Hamburg (dpa/lno). Die CDU wettert in der Bürgerschaft gegen die grün-geführte Verkehrsbehörde. Im folgenden Schlagabtausch schaltet sich Bürgermeister Tschentscher ein - und stellt sich an die Seite seines Senators.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat in der Bürgerschaft die rot-grüne Verkehrspolitik verteidigt und sich klar an die Seite seines Verkehrssenators Anjes Tjarks (Grüne) gestellt. Er sei dankbar, dass Tjarks und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gemeinsam an Hamburgs Infrastruktur arbeiteten, sagte Tschentscher am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde. „Dazu gehören auch Baustellen“, räumte er ein. Diese seien aber notwendig, etwa um die S- und U-Bahn als effizientes Verkehrssystem auszubauen. „Das ist die Lösung für die Mobilität, weil alle, die dieses System nutzen, Straßenraum freimachen“, betonte er. Dies wiederum komme Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern zu Gute.
Die CDU-Fraktion hatte die Debatte mit dem Titel „Hamburgs Verkehr steht still, weil Rot-Grün es so will“ zur Aktuellen Stunde angemeldet und so für einen Schlagabtausch vor allem mit den Grünen gesorgt. CDU-Fraktionschef Dennis Thering nannte die Verkehrspolitik des rot-grünen Senats eine „absolute Katastrophe“ und forderte den Bürgermeister zum Handeln auf.
Autofahrer und Fußgänger würden in der Verkehrspolitik nicht berücksichtigt, überall gebe es Baustellen und wichtige Infrastrukturprojekte kämen „nur im Schneckentempo“ voran. „Dieser Senat lässt die Wirtschaft wortwörtlich im Stau stehen.“ Das Busbeschleunigungsprogramm bezeichnete Thering als gescheitert. „Die Busse werden immer langsamer“, monierte er.
Tjarks wehrt sich gegen CDU-Kritik
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) gab daraufhin zurück, die Verkehrsdebatte habe „parolenhafte Züge“ und die Vorwürfe seien nicht faktenbasiert. So seien etwa die Busse der Hochbahn 2014 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 18,7 Kilometern pro Stunde gefahren, im Jahr 2024 sei dieselbe Geschwindigkeit gemessen worden. „Die Busse sind also in den letzten zehn Jahren nicht langsamer geworden“, betonte er. Auch sei die durchschnittliche Geschwindigkeit des innerstädtischen Autoverkehrs entgegen der Vorwürfe in den vergangenen drei Jahren gestiegen.
Die von Thering bemängelte marode Infrastruktur führte Tjarks auf die frühere unionsgeführte Bundesregierung zurück. „Die A1 und A7 sind zentrale Strecken unserer Stadt“, sagte er. Dass die Autobahnen nun marode seien, liege an mangelnden Investitionen während der Amtszeit von Angela Merkel (CDU) als Bundeskanzlerin. Als Verkehrssenator stehe er für Sanierungen bei der Bahn und bei der Autobahn, für bessere Bau- und schnellere Planungsprozesse. Am Dienstag hatte der Senat die Strategie „Digitale Mobilität“ verabschiedet, die unter anderem die Automatisierung der S- und U-Bahnen vorsieht.
Tschentscher wirft CDU „Irreführung der Leute“ vor
„Es gibt keinen Grund für die CDU, hochnäsig in diese Debatten zu gehen“, sagte auch Tschentscher in seiner Rede. Er gab ebenfalls zu bedenken, dass Stau in Hamburg oft auf Bauarbeiten und Sperrungen an maroden Autobahnen zurückzuführen sei. Für die sei wiederum das jahrelang unionsgeführte Bundesverkehrsministerium verantwortlich. „Das ist eine Irreführung der Leute“, warf Tschentscher der CDU vor.
Es stimme, dass Autos und Busse in Hamburg zu oft im Stau stünden, sagte der Bürgermeister weiter. Dennoch habe der rot-grüne Senat schon viel erreicht. „Einer Ihrer wesentlichen Abwahlgründe war, dass Sie im Straßenraum nichts mehr saniert haben“, sagte er an die CDU-Fraktion gewandt. Diesen vom CDU-geführten Senat zu verantwortenden Sanierungsstau sei Rot-Grün „mit vielen Milliarden“ Euro angegangen.
AfD und FDP bekräftigen Kritik an den Grünen
CDU-Fraktionschef Thering nannte die Rede des Bürgermeisters „dünnhäutig“. Sie zeige, wie hoch der Druck auf den Senat mittlerweile sei. „Jetzt mussten wir tatsächlich vier Jahre warten, bis Sie sich zu dem Thema Verkehr einmal eingelassen haben“, sagte er. Nun müssten aber Lösungen her - „keine Problembeschreibungen“.
Unterstützung bekam die CDU von der Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein (FDP). Sie forderte, Bürgermeister Tschentscher solle die „grüne Geisterfahrt“ beenden und die Verkehrspolitik an sich ziehen.
Für die AfD-Fraktion sagte Dirk Nockemann, der Senat mache keine Verkehrspolitik für die Wirtschaft. Schließungen im Einzelhandel seien direkt auf Fehlentscheidungen zurückzuführen, „weil Menschen die Geschäfte nicht mehr mit dem Auto und über nahegelegene Parkplätze erreichen können“.
Heike Sudmann (Linke) warf der CDU dagegen vor, seit Jahrzehnten den Fokus auf den Autoverkehr zu legen. „Das ist ein Alleinstellungsmerkmal für eine gewisse Ignoranz“, sagte sie und nannte die Forderungen der CDU-Fraktion eine „80er-Jahre-Politik“. Aber auch Rot-Grün sei zu kritisieren, denn der geplante Ausbau des ÖPNV dauere zu lange. „Egal, wie sich vor allem die SPD, aber auch die Grünen winden: Hamburg braucht schnell die Wiedereinführung einer Straßenbahn mit einem großen Netz.“