Hamburg. Tausende Kinder erleiden jedes Jahr eine Verbrennung oder Verbrühung. Viele Unfälle wären vermeidbar. Ein Verein leistet wertvolle Hilfe.

Es muss nicht gleich das offene Feuer oder der heiße Backofen sein. Manchmal reicht schon ein Heizungsrohr, ein herunterhängendes Kabel, eine Tischdecke, ein Kirschkernkissen: scheinbar harmlose Gegenstände, die plötzlich zur Gefahrenquelle werden.

Mehr als 30.000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren erleiden in Deutschland jedes Jahr eine Verbrennung oder Verbrühung. Rund 7000 von ihnen verletzen sich so schwer, dass sie stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Kleinkinder sind besonders gefährdet, Opfer einer Verbrühung zu werden. Sie hangeln sich an der Küchenzeile entlang, zerren und ziehen an allem, was sie zu fassen bekommen. „Es ist das Alter, in dem Kinder auf Entdeckungsreise gehen“, sagt die Hamburger Kinderärztin Charlotte Schulz im Podcast „Die KinderDocs“.

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Verbrühungen und Verbrennungen: So können Eltern Risiken minimieren

Die KinderDocs - der Eltern-Ratgeber-Podcast

Gefahrenzonen gebe es in jedem Haushalt. Deshalb appelliere sie in der U6-Untersuchung für Einjährige auch an die Eltern, ihr Zuhause entsprechend abzusichern und beispielsweise Absperrgitter am Herd anzubringen.

„Rund 60 Prozent der Verbrennungen und Verbrühungen im Kindesalter, die behandelt werden müssen, wären vermeidbar“, sagt Schulz’ Kollegin Claudia Haupt, „deshalb ist Prävention so wichtig.“ Hinzu komme, dass die Kinderhaut wesentlich empfindlicher auf thermische Reize reagiere.

Brandverletzungen bei Kindern: So können Sie vorsorgen

Eine Wärmelampe etwa könne, wenn sie sich nahe am Baby befindet, zu einer Verbrennung führen. Auch Föhnluft kann für ein Kind schon viel zu heiß sein. Gleiches gelte für Sonnenlicht. Weil bei Kindern die tieferen Hautschichten schneller betroffen sind, ist auch ihr Risiko erhöht, sich schwerer zu verletzen und Narben davonzutragen.

Gefahren lauerten auch im Badezimmer. „Die guten alten Durchlauferhitzer können das Wasser kochend heiß machen“, warnt Charlotte Schulz. Hier die Temperatur auf maximal 50 Grad einzustellen, sei spätestens dann sinnvoll, wenn Kinder anfingen, selbst am Wasserhahn zu drehen. Auch von Inhalationen mit heißen Schüsseln und Handtuch über dem Kopf kann Schulz nur dringend abraten.

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Noch gefährlicher werde es beim Grillen. Ein Brandbeschleuniger neben dem Grill könne durch eine Unachtsamkeit schnell umfallen und so eine Stichflamme erzeugen. Schulz weiß von einer traumatischen Erfahrung aus dem Familienkreis zu erzählen. Ihr eindringlicher Appell: „Verzichten Sie auf Brandbeschleuniger jeglicher Art, und planen Sie lieber etwas mehr Zeit ein!“

Kinder sollten einen Grill weder anzünden noch bedienen. Für den Fall, dass es doch zu einem Unfall komme, sei es wichtig, Löschmöglichkeiten vorzuhalten. Apropos: In ihren Praxen sehen die Ärztinnen auch Kinder, die sich ihre Fußsohlen am Strand verbrannt haben, weil die Grillkohle einfach in den Sand gekippt worden war. Claudia Haupt: „Und dazu muss man noch nicht einmal barfuß gewesen sein, das passiert auch mit Sandalen.“

Brandverletzung bei Kindern: Was Sie tun sollten und was nicht

Wie aber reagieren, wenn es zu einer Verbrennung kommt? Den Notruf wählen oder ein Krankenhaus aufsuchen sollten Eltern, wenn

  • es im Gesicht, an den Händen oder den Genitalien zu einer Verbrennung oder Verbrühung kommt,
  • Kinder unter einem Jahr betroffen sind,
  • es zu einer Verbrennung durch Strom kommt und/oder
  • fünf Prozent oder mehr der Körperoberfläche betroffen sind, was in etwa der Größe der Handfläche entspreche.

Auch bei der Schwere der Verbrennung müsse unterschieden werden. Ist die Haut nur gerötet, reiche es, sie zu kühlen. Kritisch werde es schon, wenn sich Bläschen bilden, weil dann Infektionen drohen und Narben zurückbleiben können. Bei einer Verbrennung dritten Grades werden auch die tieferen Hautschichten und die Nerven geschädigt, sodass die Kinder teilweise gar keinen Schmerz mehr empfinden. Solche Verbrennungen heilen immer mit Narben ab.

Hat die Kleidung eines Kindes Feuer gefangen, solle der Brand mit einer Decke erstickt oder mit Wasser gelöscht werden. Allerdings dürfe eingebrannte Kleidung nicht ausgezogen werden, weil dadurch weitere Verletzungen aufreißen können. Anders bei einer Verbrühung: Gelangt heißes Wasser in die Kleidung, ist schnelles Ausziehen angezeigt.

Brandverletzung bei Kindern: Verein Paulinchen unterstützt betroffene Eltern

Kaum weniger wichtig als die Erst- ist auch die Nachversorgung einer Brandverletzung: Sie kann mitentscheidend dafür sein, ob und wie stark ein Kind dauerhaft beeinträchtigt wird. Hier kommt der Norderstedter Verein Paulinchen ins Spiel: Vor 30 Jahren von Eltern gegründet, stellt die Initiative umfangreiche Informationen zur Verfügung und berät Eltern bei der Auswahl der geeigneten Behandlung.

In Seminaren lernen Paulinchen-Mitglieder zudem nicht nur den richtigen Umgang mit Wunden und Narben, sondern erhalten auch Gelegenheit, das Erlebte zu verarbeiten. Charlotte Schulz hält diese psychologische Unterstützung für elementar: „Nach der wahnsinnig stressigen, angstbesetzten ersten Zeit kommen die Schuldgefühle wie ein Bumerang auf die Eltern zurück.“

Wie Claudia Haupts Geschwister beinahe ein Ferienhaus abfackelten, was die KinderDocs zu Silvester erleben und was man beim Kühlen unbedingt beachten sollte, erfahren Sie ebenfalls in dieser Folge.