichtet, und die Diäten stehen allein den Abgeordneten zu. Darauf berief sich auch Yildiz. Zudem führte er an, die Parteiarbeit in Billstedt aus eigener Tasche bezahlt und umfassendes Parteimaterial auf eigene Kosten in einem Raum gelagert zu haben. Zudem habe die Linke seit Jahren wegen politischer Konflikte nichts mehr für ihn getan. 

Hoffnung machte Yildiz auch ein Urteil des Landgerichts Bremen in einem ähnlichen Fall. Dort hatten die Richter zugunsten eines früheren AfD-Abgeordneten entschieden, der seine nicht gezahlten Mandatsträgerabgaben nicht nachträglich an seine Partei überweisen musste.

Landgericht Hamburg sieht die Sache ganz anders: Yildiz muss zahlen

Das Hamburger Landgericht sah die Sache nun ganz anders. Yildiz soll die volle geforderte Summe nebst Zinsen an die Linke bezahlen, und er muss die Gerichtskosten tragen. Und das Urteil ist sofort vollstreckbar, die Linke kann also umgehend versuchen, sich das Geld bei ihrem früheren Bürgerschaftsabgeordneten zu holen.

Aus der Satzung der Linken gehe „hinreichend deutlich“ hervor, dass es sich bei der Zahlung der Abgabe, die Abgeordnete von ihren Diäten an ihre Parteien abzuführen haben, „um eine Verpflichtung handelt, die auch gerichtlich durchsetzbar ist“, heißt es in dem Urteil, das von der Vorsitzenden Richterin am Landgericht, Schwabe, unterzeichnet ist. Daran ändere auch der verwendete Begriff „freiwillig“ nichts.

Die Linke will sich das Geld nun schnell bei Yildiz holen, aber der wehrt sich weiter

Das Landgericht habe auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken aufgrund der Vermutung, dass Abgeordnete durch zwangsweise Zahlungen an Parteien in ihren grundgesetzlich garantierten Unabhängigkeit eingeschränkt werden könnten. Die Aufrechnung von Kosten, die Yildiz für die Linke übernommen haben will, lässt das Landgericht ebenfalls nicht gelten.

Bei der Linken ist man hochzufrieden mit der Entscheidung. „Ich freue mich darüber, dass das Landgericht uns vollumfänglich recht gegeben hat“, sagte Schatzmeister Julian Georg. „Abgeordnete genießen keine Sonderprivilegien in der Partei: Sie müssen die vereinbarten Beiträge zahlen, genau wie jedes andere Mitglied auch. Wir erwarten nun, dass Herr Yildiz die volle Summe so schnell wie möglich zahlt.“

Yildiz: „Ich werde das Urteil anfechten“. Dann wäre das Oberlandesgericht am Zug

Das dürfte dieser aber derzeit eher nicht planen. „Ich werde das Urteil anfechten“, sagte Yildiz dem Abendblatt. Seine Argumentation sei nicht ausreichend gehört worden. Laut Gericht kann Yildiz nun beim Oberlandesgericht in Berufung gehen. Aus der Linken hieß es, man sehe dem optimistisch entgegen.

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Das Urteil könnte womöglich auch bundesweit Bedeutung erlangen, zumal die Regelungen, dass Abgeordnete ihren Parteien Abgaben zu entrichten haben, von den Parteien weidlich genutzt werden. Die Mandatsträgerabgaben sind für Parteien ein nicht völlig unbedeutender Teil ihrer Finanzierung. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zu der Frage der Verfassungsmäßigkeit noch nicht dezidiert geäußert, der Bundesgerichtshof aber hatte „2023 entschieden, dass die Erhebung von Mandatsträgersonderbeiträgen jedenfalls für kommunale Mandatsträger mit der Verfassung grundsätzlich zu vereinbaren ist“.

Linke geht parallel auch gegen einen weiteren Ex-Genossen vor

Ein ähnliches Verfahren läuft laut Linke auch gegen den ebenfalls aus der Partei ausgetretenen Bürgerschaftsabgeordneten Martin Dolzer. Aber dort gehe es lediglich um rund 700 Euro, daher werde diese Sache erst später und lediglich am Amtsgericht verhandelt, hieß es.