Hamburg. Jungpolitiker soll 50 Mitglieder auch in indischem Tempel geworben haben, um sich Stimmen zu sichern. CDU-Spitze warnt andere Länder.
Na klar, je mehr Menschen sich in politischen Parteien engagieren, umso besser für die Demokratie. Allerdings stößt auch nicht jede Eintrittswelle immer auf Jubel und Zuspruch, nicht mal in den Parteien selbst. In der Hamburger CDU hat nun ein Fall für Aufruhr gesorgt, in dessen Zentrum der frisch gewählte Eimsbüttler CDU-Bezirksabgeordnete Maxim Loboda steht.
Auf Werben des 24-Jährigen sind nämlich binnen kürzester Zeit mehr als 50 Menschen in seinen CDU-Kreisverband in Eimsbüttel eingetreten – viele davon mit indischem Migrationshintergrund. Statt Freude löste dieser Masseneintritt in der Hamburger Parteiführung allerdings die Alarmglocken aus. Es fiel nämlich auf, dass die Neumitglieder alle dieselbe Mailadresse und dieselbe Kontonummer angegeben hatten.
CDU Hamburg: Flirt mit TV-Sternchen und Werbung in Tempel
Die Parteiführung witterte offenbar einen Manipulationsversuch. Man nahm wohl an, Loboda, dem die „Bild“ schon mal einen „Flirt“ mit der 62-jährigen Reality-TV-Bekanntheit Claudia Obert nachsagte, wolle in Eimsbüttel nach einer Bürgerschaftskandidatur für 2025 greifen und dabei der Niendorfer Abgeordneten Silke Seif das Mandat streitig machen. Dabei hätten ihm die vielen neu geworbenen Anhänger bei internen Abstimmungen einen Vorteil verschafft, so die Vermutung.
Dem Vernehmen nach schaltete sich sogar Parteichef Dennis Thering ein und bat Loboda persönlich, doch bitte von den angeblichen Plänen Abstand zu nehmen. Schließlich sei Seif eine der sehr wenigen Frauen in der CDU-Bürgerschaftsfraktion.
Manipulation? Loboda weist Vorwürfe zurück
Loboda selbst weist die Vermutung zurück, er habe mithilfe der nach seiner Aussage vor allem in einem indischen Tempel geworbenen Mitglieder die Mehrheiten in Eimsbüttel ändern wollen. „Als Junge Union wollen wir aus allen Teilen der Stadtgesellschaft Menschen für ein politisches Engagement in der CDU gewinnen“, sagte er dem Abendblatt. „Über die Kandidaturen für die Hamburgische Bürgerschaft haben wir uns in der CDU Eimsbüttel intern geeinigt und kämpfen gemeinsam für ein starkes Ergebnis bei der Bürgerschaftswahl.“
Auch der Eimsbüttler CDU-Kreisvorsitzende Philipp Heißner versucht zu beschwichtigen. „Diskussionen über Aufstellungen zu wichtigen Wahlen sind in Parteien nichts Unübliches und werden intern besprochen“, sagte er dem Abendblatt. „Die CDU Eimsbüttel steht geschlossen hinter Silke Seif und unseren anderen Kandidatinnen und Kandidaten für die Bürgerschaftswahl.“
Hamburger CDU warnt Parteifreunde bundesweit vor Manipulation
Gleichwohl lehnte die Partei die Aufnahme der von Loboda geworbenen mehr als 50 Möchtegern-Mitglieder ab. Und nicht nur das. Der Hamburger CDU-Landesgeschäftsführer Florian Weigel sah sich sogar bemüßigt, die Parteifreunde deutschlandweit vor Manipulationen durch Masseneintritte zu warnen.
„In Hamburg hatten wir in einem unserer Kreisverbände einen versuchten Masseneintritt von über 50 ‚Mitgliedschaftsinteressierten‘ mit gleichlautender Kontoverbindung und derselben E-Mail-Adresse“, schrieb er in einer Mail an die anderen deutschen CDU-Landesgeschäftsführer. „Es lag der Verdacht nahe, dass die angestrebten Eintritte nicht im Sinne unserer Partei sind. Auch die UBG wies uns daraufhin hin, dass Ihnen der Fall verdächtig vorkäme. Der zuständige Kreisverband beschloss, alle diese Mitglieder abzulehnen.“ Die UBG ist ein Wirtschaftsbetrieb der CDU, die „Union Betriebsgesellschaft“.
CDU Hamburg: Landesgeschäftsführer bittet um Information in ähnlich gelagerten Fällen
Zudem forderte Weigel seine Kollegen in den anderen Bundesländern in der Mail auf, ihn zu informieren, „falls in ihrem Landesverband bzw. einem ihrer Kreisverbände auffällt, dass zahlreiche neue Mitgliedsanträge von Personen aus Hamburg eingehen“. Und er wies darauf hin, „dass laut CDU-Statut ohnehin vor einer Aufnahme immer der Wohnortverband angehört werden muss“.
Da dieser „die Aufnahme einiger potenzieller Mitgliedschaftsinteressierter bereits abgelehnt hat, können die entsprechenden Personen nicht mehr gültige Mitglieder der CDU werden“. Dem Abendblatt bestätigte Weigel überdies einen „Bild“-Bericht, nach dem man die Aufnahmeanträge abgelehnt habe, weil sie „alle über dieselbe Kontoverbindung sowie dieselbe E-Mail-Adresse verfügen“.
Wollte Junge-Union-Chef Beiträge zunächst selbst übernehmen?
Der so fleißige Mitgliederwerber Loboda, der nach eigener Aussage als Projektleiter bei einer Unternehmensberatung arbeitet, hat aber auch dafür eine Erklärung. Die Neumitglieder hätten sich zunächst unverbindlich ein Bild von der Parteiarbeit machen sollen, so Loboda. Wer ihre Beiträge, allesamt von derselben Kontonummer, am Ende gezahlt hätte, blieb dabei unklar. Womöglich hätte Loboda sie selbst übernommen.
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Insofern hat das Scheitern seines Projekts Mitgliederwerbung vielleicht wenigstens einen Vorteil für den Eimsbüttler JU-Chef: Diese Kosten kann er sich nun sparen.