Hamburg. Nach Rettungseinsatz in Hamburg: Eltern sollen wachsam sein – eine Mutprobe kann lebensgefährliche Folgen haben. Was dahintersteckt.
Handy an, Videomodus läuft, Pilotentest beginnt: Es ist eine bestimmte Atemtechnik und Körperhaltung, die dazu führt, dass die Teilnehmer ohnmächtig werden. Ist es so weit, springt in manchen Fällen ein anderer auf den Thorax des Bewusstlosen. Pilotentest, so nennt sich völlig verharmlosend und irreführend die aktuelle TikTok-Challenge. Die Videos davon werden hergestellt, damit sie im Anschluss gepostet werden können – für Likes und ein trügendes Gefühl der Dazugehörigkeit.
Dieser virale Wettbewerb – eine Art Mutprobe, bei dem sich die Teilnehmer selbst filmen und die zu Hause, allein oder mit Freunden, auf dem Schulhof oder in Parks durchgeführt wird – kann lebensgefährliche Folgen haben und fand vor einigen Tagen an mindestens einer Hamburger Schule statt. Sie endete mit dem Einsatz eines Rettungswagens. Am Marion-Dönhoff-Gymnasium in Blankenese behandelt Schulleiter Christian Gefert das Thema extra behutsam: „Wir haben davon erfahren und bewusst nur die Lehrerschaft informiert, um Nachahmungseffekte bei den Schülern zu vermeiden.“ Der Elternrat hatte dann ein Schreiben an die Elternschaft aufgesetzt, so wurde das Umfeld sensibilisiert.
Schule Hamburg: Schulbehörde schreibt TikTok „zunehmenden Stellenwert“ zu
„Wir monitoren als Behörde das Geschehen rund um die sogenannten Tiktok-Challenges sehr genau und informieren bei Bedarf die Schulen, stehen für Rückfragen und Beratung zur Verfügung, insbesondere auch unsere Beratungsstelle Gewaltprävention mit den entsprechenden Expertinnen und Experten“, sagt Peter Albrecht, Pressesprecher der Schulbehörde – obschon ihm der aktuelle Fall noch nicht vorlag.
„Wir nehmen wahr, dass das Thema TikTok einen zunehmenden Stellenwert bekommt. Die Schulen informieren situativ je nach Einschätzung der Sachlage vor Ort ihre Lehrkräfte oder auch die Elternschaft“, so Albrecht. „Dabei muss stets auch abgewogen werden, ob dadurch die Gefahr der Nachahmung besteht.“
Weiterhin biete das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) Fortbildungen für Lehrer und Eltern an, die sich genau mit den Problematiken dieses immer wieder aufkommenden Themenkomplexes beschäftigen.
Pilotentest, Blackout-Challenge – Mutproben aus den sozialen Medien verbreiten sich rasant
Auch in anderen deutschen Städten ist der Pilotentest oder die Piloten-Challenge bereits aufgefallen. Eltern warnen sich in den sozialen Netzwerken gegenseitig, bitten darum, die Handys der eigenen Kinder darauf zu untersuchen, ob Videos und Reels zu dem Thema angeschaut wurden. Das Deutsche Rote Kreuz in Winnenden klärt in Schulen auf, warnt eindringlich vor der Blackout-Challenge.
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„Es lohnt sich nicht, das alles für ein paar Likes und Klicks zu machen“, sagt Kevin Hartwig laut in die Kamera, „es lohnt sich nicht, dafür sein Leben aufs Spiel zu setzen, das ist einfach nur krank und gefährlich.“ Der Essener ist in der Pflegebranche tätig und postet auch auf YouTube Videos aus dem Krankenhausflur.
Heute warnt er seine Follower auf YouTube und spielt in einem Dialog mit einem fiktiven Rettungsarzt nach, was passiert ist, nachdem der Pilotentest gemacht wurde. Alles schnell geschnitten, in Jugendsprache, die weißblonden Haare seitlich nach hinten gegelt.
Irreparable Schäden: Influencer warnt Schüler vor Hirnblutung und Spätfolgen durch Video
Er wirkt nicht außenstehend, sondern als jemand, der die Gruppe derer, die die gefährlichen Trends ausprobieren wollen, erreichen könnte. Und er spricht direkt aus, was die Folgen sein können: „Durch den Sturz nach dem Kreislaufzusammenbruch kann man Hirnblutungen und schwere Verletzungen wie Schädelbasisbruch bekommen. Deine Organe und dein Gehirn können durch die ausbleibende Sauerstoffversorgung irreparable Schäden davontragen. Das heißt, du wirst dein Leben lang davon körperlich und geistig beeinträchtigt sein und im schlimmsten Fall auch dadurch sterben.“
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