Hamburg. Das Fach wird immer unbeliebter. Einige Schulen bieten es gar nicht mehr an. Was Schüler stattdessen am häufigsten wählen.

  • Spanisch ist an Hamburgs Schulen die beliebteste Fremdsprache in der sechsten Klasse.
  • Nur noch 1639 Schüler wählten zuletzt Latein – vor zehn Jahren waren es mehr als 2000.
  • So reagieren die Schulen in Hamburg auf die Trendwende.

Das neue Schuljahr hat begonnen – und damit für viele Schüler und Schülerinnen auch der Unterricht der zweiten Fremdsprache. Doch immer weniger Sechstklässler belegen traditionelle Fremdsprachen wie Französisch und Latein. Spanisch ist inzwischen an Hamburgs Schulen die beliebteste Fremdsprache in der sechsten Klasse.

Im Schuljahr 2022/23 belegten 3917 Jugendliche Spanisch in Jahrgangsstufe Sechs – das sind 1000 mehr als vor zehn Jahren. Französisch rangiert mit 3185 Schülern knapp dahinter. Latein hingegen ist mit 1639 Sechstklässlern weit abgeschlagen. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren gab es noch mehr als 2000 Schüler, die sich für Latein entschieden.

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Zweite Fremdsprache: Das ist die beliebteste Sprache in Hamburg

Bereits jetzt gibt es Schulen in Hamburg, die kaum noch Anmeldungen für Latein als zweite Fremdsprache bekommen und das Fach daher in Klasse Sechs nicht mehr anbieten können. „Das Interesse an Latein nimmt seit drei Jahren stark ab“, sagt Anja Lindenau, Leiterin vom Gymnasium Altona. Von den 140 Schülerinnen und Schülern der jetzigen fünften Klasse haben nur sechs Latein gewählt. „Wir haben zwar versucht nachzusteuern – aber ohne Erfolg“, so die Schulleiterin.

Die Folge: Es wird keinen Lateinkurs im 6. Jahrgang geben – zum ersten Mal seit etwa 20 Jahren. „Das ist extrem traurig“, sagt Jochen Schmerkotte, Fachleiter Latein am Gymnasium Altona. Von den Schülern des Gymnasiums belegen 423 Spanisch, 195 Französisch und 74 Latein.

Rom ist als Reiseziel beliebt, für die Sprache der alten Römer interessieren sich hingegen immer weniger Schüler und Schülerinnen in Hamburg.
Rom ist als Reiseziel beliebt, für die Sprache der alten Römer interessieren sich hingegen immer weniger Schüler und Schülerinnen in Hamburg. © picture alliance / Presse- und Wirtschaftsdienst | Bernd Kammerer

In der Oberstufe sei Latein gar nicht mehr vertreten. „Man fängt schon an zu überlegen, wie es weitergeht“, so Schmerkotte. „Ich hoffe, dass Latein an unserer Schule weitergeht, weil ich das Fach nicht nur sehr liebe, sondern auch für äußerst wertvoll halte. Wir werden uns dafür einsetzen, im nächsten Jahr wieder einen Kurs zu bekommen.“

Hamburg: Immer weniger Schüler wählen Latein als zweite Fremdsprache in der Schule

Hamburg ist kein Einzelfall: Das Interesse an Latein nimmt laut Statistischem Bundesamt in ganz Deutschland ab. Während sich im Schuljahr 2008/2009 noch mehr als neun Prozent für Latein als zweite Fremdsprache entschieden, waren es 2021/22 bundesweit nur noch 6,4 Prozent. Das sind etwa 539.000 Schülerinnen und Schüler.

Latein steht in puncto schwindende Beliebtheit nicht allein dar. Auch Französisch wählen laut Statistik immer weniger Schülerinnen und Schüler als Fremdsprache. Im Schuljahr 2021/2022 waren es 1,29 Millionen der insgesamt 8,44 Millionen Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen. Das sind so wenig wie seit 1994/1995 nicht mehr.

Die Beliebtheit von Französisch als Fremdsprache unterscheidet sich laut Statistik regional sehr deutlich. So belegen im Saarland mit 51,2 Prozent etwa die Hälfte der Schülerschaft Französisch als Unterrichtsfach. In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ist es jeweils rund ein Viertel. Der Grund: Alle drei Bundesländer grenzen an Frankreich.

Schule Hamburg: Französisch belegen so wenig Schüler wie seit 30 Jahren nicht mehr

Doch trotz des Rückgangs in den vergangenen Jahren bleibt Französisch nach Englisch die zweithäufigste Fremdsprache an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland. Bisher.

Während das Interesse an Latein, Französisch und auch Russisch abnimmt, erfreut sich Spanisch immer größerer Beliebtheit. Mit 5,9 Prozent oder 496.000 Schülerinnen und Schülern liegt die Fremdsprache bundesweit bereits auf dem dritten Rang.

„Die allgemeine Beliebtheit der spanischen Sprache und in der Folge auch das Anwahlverhalten der Schülerinnen und Schüler korrespondiert mit der touristischen Attraktivität Spaniens und anderer spanischsprachiger Länder“, sagt Peter Albrecht, Sprecher der Behörde für Schule und Berufsbildung. Darüber hinaus sei die spanische Grammatik sehr systematisch und die gesprochene Sprache entspreche mit Ausnahme von zwei Buchstaben der Schriftsprache. „Daher gilt Spanisch als einfacher zu erlernen“, so Albrecht.

Aus für Latein: Einige Schulen bieten Latein als zweite Fremsprache gar nicht mehr an

Am Gymnasium Hoheluft hat man sich bereits bei der Schulgründung 2012/13 bewusst gegen Latein und für Französisch und Spanisch als zweite Fremdsprache entschieden. „Da wir als kleine Schule nicht alle drei Sprachen anbieten können, ist die Wahl schnell auf Französisch und Spanisch gefallen“, sagt Schulleiterin Pia Brüntrup. Da es diese Wahlmöglichkeit im Stadtteil damals kaum gab, habe man ein Alleinstellungsmerkmal gesehen und genutzt.

Die Schule ist je nach Jahrgang drei- oder vierzügig, etwa zwei Drittel jedes Jahrgangs wählen Spanisch. „Viele Kinder und Eltern haben einen Bezug zu Spanien oder Südamerika und entschieden sich daher für die Sprache“, sagt Inga Sönnichsen, die Fachbereichsleiterin Sprachen am Gymnasium Hoheluft. Ihr Credo: Beides sind tolle Sprachen.

An Hamburgs Schulen ist Spanisch inzwischen die beliebteste zweite Fremdsprache (nach der ersten Fremdsprache Englisch).
An Hamburgs Schulen ist Spanisch inzwischen die beliebteste zweite Fremdsprache (nach der ersten Fremdsprache Englisch). © Photographee.eu - stock.adobe.com | stock.adobe.com

Sollte es mehr Interessenten als vorhandene Plätze in einem Sprachkurs geben und alle Möglichkeit ausgeschöpft sein, dann entscheidet am Ende leider das Los. „Das ist schon bitter, wenn die Eltern beispielsweise aus Südamerika kommen und ihr Kind Spanisch wählt, dann aber keinen Platz bekommt“, weiß Pia Brüntrup.

In Klasse 8 könnten sich die Schüler im Rahmen eines Wahlpflichtfachs zwar für eine dritte Fremdsprache (Französisch, Spanisch oder Italienisch) entscheiden. „Doch so ein Kurs ist seit der Schulgründung noch nie zustande gekommen“, so die Schulleiterin.

1639 Sechstklässler lernten zuletzt Latein. Vor zehn Jahren waren es mehr als 2000

Die Beliebtheit von Sprachen variiert stark von Schule zu Schule. „Französisch und Latein halten sich bei uns die Waage“, sagt Christoph Pallmeier, Schulleiter des Gymnasiums der Wichern-Schule. Mal sei Französisch bei den Schülern beliebter, mal Latein. „Wir bewerben Latein stark als Sprache, die das Deutsche unterstützt. Das kommt offenbar bei vielen Eltern gut an“, so Pallmeier.

Auch am Johannes-Brahms-Gymnasium sei man glücklich, Latein noch anbieten zu können. „Auch wenn sich bei uns zwei Drittel eines Jahrgangs für Spanisch als zweite Fremdsprache entscheiden – etwa 30 Prozent wählen jedes Jahr Latein“, sagt Schulleiter Christoph Preidt. „Als Schule versuchen wir, Latein zu unterstützen und zu bewahren.“

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Mit Erfolg: Es gebe immer wieder Schüler, die sogar ihr Abitur in Latein machen. „Ich glaube nicht, dass Latein unbeliebter wird. Sondern, dass Spanisch einfach durch Filme und Musik immer präsenter geworden ist und sich als Sprache einer größeren Beliebtheit erfreut. Aus diesem Grund entschieden sich viele Kinder eher dafür“, so die Vermutung von Christoph Preidt.

An einigen Hamburger Schulen ist Latein ab Klasse 5 möglich

Während die Schüler an den meisten Gymnasien erst in Klasse 6 eine zweite Fremdsprache belegen, ist diese an altsprachlich-humanistischen Gymnasien wie dem Wilhelm-Gymnasium, dem Christianeum, dem Johanneum oder der Sankt-Ansgar-Schule bereits ab Klasse 5 möglich – oder sogar Pflicht. „Bei uns ist Latein ab Klasse 5 Pflichtsprache“, sagt Inken Hose, Schulleiterin des Johanneums. Ab Klasse 8 sei hier zudem Altgriechisch verpflichtend.

„Aufgrund unserer konstant guten Anmeldezahlen können wir nicht bestätigen, dass das Interesse an Latein abnimmt“, sagt Inken Hose. Etwa ein Drittel der Schüler wählt in der Oberstufe Latein oder Griechisch sogar als Profilfach.

„Leider wird Latein total falsch eingeschätzt. Viele Menschen glauben, dass die Sprache und die Themen alt und überholt seien“ bedauert die Schulleiterin des Johanneums. Die Sprache möge zwar alt sein, aber die Themen seien zeitgemäß und wertvoll für unsere Gesellschaft. „Die Schüler lernen unter anderem, schwierige Texte zu entschlüsseln – und die eigentliche Botschaft zu erkennen, zum Beispiel wenn Sprache als Machtinstrument eingesetzt wird. Diese Kompetenz ist in Zeiten wie diesen, in denen wir eine Veränderung der politischen Sprache erleben, wichtiger denn je“, sagt Inken Hose.

Ihr Fazit: „Ich würde mir wünschen, dass Latein mehr Wertschätzung erhält und an allen weiterführenden Schulen unterrichtet wird.“